Leitsatz (amtlich)

Verpflichtet sich der Insolvenzverwalter nach Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits in einem Vergleich, eine bestimmte Quote der "Kosten des Rechtsstreits" zu übernehmen, sind sämtliche Kosten des Rechtsstreits (mit der entsprechenden Quote) Masseverbindlichkeit. Auf die Frage, welche Kosten einerseits vor und andererseits nach der Aufnahme des Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter entstanden sind, kommt es nicht an.

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Beschluss vom 02.05.2005; Aktenzeichen 12 O 85/01 KfH)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Heidelberg vom 2.5.2005 - 12 O 85/01 KfH - (i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses des LG Heidelberg vom 20.5.2005) wird zurückgewiesen.

2. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Heidelberg vom 2.5.2005 - 12 O 85/01 KfH - (i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses des LG Heidelberg vom 20.5.2005) wird im Rubrum dahingehend berichtigt, dass die Kläger-Bezeichnung richtet lautet:

Rechtsanwalt

als Insolvenzverwalter der GmbH & Co. KG, Bauunternehmung, vertreten durch die Verwaltungs-GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer ...

Kläger ... Prozessbevollmächtigte: ...

Rechtsanwälte ...

3. Die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde trägt der Kläger.

4. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 4.274,92 EUR festgesetzt.

5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit Klageschrift vom 3.12.2001 hat die ... GmbH & Co. KG, Bauunternehmung (die spätere Insolvenzschuldnerin) von der Beklagten die Zahlung eines Betrages i.H.v. 316.448 DM (161.797,29 EUR) verlangt. Mit Urt. v. 14.1.2004 hat das LG Heidelberg die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 13.2.2004 Berufung eingelegt. Am 1.4.2004 - während des Berufungsverfahrens - ist über das Vermögen der ... GmbH & Co. KG, Bauunternehmung das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Zum Insolvenzverwalter ist der Kläger ernannt worden.

Mit Schriftsatz vom 4.6.2004 hat der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter den in der Berufung anhängigen Rechtsstreit auf Klägerseite aufgenommen. Im Termin vom 18.1.2005 vor dem OLG Karlsruhe schlossen der Kläger als Insolvenzverwalter der ... GmbH & Co. KG, Bauunternehmung und die Beklagte einen Vergleich, in welchem sich die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von (lediglich) 16.000 EUR verpflichtete. Hinsichtlich der Kosten vereinbarten die Parteien:

"Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 9/10, die Beklagte 1/10."

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2.5.2005 - berichtigt durch weiteren Beschl. v. 20.5.2005 - hat der Rechtspfleger des LG Heidelberg die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 9.467,07 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Der Rechtspfleger hat hierbei die gesamten Kosten des in zwei Instanzen geführten Rechtsstreits berücksichtigt und den Erstattungsbetrag entsprechend der Quote im Vergleich vom 18.1.2005 (9/10: 1/10) errechnet.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Der Kläger vertritt die Auffassung, der Rechtspfleger hätte bei der Kostenfestsetzung lediglich die Kosten des Berufungsverfahrens berücksichtigen dürfen und nicht die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem LG Heidelberg. Denn der Insolvenzverwalter habe erst im Berufungsverfahren den Rechtsstreit aufgenommen. Dementsprechend könnten auch nur die Kosten des Berufungsverfahrens als Masseschuld gegen den Insolvenzverwalter festgesetzt werden. Die bereits vor Insolvenzeröffnung entstandenen erstinstanzlichen Kosten könne die Beklagte nur als Insolvenzforderung anmelden, so dass hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten eine Festsetzung gegen den Insolvenzverwalter ausscheide.

Die Beklagte tritt der sofortigen Beschwerde des Klägers entgegen. Sie hält die Rechtsauffassung des Rechtspflegers des LG, der die Kosten beider Instanzen berücksichtigt hat, für zutreffend. Der Rechtspfleger des LG Heidelberg hat der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Heidelberg ist nicht begründet.

1. Zu Recht hat der Rechtspfleger des LG Heidelberg die gesamten Kosten beider Instanzen berücksichtigt und hieraus eine Quote von 9/10 zu Lasten des Klägers gebildet. Denn es sind nicht nur die Kosten des Berufungsverfahrens, sondern auch die (vor Insolvenzeröffnung entstandenen) Kosten des Verfahrens vor dem LG als Masseschuld gegen den Kläger festzusetzen.

a) Die Frage, ob und inwieweit der Insolvenzverwalter nach Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits für Kosten haftet, die bereits vor der Aufnahme entstanden sind, ist streitig (zum Streitstand BGH NZI 2005, 33 [34]). Die herrschende Meinung steht auf dem Standpunkt, der Insolvenzverwalter, der einen Rechtsstreit aufnehme, sei im Falle des Unterliegens verpflichtet, auch diejenigen Kosten zu tragen, die bereits vor der Aufnahme entstanden sind (Hefermehl in MünchKomm/InsO, Bd. 1, 2001, § 55 Rz. 47 ff.;...

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