Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung. sofortige Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
Der Antrag auf Feststellung der Erledigung eines Rechtsmittels ist nicht begründet, wenn ein erstinstanzlicher Verfahrensverstoß (hier: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör) in der Rechtsmittelinstanz geheilt wurde (gegen OLG Frankfurt NJW-RR 1989, 63)
Verfahrensgang
LG Mannheim (Beschluss vom 27.07.2001; Aktenzeichen 9 O 96/94) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mannheim vom 27. Juli 2001 – 9 O 96/94 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert wird auf 550,85 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits waren mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 11.01.1996 und 21.06.1996 festgesetzt worden. Mit Antrag vom 15.05.2001 beantragte die Klägerin, gegen die Beklagten als Haftungsschuldner 550,85 DM nebst Zinsen festzusetzen, da die Klägerin wegen eines von den Beklagten zu tragenden „Gerichtskostenrestes” in dieser Höhe in Anspruch genommen worden war und bezahlt hatte.
Gegen den antragsgemäß ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.07.2001 legten die Beklagten „Erinnerung” ein. Sie sind der Ansicht gewesen, die Geltendmachung des festgesetzten Betrages sei verwirkt. Nach „Mitteilung des Beschlusses” erklären sie die Beschwerde für erledigt. Sie verweisen darauf, dass sie erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens festgestellt haben, dass die Tatbestandsvoraussetzungen einer Verwirkung nicht vorliegen; insoweit habe die Heilung eines prozessualen Fehlers der ersten Instanz die Erledigung herbeigeführt.
Die Klägerin bestreitet, dass den Beklagten ihr Kostenfestsetzungsantrag nicht zu einem früheren Zeitpunkt mitgeteilt worden sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die als sofortige Beschwerde zulässige Erinnerung der Beklagten (§ 104 Abs. 3 ZPO i.V.m. §§ 11 Abs. 1, 21 Nr. 1 RPflG) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mannheim vom 27.07.2001 ist nicht begründet. Insbesondere ist das Beschwerdeverfahren nicht erledigt, da das Rechtsmittel der Beklagten von Anfang an unbegründet gewesen ist.
1. Die Erledigung eines Rechtsmittels in analoger Anwendung von § 91 a ZPO ist grundsätzlich anerkannt (siehe Lindacher in Münch. Komm. zur ZPO, 2. Aufl., § 91 a Rdn. 126 ff.; BGHZ 127, 76; OLG Karlsruhe JurBüro 2000, 477; OLG Frankfurt NJW-RR 1989, 63; OLG Stuttgart ZZP 1976, 473; KG FamRZ 1982, 951; Bergerfurth, Erledigung der Hauptsache im Zivilprozess, NJW 1992, 1656). Den Parteien, die die Rechtsmittelinstanz durch Rücknahme des Rechtsmittels beenden können, muss es als Ausfluss ihrer Dispositionsbefugnis freistehen, dies auch durch Erklärung einer Erledigung des Rechtsmittels zu tun.
Die einseitige Rechtsmittelerledigung setzt voraus, dass dieses Rechtsmittel bei Erledigung zulässig und begründet gewesen und die angefochtene Entscheidung während der Rechtmittelinstanz inhaltlich richtig geworden oder prozessual überholt worden ist (Lindacher im Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Auflage, § 91 a Rdn. 126; Thomas/Putzo, ZPO-Kommentar, 23. Auflage, § 91 a Rdn. 8; OLG Frankfurt, NJW-RR 1998, 1447). Ein solcher Fall wäre etwa anzunehmen, wenn die Beschwer des Rechtsmittelführers durch nachträgliche Urteilsberichtigung (§ 319 ZPO) entfällt oder wenn das klagestattgebende Urteil durch Eintritt der Fälligkeit der Leistung sachlich richtig geworden ist.
2. Im vorliegenden Falle erklären die Beschwerdeführer die sofortige Beschwerde mit der Begründung für erledigt, erst durch die – in erster Instanz unterlassene – Übersendung des Kostenfestsetzungsantrages im Beschwerdeverfahren sei der gerügte Verfahrensverstoß (Artikel 103, Abs. 1 GG) „beseitigt” und den Klägern erkennbar geworden, dass sie von der Beklagten als Haftungsschuldner in Anspruch genommen würden. Das Oberlandesgericht Frankfurt (NJW-RR 1989, 63; vgl. einschränkend aber auch: OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 1448) hat in einem vergleichbaren Fall eine (einseitige) Erledigung des Rechtsmittels angenommen, da es dem Rechtsmittelführer nicht anzulasten sei, dass er Rechtmittel eingelegt und nach Kenntnisnahme des maßgeblichen Schriftsatzes die entsprechende Konsequenz gezogen habe. Der Senat folgt dieser Rechtsauffassung nicht.
Ein in der Rechmittelinstanz geheilter Verfahrensverstoß aus erster Instanz vermag keine Erledigung des Rechtsmittels herbeizuführen.
a) Nach § 539 ZPO kann das Berufungsgericht bei wesentlichen Verfahrensmängeln das Urteil und Verfahren I. Instanz aufheben und die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen. Die Zurückverweisung eröffnet wieder die erste Instanz, in der das frühere Verfahren fortgesetzt wird (BGH NJW 1963, 444). Der erstinstanzliche Richter ist lediglich analog § 565 Abs. 2 ZPO an die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts gebunden. Der „Erfolg” des Rechtsmittels bei schwerwiegenden Verfahrensfehlern liegt also allein in der Aufhebung und Zurückverweisung. Bei leicht...