Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Kompensation durch Erhöhung einer Geldstrafe bei Entfallen eines strafrechtlichen Fahrverbots
Leitsatz (redaktionell)
1. Während im Ordnungswidrigkeitenrecht allgemein anerkannt ist, dass ein an sich gebotenes Fahrverbot unter bestimmten Umständen durch eine angemessen erhöhte Geldbuße ersetzt werden kann, bestehen für die Möglichkeit der Kompensation eines nach § 44 Abs. 1 StGB in Betracht kommenden Fahrverbots durch eine erhöhte Geldstrafe enge rechtliche Grenzen, welche sich zum einen aus dem prozessualen Verbot der reformatio in peius, zum anderen in sachlich-rechtlicher Hinsicht aus der für die Festsetzung der Tagessatzhöhe maßgeblichen und bindenden Bemessungsvorschrift des § 40 Abs. 2 StGB ergeben.
2. Nach dieser Vorschrift bestimmt sich die Höhe des Tagessatzes allein nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten, wobei in der Regel von dem durchschnittlichen Nettoeinkommen auszugehen ist. Die Erhöhung des Betrags der einzelnen Tagessätze im Hinblick auf den gleichzeitigen Wegfall eines Fahrverbots kommt daher regelmäßig nur dann in Betracht, wenn die Nichtanordnung des Fahrverbots gleichzeitig zu einer nachhaltigen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Angeklagten führt. Allein die Entlastung von Einkommenseinbußen, die während der Dauer des Fahrverbots eingetreten wären, reicht hierfür nicht aus.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Entscheidung vom 08.04.2009; Aktenzeichen 8 Ns 460 Js 24719/08) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts - 8. Kleine Strafkammer - K. vom 08. April 2009 (8 Ns 460 Js 24719/08) im Strafausspruch dahin abgeändert, dass die Höhe des Tagessatzes auf 35,- € festgesetzt wird.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
Das Amtsgericht K. verurteilte den Angeklagten am 02.10.2008 (1 Cs 460 Js 24719/08) wegen fahrlässiger Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen zu der Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 35,- €, weil er beim Abbiegen nach einem Rotlichtverstoß mit einem Fahrzeug kollidiert war und dabei sowohl dessen Fahrerin als auch die Beifahrerin verletzt wurden. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft änderte das Landgericht - 8. Kleine Strafkammer - K. mit Urteil vom 08.04.2009 (8 Ns 460 Js 24719/08) dieses dahingehend ab, dass die Höhe des Tagessatzes von 35,- € auf 50,- € festgesetzt wurde. Die weitergehende Berufung der Staatsanwaltschaft, mit der insbesondere die Verhängung eines Fahrverbots erstrebt wurde, wurde als unbegründet verworfen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten, mit welcher die Verletzung materiellen Rechts gerügt und insbesondere die Verletzung des § 40 Abs. 2 StGB geltend gemacht wird. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt mit Schrift vom 19.10.2009, die Revision des Angeklagten als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
Dem Rechtsmittel des Angeklagten, das wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt wurde, kann der Erfolg nicht versagt werden.
Das Landgericht hat von der Anordnung eines Fahrverbots nach § 44 Abs. 1 StGB, dessen tatbestandliche Voraussetzungen es bejaht hat, abgesehen, weil es die Verhängung eines Fahrverbots als spezialpräventive Reaktion zur Einwirkung auf den Angeklagten im Hinblick darauf, dass dieser seinen Arbeitsplatz verlieren würde, nicht mehr für erforderlich hielt. Um der von einem Fahrverbot ausgehenden "Denkzettelfunktion" Rechnung zu tragen, hat die Kammer stattdessen die Höhe des einzelnen Tagessatzes von 35,- € - die es an sich für angemessen erachtet hat - auf 50,- € erhöht. Dabei ging das Landgericht davon aus, dass die entsprechende Erhöhung des Betrags der einzelnen Tagessätze sich für den Angeklagten günstiger auswirke als die Erhöhung der Anzahl der Tagessätze.
Diese Verfahrensweise hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Während im Ordnungswidrigkeitenrecht allgemein anerkannt ist, dass ein an sich gebotenes Fahrverbot unter bestimmten Umständen durch eine angemessen erhöhte Geldbuße ersetzt werden kann (vgl. Hentschel Straßenverkehrsrecht 40. Aufl. § 25 StVG Rdnr. 19 m. w. N.), bestehen für die Möglichkeit der Kompensation eines nach § 44 Abs. 1 StGB in Betracht kommenden Fahrverbots durch eine erhöhte Geldstrafe enge rechtliche Grenzen, welche sich zum einen aus dem prozessualen Verbot der reformatio in peius (kommt vorliegend, da es sich um eine Berufung der Staatsanwaltschaft handelte, nicht zum Tragen), zum anderen in sachlich-rechtlicher Hinsicht aus der für die Festsetzung der Tagessatzhöhe maßgeblichen und bindenden Bemessungsvorschrift des § 40 Abs. 2 StGB ergeben (vgl. BayObLG bei Janiszewski NStZ 1988, 264, 267; MDR 1976, 601; MDR 1978, 422). Nach dieser Vorschrift bestimmt sich die Höhe des Tagessatzes allein nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten, wobei in der Regel von dem durchschnittlichen Nettoeinkommen auszugehen ist. Die Erhöhung d...