Leitsatz (amtlich)
Zur Übertragung des Sorgerechts im Wege der einstweiligen Anordnung auf einen Elternteil, der zusammen mit den Kindern in das polizeiliche Opferschutzprogramm aufgenommen wurde und mit ihnen an einen geheim gehaltenen Ort umgezogen ist.
Verfahrensgang
AG Heidelberg (Aktenzeichen 37 F 77/23) |
Tenor
1. Der Antrag des Antragsgegners auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichtes - Familiengericht - Heidelberg vom 19.05.2023, Az. 37 F 77/23, wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichtes - Familiengericht - Heidelberg vom 19.05.2023, Az. 37 F 77/23, wird zurückgewiesen.
3. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
A. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die vorläufige Übertragung der elterlichen Sorge für die ehegemeinsamen Kinder auf die Antragstellerin.
Die beteiligten Eltern Dr. K. (im Folgenden: Mutter) und B. (im Folgenden: Vater) waren seit dem ...2011 verheiratete Eheleute. Seit März 2020 leben sie endgültig getrennt voneinander, nachdem es im Sommer 2015 bereits zu einer kurzzeitigen, vorübergehenden Trennung gekommen war. Mit Beschluss des Amtsgerichtes Heidelberg vom 30.06.2022 wurde die Ehe rechtskräftig geschieden.
Aus der Ehe sind die Kinder Y., geboren am ..., N., geboren am ..., und I., geboren am ... hervorgegangen. Seit der Trennung leben die Kinder im Haushalt der Mutter. Mit dem Vater hatten die Kinder bis April 2023 aufgrund unterschiedlicher Elternvereinbarungen, die jeweils vor Gericht gefunden wurden, regelmäßige Umgangskontakte.
Die Mutter ist Ärztin und hat im März 2022 Praxisanteile an einer Gemeinschaftspraxis in ... erworben.
Der Vater ist als internistischer Oberarzt und Leiter des Labors im ... tätig. Bei ihm wurde eine depressive Störung diagnostiziert. Zudem besteht eine Alkoholerkrankung. Seit dem 28.01.2020 nimmt er aufgrund der bestehenden Suchtproblematik regelmäßig ambulante Betreuungsangebote des Baden-Württembergischen Landesverbands für Prävention und Rehabilitation (bwlv) in Anspruch. Letztere bestätigte ihm mit Schreiben vom 19.06.2023 Krankheitseinsicht, Behandlungsbereitschaft und eine insgesamt positive Prognose bezüglich einer abstinenten Lebensführung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der bwlv vom 19.06.2023 Bezug genommen.
In der Zeit zwischen dem 11.03.2019 bis 16.04.2019 befand sich der Vater aufgrund einer rezidivierenden, depressiven Störung (mittelgradige Episode F 33.1) stationär in der ... Fachklinik Psychosomatik, Psychotherapeutische Medizin und Naturheilverfahren in ... Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht der Fachklinik vom 17.05.2019 verwiesen. Der Hausarzt des Vaters - Dr. med. ... - attestierte diesem mit ärztlicher Bescheinigung vom 15.06.2023, dass der Vater emotional einen kontrollierten Eindruck mache und keine Anzeichen auf eine (erweiterte) Suizidalität bestünden.
Im Jahr 2020 absolvierte der Vater von Januar bis Juni aufgrund seiner Suchtproblematik zunächst eine Entgiftung und Therapie und sodann eine Reha.
Die Kindeseltern führten seit ihrer endgültigen Trennung vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Heidelberg mehrere gerichtliche Verfahren.
Mit Beschluss vom 29.10.2021 wurde die Entscheidungsbefugnis über die Durchführung der Operation des Nabelbruchs bei I. auf die Mutter übertragen (Az. 37 F 168/21).
Im Verfahren Az. 37 F 201/21 verständigten sich die Eltern am 20.01.2022 auf einen Regelumgang.
Auf Antrag des Vaters wurden im Verfahren Az. 37 F 64/22 diverse Themen zwischen den Eltern mit Hilfe des Gerichtes geregelt, wie die Zustimmung zu Schutzimpfungen, die Kommunikation über behandlungsbedürftige Verletzungen der Kinder, das Verhältnis zwischen Vater und Eltern der Mutter sowie der Krankenversicherungsschutz der Kinder.
Am 17.11.2022 trafen die Eltern im Rahmen eines vor dem Amtsgericht geführten Vermittlungsverfahrens unter dem Az. 37 F 142/22 eine Zwischenvereinbarung zum Umgang, nachdem es bei I. zu Beschwerden und Durchfall - ausweislich des Vortrages der Mutter ausgelöst durch eine Laktoseintoleranz und falsche Ernährung durch den Vater - nach den Umgängen gekommen war. Außerdem verpflichtete sich der Vater auf Wunsch der Mutter, zum Nachweis seiner Alkoholabstinenz im Abstand von drei Monaten Haarproben abzugeben. Nach dieser Vereinbarung fanden in der Zeit zwischen Dezember 2022 bis Februar 2023 Umgänge ohne Übernachtung jeweils an drei Wochenenden samstags bzw. sonntags für jeweils zwei bzw. fünf Stunden statt. Ab März 2023 fand der Umgang wieder entsprechend der Vereinbarung vom 20.01.2022 aus dem Verfahren Az. 37 F 201/21 auch mit einem Übernachtungswochenende monatlich von Samstag, 10:00 Uhr bis Sonntag, 17:00 Uhr statt.
Am 21.04.2023 erstattete die Mutter Strafanzeige gegen den Vater wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs an I. Das hierzu geführte Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Heidelb...