Leitsatz (amtlich)
Nach Einreichen der Klage erfolgte Antragserweiterungen derselben Partei, welche den Zeitraum der auf die Einreichung der Klage folgenden 12 Monate nicht berühren, erhöhen den Verfahrenswert nicht.
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 26.04.2012; Aktenzeichen 46 F 230/08) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Freiburg vom 26.04.2012 (46 F 230/08) in der Fassung des Teil-Abhilfebeschlusses vom 21.08.2012 dahingehend abgeändert, dass der Streitwert des Verfahrens erster Instanz festgesetzt wird auf
13.032 EUR für die Verfahrensgebühr und
11.922,36 EUR für die Terminsgebühr.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um den Gebührenwert des - mit Klage und Widerklage - auf Abänderung eines Unterhaltsurteils gerichteten erstinstanzlichen Verfahrens. Der nacheheliche Unterhalt der Beklagten war mit dem abzuändernden Urteil vom 06.12.2006 für den Zeitraum seit September 2006 auf 2.138,48 EUR festgesetzt.
Der Kläger hat mit der am 30.06.2008 eingegangenen Klageschrift zunächst Herabsetzung des Unterhalts auf monatlich 1.211,- EUR ab 01.07.2008 und Rückzahlung seit diesem Zeitpunkt überzahlten Unterhalts beantragt. Mit Schriftsatz vom 18.07.2009 hat er die Klage erweitert und für den Zeitraum ab 01.09.2009 Herabsetzung des Unterhalts auf 674,50 EUR monatlich beantragt. In der letzten mündlichen Verhandlung hat er schließlich ergänzend beantragt, den Unterhaltsanspruch bis 31.07.2013 zu befristen.
Die Beklagte hat widerklagend unter dem 24.04.2009 beantragt, den Unterhalt ab 01.04.2009 auf 2.297,- EUR heraufzusetzen. Zu Beginn der mündlichen Verhandlung vom 04.08.2009 hat sie diesen Antrag auf den Zeitraum bis 31.08.2009 befristet gestellt.
Das AG hat den Streitwert mit Beschluss vom 26.04.2012 zunächst auf 29.490,12 EUR festgesetzt. Der Beschwerde der Beklagten hat es teilweise abgeholfen und den Streitwert auf 26.454,36 EUR festgesetzt. Er errechne sich nach §§ 42 Abs. 1 Satz 1, 45 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. aus dem Wert des höchsten Jahresbetrags der vom Kläger begehrten Abänderung (12 × 2.138,48 EUR = 25.661,76 EUR) zuzüglich des Wertes der Widerklage von 792,60 EUR (= 5 × 158,52 EUR). Die weitergehende Beschwerde wurde zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beklagte macht geltend, für den Streitwert sei nur der für die ersten 12 Monate nach Einreichung der Klage maßgebende Änderungsbetrag anzusetzen. Er betrage damit 11.129,76 EUR entsprechend dem zwölffachen der Unterhaltsdifferenz von 927,48 EUR (= 2.138,48 EUR - 1.211,- EUR). Antragserweiterungen, die den Zeitraum nach Ablauf von 12 Monaten nach Einreichung des ersten Antrags betreffen, hier die Anträge vom 18.07.2009 und 26.04.2012 wirkten sich nicht streitwerterhöhend aus. Eine Klageerweiterung könne nicht anders beurteilt werden, als wenn die Anträge schon in der ursprünglichen Klage gestellt worden wären.
Der Kläger tritt der Beschwerde entgegen. Er verweist darauf, dass § 17 Abs. 1 Satz 1 GKG bis Mitte 1998 bestimmt habe, dass der "Jahresbetrag der geforderten Leistung" maßgeblich sei. Seine Änderung durch das Kindesunterhaltsgesetz habe ausschließlich den dynamisierten Kindesunterhalt im Sinn gehabt, nicht aber die Wertbemessung für Antragserweiterungen privilegieren wollen. Der Wortlaut der Vorschrift sei nicht eindeutig. In bestimmten Fallkonstellationen müsse die Frage nach der Verfassungswidrigkeit von §§ 17 Abs. 1 Satz 1 GKG gestellt werden. Eine Korrektur mittels übergeordneter Grundsätze des Kostenrechts sei zu erwägen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Vorbringens der Beteiligten und der Gründe der angefochtenen Entscheidung wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen zurückzuweisen.
1. Maßgeblich für die Bestimmung des Streitwerts ist § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG in der zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage am 30.06.2008 geltenden Fassung. Dahingestellt bleiben kann, ob dies unmittelbar auf § 63 Abs. 1 Satz 1 FamGKG beruht (vgl. KG vom 01.02.2013 - 13 WF 257/12, FF 2013, 257, Juris Rn. 2; Vogel, FF 2009, 396 unter XII a.E.) oder auf Art. 111 FGG vom 03.04.2009 (so Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage 2014, § 63 FamGKG Rn. 1 und derselbe, Grundzüge vor § 1 FamGKG, Rn. 2; Prütting/Helms/Klüsener, FamFG, 3. Auflage 2014, § 63 FamGKG Rn. 1; vgl. auch BGH vom 25.11.2009 - XII ZB 46/09, FamRZ 2010, 189; OLG Köln vom 29.03.2010 - 27 WF 41/10, FamRZ 2010, 1933). Die genannte Fassung von § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. entspricht weitgehend der ihr vorangegangenen Regelung (§ 17 Abs. 1 Satz 1 GKG) in deren ab 01.07.1998 geltender Fassung; mit dieser hatte das GKG vom zuvor maßgeblichen Kriterium des "Jahresbetrages der wiederkehrenden Leistungen" Abschied genommen. Nach dem neuen, in § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. und § 51 Abs. 1 Satz 1 FamGKG fast wortgleich ü...