Leitsatz (amtlich)
Das Kindergeld ist als Einkommen des beziehenden Elternteils zu berücksichtigen, soweit das Kindergeld nicht zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts eines minderjährigen Kindes zu verwenden ist.
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 02.03.2015; Aktenzeichen 48 F 283/15) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Freiburg vom 2.3.2015 (48 F 283/15) wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt Verfahrenskostenhilfe für ein Scheidungsverfahren.
Mit Beschluss des AG - Familiengericht - Freiburg vom 3.2.2015 wurde der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe bewilligt, Rechtsanwalt V. beigeordnet und unter Berücksichtigung eines monatlichen Nettoerwerbseinkommens i.H.v. 1.484 EUR sowie des staatlichen Kindergelds i.H.v. 368 EUR angeordnet, dass monatliche Raten i.H.v. 140 EUR auf die Verfahrenskosten zu zahlen sind. Auf die Entscheidung wird Bezug genommen.
Gegen diesen ihr am 6.3.2015 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 26.3.2015 beim AG Freiburg eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass das staatliche Kindergeld nicht zu ihrem Einkommen gehöre, sondern als Einkommen der Kinder anzusehen sei. Es sei deshalb ratenfreie Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Auf die Beschwerdebegründung wird verwiesen.
Das Familiengericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 27.3.2015 nicht abgeholfen.
II. Die gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Kindergeld ist als Einkommen des beziehenden Elternteils zu berücksichtigen, soweit das Kindergeld nicht zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts eines minderjährigen Kindes zu verwenden ist (BGH FamRZ 2005, 605, juris Rz. 10 ff.; OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 1960, juris Rz. 8 ff.; OLG Bamberg FamRZ 2015, 349, juris Rz. 16; Zimmermann, Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe, 4. Aufl. 2012, Rz. 62; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 7. Aufl. 2014, Rz. 231; BeckOK/Reichling, ZPO, Stand 1.3.2015, § 115 Rz. 16; Motzer in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl. 2013, § 115 Rz. 18; Johannsen/Henrich/Markwardt, Familienrecht, 6. Aufl. 2015, § 115 ZPO Rz. 14; a.A. OLG Rostock FamRZ 2013, 648, juris Rz. 2 f.; LAG Berlin-Brandenburg NZFam 2015, 82, juris Rz. 19 f.; im Anschluss an OLG Rostock: Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 115 Rz. 19).
Zum Einkommen gehören nach der Legaldefinition in § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Für das Verfahrenskostenhilferecht gelten die sozialhilferechtlichen Maßstäbe (BGH FamRZ 2005, 605, juris Rz. 10; OLG Bamberg FamRZ 2015, 349, juris Rz. 16; Johannsen/Henrich/Markwardt, a.a.O., § 115 ZPO Rz. 1). Das Kindergeld ist im Sozialhilferecht grundsätzlich Einkommen der Kindergeldberechtigten, regelmäßig der Eltern, vgl. § 1 BKKG sowie § 62 EStG (ausführlich BeckOK/Siebel-Huffmann, SGB XII, Stand 1.12.2014, § 82 Rz. 9; Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 82 Rz. 47 jeweils m.w.N.). Die sozialhilferechtliche Vorschrift § 82 Abs. 1 Satz 3 SGB XII schafft für minderjährige Kinder lediglich eine Zurechnungsnorm, nach der das Kindergeld bei Minderjährigen dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen ist, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts mit Ausnahme des Bedarfs nach § 34 SGB VIII benötigt wird.
Somit ist das von einem Verfahrenskostenhilfe begehrenden Antragsteller bezogene Kindergeld in voller Höhe als sein Einkommen zu berücksichtigen, soweit es nicht zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts eines minderjährigen Kindes zu verwenden ist (BGH FamRZ 2005, 605). Dies gilt ungeachtet der Geltung des neuen Unterhaltsrechts (OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 1960, juris Rz. 6, 11; OLG Bamberg FamRZ 2015, 349, juris Rz. 16). Denn die Frage, wie das Kindergeld im Rahmen der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen und einzuordnen ist, ist von der hier relevanten sozialhilferechtlichen Einkommensermittlung zu unterscheiden (OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 1960, juris Rz. 11; Zimmermann, a.a.O., Rz. 62).
Der Freibetrag für die 16 und 17 Jahre alten Kinder beträgt seit 1.1.2015 jeweils 349 EUR. Der notwendige Lebensunterhalt der Kinder wird vorliegend durch die Unterhaltsleistungen von jeweils 398 EUR gedeckt. Die Kosten der Unterkunft und Heizung, durch die auch der Wohnbedarf der Kinder gedeckt wird, sind von dem Einkommen der Antragstellerin in Abzug gebracht worden.
In Hinblick darauf, dass im Rahmen der Verfahrenskostenhilfeberechnung stets der Abzug der Freibeträge nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2b ZPO für unterhaltberechtigte Kinder erfolgt, ist der notwendige Lebensunterhalt dieser Kinder jedenfalls gesichert. Würde das Kindergeld als Einkommen des Kindes berücksichtigt werden, läge in den (häufigen) Fällen, in denen das Kind Unterhalt bekommt, der über dem Sozialhilfesatz liegt, der faktische Freibetrag für ...