Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 1 O 116/18) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Kläger vom 26.02.2019 gegen den Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 19.02.2019 wird dieser wie folgt abgeändert:
Das Ablehnungsgesuch der Kläger gegen den Richter Dr. Sch. wird für begründet erklärt.
2. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 325.627,74 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerseite wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts, durch den das Ablehnungsgesuch der Kläger gegen ein Mitglied des zuständigen Spruchkörpers in einem Arzthaftungsprozess für unbegründet erklärt worden ist.
1. Der Kläger Ziffer 2, dessen Mutter die Klägerin Ziffer 1 ist, wurde am 20.03.2013 in der Klinik für Geburtshilfe und Perinatologie der Beklagten entbunden. Die Kläger machen Schadensersatz- und Schmerzensgeld wegen Aufklärungs- und Behandlungsfehlern geltend und halten insbesondere die Auswahl der Geburtsmethode, deren Durchführung und die Schmerzbehandlung für fehlerhaft. Aufgrund dieser Fehler sei es zu einer dauerhaften Schädigung sowohl der Klägerin Ziffer 1 - insbesondere Rückenbeschwerden und psychische Folgeschäden - als auch des Klägers Ziffer 2 - dauerhafte Schädigung durch den schweren Geburtsverlauf und das erlittene Trauma, insbesondere ein geschwächtes Immunsystem und Verhaltensstörungen - gekommen.
2. Richter Dr. Sch. hat am 14.01.2019 zur Kenntnis gegeben (AS. 231), dass seine Ehefrau seit Sommer 2014 bei der Beklagten Ziffer 1 in der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie angestellt sei, ihre Tätigkeit wegen Schwangerschaft und anschließender Elternzeit aber erst zum 01.07.2015 aufgenommen habe, zunächst auf der Schlaganfallstation, dann in der neurologischen Ambulanz und anschließend auf verschiedenen Stationen der Klinik für Neurologie. Seit Januar 2017 habe sie überdies gelegentlich Dienst im Universitären Notfallzentrum gehabt. Seit dem 01.12.2018 sei sie als Konsiliarneurologin tätig. Überdies habe seine Ehefrau im November 2014 das gemeinsame Kind im Klinikum der Beklagten zur Welt gebracht.
3. Die Kläger haben hierauf Antrag auf Ablehnung des Richters Dr. Sch. wegen Besorgnis der Befangenheit gestellt. Die Ehefrau des Richters sei langjährig weisungsgebunden und nichtselbständig für die Beklagte Ziffer 1 tätig. Es stehe daher zu befürchten, dass Richter Dr. Sch. ein gewisses Interesse am Schutz des Dienstherrn und "Brötchengebers" seiner Frau haben könnte. Die Mitteilung darüber, dass die Ehefrau des Richters überdies selbst im Jahr 2014 das gemeinsame Kind im Klinikum der Beklagten zur Welt gebracht habe, verstärke die Besorgnis der Befangenheit. Zwischen den (werdenden) Eltern und dem in einer Geburtsklinik tätigen ärztlichen und pflegerischen Personal entstehe ein über das übliche Arzt-Patienten-Verhältnis hinausgehendes Vertrauensverhältnis. Zudem stehe die Geburt des Kindes des Richters in nahem zeitlichen Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Behandlung in derselben Abteilung des U..
4. Mit Beschluss vom 19.02.2019 hat das Landgericht das Ablehnungsgesuch gegen Richter Dr. Sch. für unbegründet erklärt.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass allein das Anstellungsverhältnis der Ehefrau des Richters bei der Beklagten angesichts der Größe des U. und der organisatorischen Trennung der einzelnen Kliniken nicht ausreichen könne, eine die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigende Beziehungsintensität zu begründen.
Auch der Umstand, dass das Kind des abgelehnten Richters im November 2014 in der Geburtsklinik der Beklagten entbunden worden sei, begründe keine die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigende hinreichend intensive Verbindung zur Beklagten. Zwar stelle die Geburt eines Kindes einen Behandlungsvorgang dar, der sich aus dem Panorama alltäglicher gesundheitlicher Versorgung abhebe. Die gegebenenfalls daraus abzuleitende besondere Vertrauensbeziehung zu den Ärzten, Hebammen und Pflegern wirke aber nicht zeitlich unbegrenzt nach, weshalb nach einer Zeitspanne von mehr als vier Jahren nur bei Vorliegen besonderer Umstände die Besorgnis der Befangenheit fortbestehe.
Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
5. Gegen diesen, dem Klägervertreter am 26.02.2019 zugegangenen Beschluss wenden sich die Kläger mit der sofortigen Beschwerde vom 26.02.2019. Mit der Beschwerdebegründung vom 29.03.2019 (AS. 311 ff.), auf die Bezug genommen wird, vertiefen die Kläger ihre bisherigen Ausführungen.
6. Mit Beschluss vom 02.04.2019 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt.
Die Beklagte tritt der Beschwerde entgegen.
II. Die gemäß § 46 Abs. 2, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Kläger ist begründet.
1. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung nur statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfe...