Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperverletzung mit Todesfolge. sofortige Beschwerde gegen Entscheidung nach § 458 Abs. 1, 462 Abs. 1 StPO, 52 a JGG
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 28.07.1998; Aktenzeichen VI Qs 20/98) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß des Landgerichts Freiburg vom 28. Juli 1998 wird als unbegründet auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.
Gründe
Die Große Jugendkammer des Landgerichts Freiburg verurteilte den Beschwerdeführer am 29.01.1998 wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Das Urteil wurde durch Verwerfung der Revision des Beschwerdeführers durch den Bundesgerichtshof am 25.06.1998 rechtskräftig. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14.07.1998 beantragte der Beschwerdeführer durch vollstreckungsrechtlichen Beschluß festzustellen, daß auch sein Aufenthalt im Zentralinstitut für seelische Gesundheit in M. vom 17.04. bis 16.12.1997 auf die gegen ihn verhängte Jugendstrafe anzurechnen ist. Weiterhin beantragte er, den noch verbleibenden Rest der Jugendstrafe gem. § 88 JGG zur Bewährung auszusetzen und bis zur Rechtskraft der Entscheidungen die weitere Unterbringung gem. § 71 Abs. 2 JGG im H.-W.-Haus des Landesjugendheimes „S. S.” anzuordnen. Mit Beschluß vom 20.07.1998 lehnte das Amtsgericht Freiburg die Anrechnung des bezeichneten Aufenthalts auf die Jugendstrafe und die Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ab und ordnete die Einleitung der Strafvollstreckung an. Die gegen die Entscheidung des Jugendrichters eingelegte sofortige Beschwerde verwarf das Landgericht mit der angefochtenen Entscheidung. Gegen die dem Verteidiger am 31.07.1998 zugegangene Entscheidung wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner am 03.08.1998 bei Gericht eingekommenen sofortigen Beschwerde.
Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, denn das Landgericht war als Gericht des ersten Rechtszuges zur Entscheidung über die beantragte Anrechnung gem. §§ 458 Abs. 1, 462 Abs. 1 StPO erstinstanzlich zuständig, da die Vollstreckung des Straferkenntnisses vom 29.01.1998 noch nicht eingeleitet war (Eisenberg JGG, 7. Aufl. Rdnr. 11 zu § 52 a; Ostendorf JGG, 3. Aufl. Rdnr. 12 zu § 52 a; OLG Oldenburg NJW 1982, 2741). Dies hat zur Folge, daß die Entscheidung der Großen Jugendkammer vom 28.07.1998 nicht als Beschwerdeentscheidung, sondern als Entscheidung erster Instanz zu behandeln ist.
Die Jugendkammer hat zu Recht eine Anrechnung des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Zentralinstitut für seelische Gesundheit auf die Jugendstrafe versagt. Einer Anrechnungsentscheidung im Rahmen von §§ 458, 462 Abs. 1 StPO steht allerdings nicht im Wege, daß sich die Jugendkammer in ihrem Urteil vom 29.01.1998 zur Frage der Anrechnung dieser Zeit der stationären Behandlung geäußert und dabei dargelegt hat, daß eine Anrechnung dieser Zeit auf die verhängte Jugendstrafe nicht in Betracht komme (UAS. 37). Eine Entscheidung über die Frage der Anrechnung, die den Weg über § 458 StPO verschließen würde (OLG Karlsruhe MDR 1994, 1032), ist damit nicht getroffen worden. Wie die einleitende Formulierung dieser Urteilspassage „zur Klarstellung ist noch anzumerken …” verdeutlicht, handelt es sich insoweit nur um eine Anmerkung des Gerichts, welche einen Rechtsstandpunkt zum Ausdruck bringt, jedoch nicht um eine Entscheidung der Rechtsfrage. Der Weg einer Klärung der Frage der Anrechnung über § 458 StPO ist damit eröffnet, da Zweifel über die Berechnung der erkannten Strafe entstehen können.
Die Voraussetzungen für eine Anrechnung auf die erkannte Jugendstrafe liegen jedoch nicht vor. Gemäß § 52 a Satz 1 JGG wird (grundsätzlich) Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung, welche der Angeklagte aus Anlaß der Tat erlitten hat, auf die Strafe angerechnet. Die Unterbringung des Beschwerdeführers im Zentralinstitut für seelische Gesundheit in der Zeit vom 17.04. bis 16.12.1997 stellt keine andere Freiheitsentziehung in diesem Sinne dar. Zwar erging am 16.04.1997 gegen den Beschwerdeführer ein Unterbringungsbefehl gem. § 126 a StPO; dieser wurde jedoch sogleich außer Vollzug gesetzt. Eine im Rahmen von § 52 a JGG anrechnungsfähige einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus lag damit in der Folge nicht vor. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Außervollzugsetzung eines Unterbringungsbefehls zulässig ist (so OLG Celle NStE 88, 105) oder nicht (so Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 43. Aufl. Rdnr. 10 zu § 126 a m.w.N.). Die Außervollzugsetzung wurde jedenfalls durch den Beschluß vom 16.04.1997 ausgesprochen. Dieser Beschluß kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, daß die einstweilige Unterbringung aufrechterhalten werden sollte. Der Beschwerdeführer wurde vielmehr angewiesen, sich unverzüglich in das Zentralinstitut für seelische Gesundheit zu begeben, dort zu bleiben und sich einer psychiatrischen Behandlung zu unterziehen. Für den Fall des Verstoßes gege...