Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 45 F 394/01)

 

Gründe

I.

Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Freiburg vom 09.04.1997 rechtskräftig geschieden. In dem Ehescheidungsverfahren schlossen die Parteien eine Scheidungsfolgenvereinbarung, in der sich der Kläger zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Höhe von insgesamt DM 1.734,-- verpflichtete. Durch - nicht rechtskräftiges - Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 26.07.2001 (45 F 229/01) wurde diese Vereinbarung dahingehend abgeändert, dass der Kläger mit Wirkung vom 01.06.2001 nur noch zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts von insgesamt DM 783,- verpflichtet ist (DM 153,-- Vorsorgeunterhalt und DM 630,-- Elementarunterhalt). Die Beklagte wurde verurteilt, an den Kläger den während der Dauer des Verfahrens bezahlten nachehelichen Unterhalts zurückzubezahlen, soweit er über diesen Beträgen liegt. Für die Monate Juni und Juli 2001 zahlte der Kläger an die Beklagte Ehegattenunterhalt in Höhe von jeweils DM 1.712,48, also insgesamt DM 3.424,96. Für die Monate August und September 2001 zahlte der Kläger keinen Unterhalt, für den Monat Oktober 2001 lediglich einen Teilbetrag, da er seinen Rückforderungsanspruch mit dem geschuldeten laufenden Ehegattenunterhalt verrechnet hatte.

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 31.08.2001, 20.09.2001 und 05.12.2001 die Zwangsvollstreckung wegen der aus ihrer Sicht offenen Unterhaltsansprüche für August/September und Oktober 2001 an.

Der Kläger hat beantragt, die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Freiburg hat mit Urteil vom 21.11.2001 (45 F 394/01) die Vollstreckungsgegenklage des Klägers abgewiesen, da dieser gem. § 394 BGB nicht berechtigt sei, mit zuviel gezahlten Unterhaltsansprüchen für die Vergangenheit gegen laufende Unterhaltsansprüche der Beklagten aufzurechnen.

Mit der gegen dieses Urteil form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt der Kläger seine Rechtsauffassung weiter, dass vorliegend das sich aus § 394 BGB ergebende Aufrechnungsverbot unter Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben zurücktrete. § 394 BGB wolle den Unterhaltsgläubiger davor schützen, dass ihm der laufende Lebensunterhalt entzogen werde. Dieser Schutz sei jedoch dann nicht erforderlich, wenn ein Unterhaltsschuldner - wie hier - zuviel Unterhalt gezahlt habe. Das Existenzminimum der Beklagten sei gewährleistet, da das Familiengericht diesem fiktive Einkünfte in Form von DM 2.000,-- im Urteil vom 26.07.2001 zugerechnet habe.

Da die Zwangsvollstreckung drohe, beantragt der Kläger deren einstweilige Einstellung, gegebenenfalls gegen Sicherheitsleistung.

Die Beklagte tritt der Berufung und dem Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung entgegen, da eine Aufrechnung mit laufendem Unterhalt gegen das Aufrechnungsverbot des § 394 BGB verstoße. Die vom Kläger angeführten obergerichtlichen Entscheidungen beträfen Schadensersatzansprüche aus § 717 Abs. 2 ZPO und seien daher mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu vergleichen. Da das Urteil des Amtsgerichts Freiburg bezüglich des Rückforderungsanspruchs noch nicht rechtskräftig sei, stehe noch nicht fest, ob der Rückforderungsanspruch überhaupt Bestand habe. Zur Bestimmung der Pfändungsfreigrenze könne das fiktive Einkommen nicht einem realen Einkommen gleichgesetzt werden.

II.

Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung war zurückzuweisen, da die Berufung bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.

§ 394 BGB steht grundsätzlich einer Aufrechnung gegen Unterhaltsansprüche entgegen. Auch die Rückforderung einer überzahlten Leistung ist eine Gegenforderung, die unter das Aufrechnungsverbot fällt (vgl. Wendl/Haußleiter, 5. Aufl. 2001, § 6 Rn. 311). Das Aufrechnungsverbot greift nur dann nicht, wenn der Unterhaltsverpflichtete dem Unterhaltsberechtigten den sogenannten Arglisteinwand entgegensetzen kann, der insbesondere dann greift, wenn mit einem Schadensersatzanspruch aus einer im Rahmen des Unterhaltsverhältnisses begangenen vorsätzlichen unerlaubten Handlung aufgerechnet wird (vgl. zuletzt BGH FamRZ 1993, 1186).

Vorliegend beruft sich der Kläger auf einzelne obergerichtliche Entscheidungen, die eine Aufrechnung mit überzahltem Unterhalt zugelassen haben, obgleich der Kläger den Arglisteinwand im engeren Sinne nicht erheben konnte (OLG Koblenz, FamRZ 1981, 1092: Bereicherungsanspruch aufgrund einer freiwilligen Zahlung, die sich nachträglich - rechtskräftig - als Überzahlung darstellte; OLG Schleswig, FamRZ 1986, 707: § 717Abs. 2 ZPO; OLG Hamm, FamRZ 1999, 436: § 717 Abs. 2 ZPO; OLG Naumburg, FamRZ 1999, 437: Bereicherungsanspruch aufgrund unberechtigter Pfändung). Er meint, dass die - vorliegend gegebene - verschärfte Bereicherungshaftung nach §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 3, Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB dem Unterhaltsgläubiger es nach Treu und Glauben verwehre...

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