Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Entscheidung vom 19.11.2020; Aktenzeichen 9 Ns 240 Js 8405/15) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das angefochtene Urteil des Landgerichts Karlsruhe - 9. Kleine Strafkammer - vom 19. November 2020 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe zurückverwiesen.
Gründe
I.
Auf die Berufungen des Angeklagten gegen Urteile des Amtsgerichts Karlsruhe vom 26.08.2015 (...) und des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach vom 08.01.2019 (...) sowie auf die Berufungen der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen das Urteil vom 26.08.2015 und ein (freisprechendes) Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 16.03.2017 (...) wurde der Angeklagte nach Verbindung der Verfahren in der Berufungsinstanz mit Urteil des Landgerichts - Kleine Strafkammer - Karlsruhe vom 19.11.2020 unter Aufhebung und Neufassung der genannten drei Urteile der vorsätzlichen Körperverletzung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung, in einem weiteren Fall in Tateinheit mit Bedrohung, sowie der Beleidigung schuldig gesprochen und deshalb zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde; die weitergehenden Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft Karlsruhe wurden verworfen.
Das Berufungsurteil enthält - zusammengefasst - die Feststellungen, dass der am ... im ... geborene, seit 1976 in Deutschland lebende und seit 1990 vielfach vorbestrafte Angeklagte, der unter einer unbehandelten bipolaren Störung leidet und dessen Steuerungsfähigkeit bei Begehung der Taten deshalb nicht ausschließbar erheblich vermindert war,
1. den Geschädigten C. am ...2015 ... in Karlsruhe in leicht alkoholisiertem Zustand als "schwule Sau", "Arschficker" und mit ähnlichen Äußerungen beleidigte, ihn sodann zu Boden riss und ihm zweimal mit der Hand ins Gesicht schlug; ihn anschließend mit seinem beschuhten Fuß unter erneuter Beleidigung gegen den Oberkörper trat, wodurch der Geschädigte eine Schädel- und Orbitalprellung, eine Nasenbeinprellung, eine kleine oberflächliche Platzwunde an der Oberlippe, eine Nierenprellung rechts sowie eine Flankenprellung links erlitt (UA III., 1.);
2. dem Geschädigten C. am ....2016 im Bereich des ... ins Gesicht schlug, so dass dieser rückwärts zu Boden fiel, worauf der Angeklagte äußerte, der Geschädigten werde das nächste Mal tot sein (UA III., 2.);
3. am ....2018 nach einer vorangegangenen Auseinandersetzung mit Fahrkartenkontrolleuren den Geschädigten D. mit den Worten "Arschloch" und "Bimbo" beleidigte (UA III., 3.).
Drei weitere in der Berufung anhängige und hinzuverbundene Strafverfahren, in denen der Angeklagte durch (drei weitere) Urteile des Amtsgerichts Karlsruhe bzw. Karlsruhe-Durlach zu kurzen Freiheitsstrafen (in zwei Fällen) bzw. zu einer Geldstrafe (in einem Fall) verurteilt worden war, stellte die Kammer im Verlauf der Berufungshauptverhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach § 154 Abs. 2, 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO vorläufig ein.
Gegen das Urteil der Strafkammer hat der Angeklagte Revision eingelegt, die er mit Verfahrensrügen und der näher ausgeführten Sachrüge begründet hat. Er beantragt, das Urteil des Landgerichts aufzuheben, den Angeklagten wegen der "angeklagten Beleidigung" freizusprechen und die Sache im Übrigen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe zurückzuverweisen.
II.
Die Revision dringt mit der zulässig erhobenen Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 229 Abs. 1 StPO durch.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 31.03.2021 hierzu ausgeführt:
"Die Rüge, mit der ein Verstoß gegen § 229 Abs. 1 StPO geltend gemacht wird, ist zulässig erhoben und in der Sache begründet.
Die Hauptverhandlung vor der 9. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe fand im Zeitraum 07.08.2020 bis 19.11.2020 an insgesamt sieben Verhandlungstagen statt. Nach § 229 Abs. 1 StPO darf eine Hauptverhandlung bis zu drei Wochen unterbrochen werden. Die Fristen des § 229 StPO stellen keine Fristen im Sinne der §§ 42, 43 StPO dar. Bei der in § 229 Abs. 1 StPO normierten Unterbrechungsfrist handelt es sich um eine eigenständige "Zwischenfrist", das heißt um einen zwischen zwei Verhandlungstagen eingeschobenen Unterbrechungszeitraum, in dessen Berechnung weder der Tag, an dem die Unterbrechung angeordnet wird, noch derjenige, an dem die Verhandlung fortgesetzt wird, einzurechnen ist (BGH, Beschluss vom 28.07.2020 - 6 StR 114/20; vgl. auch BGH, Beschluss vom 26.05.2020 - 5 StR 65/20; BGH, Beschluss vom 24.09.2019 - 2 StR 194/19; BGH, Beschluss vom 29.11.2016 - 3 StR 235/16; BGH, Beschluss vom 18.02.2016 - 1 StR 590/15; BGH, Beschluss vom 20.03.2014 - 3 StR 408/13). Die Auslegung des § 229 Abs. 1 StPO ergibt, dass der Zeitraum von drei Wochen höchstens 21 Tage umfasst (BGH, Beschluss vom 28.07.2020 - 6 StR 114/20). Zwischen den Verhandlungstagen am 14.09.2020 (Mo...