Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Vollstreckung einer im Inland ergangenen Entscheidung über das Umgangsrecht, wenn der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes sich zwischenzeitlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befindet.

2. Maßgeblich für die Frage der internationalen Zuständigkeit für die Vollstreckung von Umgangsentscheidungen ist auf der Ebene des nationalen Rechts § 99 Abs. 1 FamFG (vgl. BGH vom 30.09.2015 - XII ZB 635/14).

3. Die Verordnung (EG) Nr. 2201/2203 des Rates vom 27.11.2003 (Brüssel IIa-Verordnung) enthält weder eine eigenständige Regelung der Zuständigkeit für die Vollstreckung bereits ergangener Entscheidungen zum Umgangsrecht, noch steht sie in Verbindung mit allgemeinen Prinzipien des Europarechts der Annahme einer Vollstreckungszuständigkeit deutscher Gerichte nach nationalem Recht unter den in Leitsatz 1 genannten Umständen entgegen.

4. Zur Frage der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit unter den in Leitsatz 1 genannten Umständen, wenn das Kind keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 48 F 27/18)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Freiburg vom 07.05.2019 (48 F 27/18) aufgehoben.

Die erneute Entscheidung über den Ordnungsgeldantrag des Antragstellers sowie die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Amtsgericht übertragen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller verfolgt mit der sofortigen Beschwerde einen Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgelds zur Durchsetzung seines Umgangsrechts mit seinem Sohn ... weiter.

... wurde am ... als Sohn des Antragstellers und der Antragsgegnerin geboren. Die Eltern waren und sind nicht miteinander verheiratet, ihre Beziehung endete kurz nach der Geburt ....

Inhaberin der alleinigen elterlichen Sorge ist die Antragsgegnerin (Mutter). Einen am 11.07.2018 eingereichten Antrag des Antragstellers (Vaters) auf Übertragung der elterlichen Sorge für ... zur alleinigen Ausübung auf sich hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 31.10.2018 (48 F 1837/18) als unzulässig zurückgewiesen; die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Senat mit gesondertem Beschluss vom heutigen Tag zurückgewiesen, da ... und die Mutter sich seit Mitte Juni 2018 dauerhaft in Irland aufhalten, so dass für eine Sorgerechtsentscheidung nach Art. 8 Abs. 1 Brüssel IIa-VO die irischen Gerichte zuständig sind.

Auf Antrag des Antragstellers hat das Amtsgericht mit (weiterem) Beschluss vom 31.10.2018 im vorliegenden Verfahren den Umgang dahingehend geregelt, dass der Vater einmal wöchentlich für eine halbe Stunde mit ... über Skype o.ä. Kontakt haben dürfe. Die Mutter wurde ferner verpflichtet, dem Vater binnen eines Monats mitzuteilen, wo, wann und wie ein begleiteter Umgang zwischen Vater und Sohn in ... stattfinden könne. Für den Fall der Zuwiderhandlung hat das Amtsgericht Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft angedroht. Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 08.11.2018 und der Antragsgegnerin über deren Verfahrensbevollmächtigten am 05.11.2018 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 31.01.2019 beantragte der Antragsteller beim Amtsgericht die Verhängung eines Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, die Verhängung von Ordnungshaft gegen die Antragsgegnerin, da diese die Skype-Kontakte in unzureichendem Maße, ab Januar 2019 gar nicht mehr ermöglicht habe; sie habe außerdem nicht mitgeteilt, wo, wann und wie in ... begleiteter Umgang stattfinden könne.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten und hat die internationale Vollstreckungszuständigkeit des Amtsgerichts bezweifelt.

Mit Beschluss vom 07.05.2019 hat das Amtsgericht den Ordnungsgeldantrag mangels Zuständigkeit des Familiengerichts in Freiburg nach § 88 FamFG zurückgewiesen, da Mutter und Kind nicht im amtsgerichtlichen Zuständigkeitsbereich lebten. Gegen die ihm am 15.05.2019 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 22.05.2019 beim Amtsgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er seinen Ordnungsgeldantrag weiterverfolgt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die nach § 87 Abs. 4 FamFG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache - vorläufig - Erfolg.

Die Zuständigkeit des Amtsgerichts - Familiengericht - Freiburg für die Behandlung des Ordnungsgeldantrags des Antragstellers ist vorliegend gegeben, so dass eine Sachentscheidung über den Antrag zu ergehen hat, die das Beschwerdegericht im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens dem Amtsgericht überträgt (§ 572 Abs. 3 ZPO).

1. Die auch im Vollstreckungsverfahren zu prüfende (a) internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit für die Entscheidung über den Ordnungsgeldantrag folgt aus § 99 Abs....

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