Leitsatz (amtlich)
1.
Eine nachträgliche Unterbringung eines rückfallgefährdeten Drogenhändlers nach dem StrUBG kommt grundsätzlich nicht, vielmehr nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht.
2.
Zweck des StrUBG ist der Schutz der in dessen § 1 Abs. 1 abschließend aufgezählten höchstpersönlichen Rechtsgüter anderer. Das Allgemeingut "Volksgesundheit" fällt hierunter nicht.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Justizvollzugsanstalt M. gegen den Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer- M. vom 26. Juli 2002 wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Mit am 26. 02. 2002 beim Landgericht -Strafvollstreckungskammer- M. eingekommener Schrift vom 30. 01. 2002 beantragte die Justizvollzugsanstalt M. , gegen M. , der dort zeitige Freiheitsstrafe verbüßt, das Verfahren nach dem Straftäter- Unterbringungsgesetz -StrUBG- durchzuführen, dem Verurteilten einen Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen, zur Gefährlichkeit des Verurteilten die Gutachten von zwei Sachverständigen einzuholen und zu gegebener Zeit Termin zur öffentlichen Verhandlung zu bestimmen. Der Antrag wurde dem Verurteilten - nach Übersetzung in dessen Sprache - am 21. 03. 2002 eröffnet. Am 08. 04. 2002 zeigten von dem Verurteilten bevollmächtigte Rechtsanwälte die Vertretung des Verurteilten an. Auf Hinweis der Strafvollstreckungskammer vom 05. 04. 2002 ergänzte die Justizvollzugsanstalt mit Schrift vom 24. 04. 2002 ihren Vortrag. Mit Schriftsatz vom 13. 05. 2002 beantragten die Bevollmächtigten des Verurteilten, den Antrag der Justizvollzugsanstalt bereits aus formellen Gründen abzulehnen. Die Justizvollzugsanstalt hielt mit Schrift vom 18. 06. 2002 ihren Antrag auf Anordnung der Unterbringung des Verurteilten aufrecht.
Mit Beschluss vom 26. 07. 2002 hat die Strafvollstreckungskammer die Eröffnung des Verfahrens auf Unterbringung des Verurteilten nach dem StrUBG abgelehnt. Gegen diese ihr aufgrund richterlicher Anordnung vom 26. 07. 2002 nach §§ 3 Abs. 2 StrUBG, 41 StPO am 01. 08. 2002 zugestellte Entscheidung hat die Justizvollzugsanstalt mit am 08. 08. 2002 eingegangener Schrift vom 06. 08. 2002 sofortige Beschwerde eingelegt und diese begründet. Die Bevollmächtigten des Verurteilten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Das zulässige Rechtsmittel der Justizvollzugsanstalt bleibt ohne Erfolg.
Unabhängig von den auch in der Literatur zum StrUBG grundsätzlich diskutierten verfassungsrechtlichen Fragen und dessen Vereinbarkeit mit der EMRK (vgl. hierzu die Fundstellenhinweise im Senatsbeschluss v. 12. 06. 2002 -3 Ws 127/02- NStZ 2002, 503 = StV 2002, 494), die hier keiner Entscheidung bedürfen, kommt schon bei verfassungskonformer Auslegung und Anwendung der Bestimmungen des StrUBG auf den vorliegenden Fall die Anordnung der nachträglichen Unterbringung des Verurteilten im Ergebnis aus mehreren Gründen nicht in Betracht.
Die Anordnung der Unterbringung nach § 1 Abs. 1 StrUBG setzt voraus, dass aufgrund von Tatsachen, die nach der Verurteilung eingetreten sind, davon auszugehen ist, dass von dem Betroffenen eine erhebliche gegenwärtige Gefahr für die in der Bestimmung genannten Rechtsgüter ausgeht. Eine solche nach § 1 Abs. 1 StrUBG beachtliche Gefahr (vgl. zur Auslegung des fraglichen unbestimmten Rechtsbegriffs Senat a. a. O. ) für die in § 1 Abs. 1 StrUBG enumerativ bezeichneten Rechtsgüter zeigt weder die Antragsschrift der Justizvollzugsanstalt noch deren Beschwerdebegründung auf.
Der Verurteilte ist, soweit vorliegend vor allem in formeller Hinsicht von Bedeutung, wegen folgender Symptomtaten nach § 1 Abs. 1 StrUBG i. V. m. § 66 Abs. 2 StGB vorbestraft durch Urteil des Amtsgerichts -Schöffengericht- U. vom 26. 05. 1992 ( Ls ) wegen Handels mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln mit der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten; die Strafe hatte der Verurteilte am 04. 08. 1994 vollständig verbüßt; Urteil des Landgerichts U. vom 23. 04. 1997 ( KLs ) wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen mit der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren (Einzelfreiheitsstrafen: vier Jahre und sechs Monate / drei Jahre und sechs Monate); die Strafe verbüßt der in dieser Sache seit dem 19. 11. 1996 in Haft befindliche Verurteilte derzeit in der Justizvollzugsanstalt M. ; Strafende ist für den 11. 11. 2002 notiert.
Ausweislich der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 17. 11. 2000 (StVK 18-R- 521/00), mit der diese eine bedingte Entlassung des Verurteilten gem. § 57 Abs. 1 StGB nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe aus dem letztgenannten Urteil ablehnte, und der Gründe der nun angefochtenen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 26. 07. 2002 ist die schon von den erkennenden Gerichten festgestellte Betäubungsmittelproblematik in der Person des Verurteilten...