Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Wiedereinsetzung eines Eigentümers in den vorigen Stand beim Nicht-Erhalt einer Protokollabschrift durch den Verwalter
Verfahrensgang
AG Karlsruhe (Urteil vom 24.11.1998; Aktenzeichen 11 T 475/98) |
Tenor
1. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Karlsruhe vom 24. Juni 1998 – 9 URII 232/97 – und des Landgerichts Karlsruhe vom 24. November 1998 – 11 T 475/98 – aufgehoben.
Den Antragstellern wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Anfechtung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer vom 22.05.1997 gewährt.
Im übrigen wird die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsmittelinstanzen – an das Amtsgerichts Karlsruhe zurückverwiesen.
2. Der Geschäftswert wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft N… straße … in K…. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind gemeinschaftliche Eigentümer der Wohneinheit Nr. 8.
Am 22.05.1997 wurde eine Wohnungseigentümerversammlung abgehalten, in der Beschlüsse zu den im Einladungsschreiben genannten Tagesordnungspunkten 4, 5, 8, 9 und 10 gefaßt wurden. Die Versammlung wurde in einer Gaststätte abgehalten. Da sich die Antragsteller durch andere Gaststättenbesucher gestört fühlten und der Auffassung waren, eine ordnungsgemäße Aussprache sei nicht möglich, verließen sie die Versammlung vor Beschlußfassung. Nach ihrer Behauptung sei ihnen von den übrigen Versammlungsteilnehmern versichert worden, im weiteren Verlauf der Versammlung würden keine Beschlüsse mehr gefaßt.
Mit am 22.12.1997 beim Amtsgericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz haben sie die Feststellung beantragt, daß die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 22.05.1997 zu TOP 4, 5, 8, 9 und 10 gefaßten Beschlüsse nichtig sind. Hilfsweise haben sie beantragt, ihnen wegen Versäumung der Anfechtungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und die genannten Beschlüsse für ungültig zu erklären. Diese Anträge haben vor dem Amts- und dem Landgericht keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsteller weiterhin das Ziel, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und die Beschlüsse der Wohnungseigentümer für ungültig zu erklären.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller hat Erfolg.
1. Im Rechtsbeschwerdeverfahren wenden sich die Antragsteller nicht mehr gegen die – auch nach Auffassung des Senates zutreffende – Ansicht der Vorinstanzen, die umstrittenen Beschlüsse der Wohnungseigentümer seien nicht nichtig.
2. Folglich geht es nur noch darum, ob die Beschlüsse im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG für ungültig zu erklären sind. Nachdem die für die Anfechtung von Wohnungseigentümerbeschlüssen geltende Frist von einem Monat ab Beschlußfassung (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG) versäumt wurde, kommt es zunächst darauf an, ob den Antragstellern in analoger Anwendung von § 22 Abs. 2 FGG (vgl. BGHZ 54, 65, 70) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Die Vorinstanzen haben das verneint. Dagegen wendet sich die weitere Beschwerde mit Recht.
a) Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ist einem Wohnungseigentümer, der an einer Eigentümerversammlung nicht teilgenommen hat und der weder durch die Ankündigung in der Einladung noch durch die rechtzeitige Übersendung eines Versammlungsprotokolls spätestens eine Woche vor Ablauf der Anfechtungsfrist über einen Beschlußgegenstand unterrichtet worden ist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. z. B. Senatsbeschluß vom 30.11.1998 – 11 Wx 99/97 –; KG NJW-RR 1997, 776 unter II 2 m.w.N.). Dabei entspricht es allgemeiner Auffassung, daß ein Wohnungseigentümer, der trotz ordnungsgemäßer Einladung nicht an der Eigentümerversammlung teilgenommen hat, sich rechtzeitig vor Ablauf der Anfechtungsfrist danach erkundigen muß, welche Beschlüsse gefaßt wurden. Unterläßt er dies, ist die Versäumung der Anfechtungsfrist nicht unverschuldet im Sinne von § 22 Abs. 2 FGG, auch wenn das Versammlungsprotokoll verspätet übermittelt wurde (vgl. OLG Hamm ZMR 1999, 199 f). Erst recht besteht eine solche Erkundigungspflicht, wenn ein Wohnungseigentümer, der ordnungsgemäß eingeladen war, die Versammlung vorzeitig verläßt.
b) Nach diesem Maßstab ist den Antragstellern im vorliegenden Falle Wiedereinsetzung zu gewähren.
Selbst wenn man mit dem Amtsgericht annimmt, die anderen Wohnungseigentümer hätten den Antragstellern nicht zugesagt, in deren Abwesenheit keine Beschlüsse mehr zu fassen, ist von einer unverschuldeten Fristversäumung auszugehen. Die Antragsteller wären dann nämlich verpflichtet gewesen, sich innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist, also bis spätestens 22.06.1997, zu erkundigen, ob auf der Versammlung am 22.05.1997 Beschlüsse gefaßt wurden. Dieser Pflicht sind sie mit Einschreiben vom 12.06.1997 an den Verwalter nachgekommen, in dem sie um Übersendung eines Protokolls gebeten haben. Nach dem unbestrittenen V...