Entscheidungsstichwort (Thema)

Sorgerecht. Kindschaftsrecht. Ausübung des Sorgerechts. Abänderung der elterlichen Sorge

 

Leitsatz (amtlich)

Aufgrund der Neufassung von 1671 Abs. 2 BGB (ab 01.07.1998) ist auch eine Sorgerechtsregelung zugunsten eines Elternteils gegen dessen entgegenstehenden Willen möglich, zumal inzwischen 1626 Abs. 1 S. 1 BGB n.F. diesbezüglich nicht mehr von „das Recht und die Pflicht”, sondern von „die Pflicht und das Recht” spricht.

 

Normenkette

BGB §§ 1626, 1666, 1671

 

Verfahrensgang

AG Schwetzingen (Beschluss vom 24.07.1998; Aktenzeichen 2 F 368/98)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Schwetzingen vom 24.07.1998 (2 F 368/98) wird zurückgewiesen.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten in zweiter Instanz hat der Antragsteller zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

4. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der am 12.05.1951 geborene Antragsteller und die am 05.09.1951 geborene Antragsgegnerin haben am 21.12.1973 die Ehe geschlossen, aus der die Tochter Nina, geboren am 16.09.1981 (fast 17 Jahre alt) und die Zwillinge Julia und Simone, geboren am 15.01.1986 (12 Jahre) hervorgegangen sind. Durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Schwetzingen vom 17.05.1988 (3 F 10/87) wurde die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich geregelt und nach heftigen Auseinandersetzungen der Parteien und Einholung eines psychologischen Gutachtens durch den Sachverständigen Dr. Paul S., M. vom 30.12.1987 die elterliche Sorge für die Kinder der Mutter, bei der die Töchter nach dem Auszug des Vaters im August 1986 verblieben waren, übertragen.

Diese kam im Laufe der Jahre immer weniger mit ihrer älteren Tochter zurecht. Seit ca. 1996 stand sie wegen der erheblichen Erziehungsschwierigkeiten mit dem Jugendamt des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis, W. in Kontakt. An Gesprächen mit dem Jugendamt und der Erziehungsberatung hat Nina, die teilweise ihrer Schulpflicht nicht nachkam, nicht teilgenommen. Nach Angaben ihrer Mutter randaliere Nina in ihrem Zimmer, wenn sie sich nicht durchsetzen könne. Sie habe auch schon Schränke und Türen aufgebrochen, um sich am Eigentum anderer zu vergreifen. Zu ihrem Vater habe sie ständig Kontakt.

Auf dessen schriftlichen Antrag vom 02.07.1998 und die schriftliche Zustimmung der Mutter vom 11.07.1998 sowie das schriftliche Einverständnis von Nina hat das Familiengericht nach Anhörung des Jugendamts – wegen der von den Parteien dargelegten Dringlichkeit – ohne mündliche Verhandlung mit Beschluß vom 24.07.1998 (2 F 368/98) in Abänderung des Urteils des Familiengerichts Schwetzingen vom 15.05.1988 (3 F 10/87) die elterliche Sorge für Nina auf deren Vater übertragen.

Hiergegen wendet sich dieser mit seiner am 31.07.1998 beim Familiengericht eingelegten, am 06.08.1998 beim Oberlandesgericht eingegangenen Beschwerde. Bereits vor Zugang der amtsgerichtlichen Entscheidung hatte er mit Schreiben vom 27.07.1998 gebeten, das Abänderungsverfahren ruhen zu lassen. Nina habe nicht ständigen Kontakt zu ihm gehabt. Vielmehr habe es seine geschiedene Ehefrau seit der Trennung verstanden, seine Versuche, im Kontakt mit den Kindern zu bleiben, zu erschweren oder unmöglich zu machen. Zwischen Nina und ihrer Mutter sei es zu wiederholten Handgreiflichkeiten gekommen; Nina habe auch ihre Geschwister bedroht. Ihr Verhalten und ihre mangelhaften Leistungen in der Schule (inzwischen habe sie die Abschlußprüfung nicht bestanden) seien durch die fehlende Erziehung und Zuneigung der Mutter, die ihre Tochter in einem Heim unterbringen wolle, verursacht. Da sich die Provokationen und Aggressionen der Tochter inzwischen auch gegen ihn richten würden, sehe er sich derzeit nicht in der Lage, die elterliche Sorge für Nina, die sich seit Anfang August 1998 in seiner 1-Zimmer-Wohnung aufhalte, zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin hat kein Verständnis für den Sinneswandel des Antragstellers, mit dem sie nach wie vor keine Gespräche führen könne.

Der Senat hat die Parteien und ihre Tochter Nina sowie Frau B. vom Kreisjugendamt W. angehört. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.08.1998 wird verwiesen.

Die beigezogenen Scheidungsakten 3 F 10/87 das Amtsgerichts Schwetzingen lagen zu Informationszwecken vor.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 621 e Abs. 1 und 3 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Zu Recht hat das Familiengericht in Abänderung seiner früheren Sorgerechtsentscheidung nunmehr das Sorgerecht über Nina auf den Kindesvater übertragen. Das nach wie vor destruktive Verhältnis ihrer Eltern zueinander läßt zum Wohl des Kindes die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge, die § 1671 BGB (in der ab 01.07.1998 geltenden Fassung) grundsätzlich vorsieht, ebensowenig zu wie die Beibehaltung der alleinigen elterlichen Sorge der Kindesmutter, die zumindest derzeit keinen auch nur annähernd vernünftigen Kontakt zu ihrer Tochter mehr findet.

Der ursprüngliche ...

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