Leitsatz (amtlich)
Zur Heilung einer nicht an das Ergebnis der Hauptverhandlung angepassten Haftfortdauerentscheidung in der Beschwerdeinstanz.
Tenor
Die weitere Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts M vom 21. August 2000 wird mit der Maßgabe kostenpflichtig als unbegründet verworfen, dass anstatt des Haftgrundes der Fluchtgefahr, der in Wegfall kommt, der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr besteht.
Gründe
I.
Der Angeklagte B E befindet sich nach vorläufiger Festnahme am 14. 02. 2000 ununterbrochen in Untersuchungshaft aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts M vom 15. 02. 2000. Dem Angeklagten sowie seiner Freundin, der Mitangeklagten D E, liegt hierin zur Last, im Februar 2000 der fünfjährigen Tochter der D E mit einem erhitzten Metallfeuerzeug im Schambereich Brandverletzungen zugefügt zu haben, um das Kind wegen seines Bettnässens zu züchtigen. Die vom Angeklagten gegen diese Haftgrundlage eingelegten Haftbeschwerden verwarf das Landgericht M zunächst mit Beschlüssen vom 29. 02. 2000 (4 Qs 22/2000), 20. 03. 2000 (2 Qs 12/00) und 07. 07. 2000 (4 Qs 62/2000), auch seine gegen die letztgenannte Entscheidung eingelegte weitere Haftbeschwerde blieb erfolglos (vgl. Senat, Beschluss vom 24. 07. 2000, 3 Ws 152/00). Den in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht -Schöffengericht- M gestellten Antrag, den Haftbefehl aufzuheben bzw. gegen Auflagen außer Vollzug zu setzen, wies das Amtsgericht in der Sitzung am 02. 08. 2000 zurück, die hiergegen eingelegte Beschwerde verwarf das Landgericht M am 08. 08. 2000 (5 Qs 67/00).
Am 09. 08. 2000 verurteilte das Amtsgericht -Schöffengericht- M den Angeklagten wegen Misshandlung einer Schutzbefohlenen zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und die Mitangeklagte D E wegen des gleiches Vergehens, begangen in Form der Unterlassungstäterschaft, zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, wobei die Vollstreckung der Strafe insoweit zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen dieses Urteil haben sowohl die beiden Angeklagten als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt.
Zugleich hielt das Gericht am Ende der Hauptverhandlung den Haftbefehl des Amtsgerichts M vom 15. 02. 2000 hinsichtlich B E - gegen D E dieser in der Hauptverhandlung am 02. 08. 2000 gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden - aufrecht, wobei es zur Begründung auf die fortgeltenden Gründe seines Erlasses Bezug nahm. Die vom Angeklagten gegen diese Haftfortdauerentscheidung eingelegte Beschwerde wies das Landgericht M am 21. 08. 2000 (4 Qs 77/00) zurück.
Gegen die letztgenannte Entscheidung wendet sich der Angeklagte mit dem Rechtsmittel der weiteren Beschwerde. Zur Begründung führt er über seinen Verteidiger aus, der Haftbefehl sei bereits aus formalen Gründen aufzuheben, da die Haftgrundlage nicht den Anforderungen des § 114 StPO entspreche; auch sei die Strafkammer zu Unrecht vom Vorliegen von Fluchtgefahr ausgegangen, jedenfalls aber könne dieser durch geeignete Auflagen, insbesondere der Gestellung einer Kaution in Höhe von DM 20. 000, 00, wirksam begegnet werden.
Die Generalstaatsanwaltschaft K hat beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 310 Abs. 1 StPO), bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
1. Die Einwendungen des Angeklagten gegen die Wirksamkeit des Haftbefehls vom 15. 02. 2000 gehen fehl, da die Haftgrundlage den Beschuldigten, die Tat, deren er dringend verdächtig ist, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat, die angewendeten Strafvorschriften, den Haftgrund sowie die Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht und der Haftgrund ergibt, in einer der Vorschrift des § 114 Abs. 2 StPO noch genügenden Weise bezeichnet (zu den Anforderungen vgl. näher Senat NStZ 1986, 134 f. ). Auch eine Neufassung oder Ergänzung des Haftbefehls war hinsichtlich des Tatvorwurfs nicht veranlasst, da sich wesentliche Änderungen nicht ergeben haben (KK-Boujong, StPO, 4. Auflage 1999, § 114 Rn. 9 m. w. N. ). Nicht zu beanstanden ist im Ergebnis auch die vom Amtsgericht am Ende der Hauptverhandlung nach § 268 b StPO getroffene Haftfortdauerentscheidung. Die in der Praxis vorhandene Übung, den Haftbefehl "nach Maßgabe der Verurteilung aufrechtzuerhalten", ist nämlich nicht zu beanstanden, wenn -wie hier- die Verurteilung von den Vorwürfen im Haftbefehl nicht wesentlich abweicht (OLG Karlsruhe wistra 1991, 277 f. ; Kleinknecht/Meyer, StPO, 44. Auflage 1999, § 114 Rn. 18; 268 b Rn. 2). Nachdem der Angeklagte eine Beschwerde gegen den Haftfortdauerbeschluss eingelegt hatte, wäre indes eine Ergänzung der Haftgrundlage durch das Amtsgericht angezeigt gewesen:
Bei Haftentscheidung während oder am Ende einer Hauptverhandlung ist nämlich auch das in der Hauptverhandlung gewonnene Ergebnis der Beweisaufnahme zu berücksichtigen (BGH NJW 1991, 525 f. ; Senat StV 1997, 312 f. ). Die dort erzielten Erkenntnisse darf das Beschwerdegericht nur daraufhin prüfen, ob diese auf Tatsachen gestützt sind, die dem Gericht z...