Leitsatz (amtlich)
Der bloße Nutzer eines Internet Chatrooms ist jedenfalls dann kein tauglicher Täter im Sinne des § 184 d StGB, wenn er nicht in der Lage ist, auf die Dauer und die Modalitäten einer Live Übertragung im Sinne einer Tatherrschaft Einfluss zu nehmen.
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Z. vom 28. November 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Z. zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Z. sprach den Angeklagten mit Urteil vom 26.05.2014 vom Vorwurf der Erregung öffentlichen Ärgernisses frei. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hob das Landgericht Z. das freisprechende Urteil auf und verurteilte den Angeklagten am 28.11.2014 wegen Verbreitung pornographischer Darbietungen durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste zu der Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50 €. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen hatte sich der Angeklagte am 20.11.2012 gegen 12.34 Uhr als Gast mittels seines Computers über Internet im sozialen Netzwerk "C" und dort in einem Chatroom eingeloggt, dessen Besonderheit darin bestand, dass sich die darin "chattenden" Mitglieder und Gäste über ihre Webcam anderen Nutzern visuell zeigen konnten, wenn diese ebenfalls eingeschaltet waren und mit dem anderen Teilnehmer, dessen Anwesenheit am Bildschirm angezeigt wurde, ebenfalls im Wege einer Live-Stream-Übertragung in Kontakt treten wollten. Als der Angeklagte die Übertragung durch seine Webcam für die anderen Nutzer aktivierte, waren etwa 18 weitere User in dem Chatroom anwesend, unter anderem auch Frau V., welche vom Betreiber des Netzwerkes als Moderatorin mit der Prüfung beauftragt war, ob in dem Chat verbotene oder anstößige Inhalte verbreitet wurden. Nunmehr entblößte sich der Angeklagte und onanierte, während seine webcam auf seine Oberschenkel, sein Geschlechtsteil und seinen Oberkörper ausgerichtet war. Mindestens ein anderer Chatroom-Teilnehmer verfolgte diese Aktion und beschwerte sich bei der Moderatorin welche den Betreiber aufmerksam machte, der die Übertragung nach eigener Anmeldung und Überprüfung sofort unterbrach.
Gegen seine Verurteilung durch das Landgericht Z. wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten, form- und fristgerecht eingelegten Revision.
II.
Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen - vorläufigen - Erfolg.
1. Soweit es die vom Landgericht Z. erfolgte Verurteilung des Angeklagten wegen Verbreitung pornografischer Darbietungen durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste nach § 184 d StGB betrifft, hat sich die Strafkammer nicht mit der Frage befasst, ob der Angeklagte überhaupt als tauglicher Täter dieses Delikts in Betracht kommt. Nach dieser Vorschrift wird nach §§ 184 bis 184 c StGB nämlich nur bestraft, wer eine pornografische Darbietung durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste verbreitet (§ 184 d Satz 1 StGB). Bereits der gesetzliche Wortlaut der Vorschrift deutet darauf hin, dass als Täter dieses Delikts nur der für die Sendung Verantwortliche in Betracht kommt, im Hinblick auf Rundfunksendungen vor allem der Programmdirektor und der Redakteur, nicht aber die lediglich mit der technischen Ausführung betreuten Personen wie etwa der Kameramann. Gleiches gilt für Übertragungen im Internet. Insoweit kommt nach Wortlaut und Sinn der Vorschrift als Täter vor allem für die Ausstrahlung der Sendung verantwortliche Anbieter des Dienstes in Betracht, nicht aber Personen mit lediglich mittelbarem Bezug wie Autoren, Produzenten und Regisseure (vgl. MüKo-Hörnle, 1. Auflage 2012, § 184 d Rn. 9 m.w.N.; Schönke/Schröder/Eisele, StGB , 29. Auflage 2014, § 184 d Rn. 8). Dies gilt nach Ansicht des Senats vorliegend auch für den Angeklagten als einfachen Nutzer des Internet-Chatrooms, der aufgrund seiner Stellung nicht in der Lage war, auf die Dauer und die Modalitäten der Internet-Ausstrahlung im Sinne einer Tatherrschaft in irgendeiner Weise Einfluss zu nehmen, vielmehr oblag diese Kontrolle vollumfänglich dem Betreiber des Netzwerkes bzw. allenfalls der von diesem eigens eingesetzten Moderatorin. Da diese Personen mit der pornografischen Handlung des Angeklagten nicht einverstanden waren und ihn sogleich vom Netz nahmen, scheidet auch eine Ahndung unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe aus.
2. Soweit es die von der Staatsanwaltschaft im Strafbefehl angenommene Bewertung der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Erregung öffentlichen Ärgernisses nach § 183 a StGB betrifft, wird sich das Landgericht jedoch mit der Frage des Vorliegens dieser Norm vor allem in subjektiver Hinsicht neu zu befassen haben. Da nach den getroffenen Feststellungen vorliegend mindestens eine Person die sexuelle Handlung des Angeklagten wahrgenommen hat und an dem Chatroom nicht nur ein geschlossener Personenkreis teilnehmen konnte, sondern dieser, wie beim Angeklagten der Fall, auch für Gäste offen stand, hat der Angeklagte i...