Leitsatz (amtlich)

1. § 318 Absatz 4 Satz 2 HGB ist bei einer anhängigen Anfechtungsklage gegen den Beschluss zur Wahl des Abschlussprüfers, des Konzernabschlussprüfers sowie des Prüfers für die prüferische Durchsicht des im Halbjahresbericht enthaltenen verkürzten Abschluss- und Zwischenlageberichts analog anzuwenden.

2. Bei einer analogen Anwendung des § 318 Absatz 4 Satz 2 HGB im Hinblick auf eine anhängige Anfechtungsklage kann die gerichtliche Bestellung auch während des laufenden Geschäftsjahres erfolgen.

3. Das Gericht kann bei einer analogen Anwendung des § 318 Absatz 4 Satz 2 HGB im Hinblick auf eine anhängige Anfechtungsklage auch den von der Hauptversammlung gewählten Prüfer bestellen.

 

Normenkette

HGB § 318 Abs. 1, 4 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Mannheim (Beschluss vom 13.08.2015; Aktenzeichen HRB)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Mannheim - Registergericht - vom 13.8.2015 (HRB.) aufgehoben.

Die X. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wird für das Geschäftsjahr 2015 zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer sowie zum Prüfer für die prüferische Durchsicht des im Halbjahresfinanzbericht zum 30.6.2015 enthaltenen verkürzten Abschlusses und Zwischenlageberichts bestellt.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft.

Auf ihrer Hauptversammlung am (...) wurde folgender Beschlussvorschlag des Aufsichtsrats zu Tagesordnungspunkt 5 mit der erforderlichen Stimmenmehrheit angenommen:

"Der Aufsichtsrat schlägt auf Empfehlung seines Prüfungsausschusses vor, die X. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für das Geschäftsjahr 2015 zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer sowie zum Prüfer für die prüferische Durchsicht des im Halbjahresfinanzbericht zum 30.6.2015 enthaltenen verkürzten Abschlusses und Zwischenlageberichts zu wählen."

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Hauptversammlung (...) Bezug genommen.

Unter dem 29.5.2015 erhob Herr F. aus M. beim LG Mannheim Anfechtungsverklage. Der Klageantrag zu III. lautet, den Beschluss vom (...), mit dem die X. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, für das Geschäftsjahr 2015 zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer sowie zum Prüfer für die prüferische Durchsicht des im Halbjahresbericht zum 30.6.2015 enthaltenen verkürzten Abschluss- und Zwischenlageberichts gewählt worden ist, für nichtig zu erklären. (...) Auf die Bekanntmachung nach § 246 Absatz 6 AktG im Bundesanzeiger wird ergänzend Bezug genommen.

Durch am 17.7.2015 beim AG eingegangenen Schriftsatz vom 13.7.2015 hat die Antragstellerin beantragt, die X. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, gemäß § 318 Absatz 4 HGB analog für das Geschäftsjahr 2015 vorsorglich erneut zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer sowie zum Prüfer für die prüferische Durchsicht des im Halbjahresfinanzbericht zum 30.6.2015 enthaltenen verkürzten Abschlusses und Zwischenlageberichts zu bestellen. Zur Begründung führte sie aus, dass aufgrund der Erhebung der - ihrer Ansicht nach rechtsmissbräuchlichen - Anfechtungsklage Unsicherheit darüber bestehe, ob der von der Hauptversammlung gewählte Abschlussprüfer die Prüfung mit verlässlicher rechtlicher Wirksamkeit durchführen könne. Im Hinblick auf die weitreichenden Folgen bei einer erfolgreichen Anfechtung der Wahl des Abschlussprüfers sei analog § 318 Absatz 4 HGB eine Bestellung durch das AG erforderlich. Da sich die Anfechtungsklage nur auf angebliche formelle Beschlussmängel stütze, könne auch derselbe Prüfer bestellt werden. Dabei sei eine gerichtliche Bestellung analog § 318 Abs. 4 Satz 2 HGB auch noch während des laufenden Geschäftsjahres zulässig und erforderlich, da eine zeitliche Sperre in § 318 Absatz 4 HGB jedenfalls nicht bei einer analogen Anwendung der Bestimmung gelte. Die X. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat eine Unabhängigkeitserklärung nach den anwendbaren deutschen gesetzlichen und berufsrechtlichen Vorschriften (insbesondere §§ 319, 319a HGB, FF 20 ff. BS WP/vBP) abgegeben.

Durch Beschluss vom 12.8.2008 hat das AG den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antrag derzeit nicht begründet sei, da auch bei einer analogen Heranziehung des § 318 Absatz 4 HGB eine gerichtliche Bestellung im laufenden Geschäftsjahr rechtlich nicht zulässig sei. Gegen den der Antragstellerin am 20.8.2015 zugestellten Beschluss hat diese am 11.9.2015 Beschwerde unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens eingelegt. Durch Beschluss vom 17.9.2015 hat das AG der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Senat hat die Akte des Verfahrens vor dem LG Mannheim (...) beigezogen.

II. Die gemäß § 318 Absatz 4 Satz 4 HGB, §§ 58 Absatz 1, 59 Absatz 1, 63, 64, 375 Nr. 1, 402 Absatz 1 FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Das AG hat den auf § 318 Absatz 4 Satz 2 HGB analog gestützten Antrag auf gerichtliche Bestellung des Abschlussprüfers und Konz...

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