Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Prozess- und Vollstreckungsrisiken bei Bewilligung von PKH für eine Klage des Insolvenzverwalters

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Frage, ob den Gläubigern im Rahmen von § 116 Satz 1 Ziff. 1 ZPO die Aufbringung der Kosten für eine Klage des Insolvenzverwalters zuzumuten ist, spielen insbesondere die Prozess- und Vollstreckungsrisiken der beabsichtigten Klage eine Rolle. Schlechte Prozess- und Voll-streckungsaussichten müssen sich dabei zugunsten des Insolvenzverwalters auswirken, der Prozesskostenhilfe begehrt.

2. Erhebliche Prozess- und Vollstreckungsrisiken reichen in der Regel nicht aus, um die beabsichtigte Klage des Insolvenzverwalters als mutwillig i.S.v. § 114 Satz 1 ZPO anzusehen.

3. Dem Insolvenzverwalter kann keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die Voraussetzungen für eine Einstellung des Insolvenzverfahrens gem. § 207 Abs. 1 InsO vorliegen. Die Forderung, die der In-solvenzverwalter geltend machen möchte, kann bei der Bestimmung der Insolvenzmasse gem. § 207 Abs. 1 InsO nicht berücksichtigt werden, wenn erhebliche Prozess- und Vollstreckungsrisiken bestehen.

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Beschluss vom 23.12.2010; Aktenzeichen 5 O 303/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Konstanz vom 23.12.2010 - 5 O 303/10 T - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der I. GmbH. Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss des AG Konstanz vom 1.6.2007 eröffnet. Die Antragsgegnerin war Geschäftsführerin der Schuldnerin.

Der Antragsteller hat im Verfahren vor dem LG Prozesskostenhilfe beantragt für eine beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegnerin über einen Betrag von 34.225,06 EUR nebst Zinsen. Der Antragsteller möchte in dieser Höhe Ansprüche gem. § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. (entspricht § 64 Satz 1, Satz 2 GmbHG n.F.) geltend machen. In der Zeit zwischen dem 1.9.2006 und dem 12.9.2006 habe die Antragsgegnerin fünf Zahlungen über einen Betrag von insgesamt 34.225,06 EUR als Geschäftsführerin der Schuldnerin geleistet, obwohl die Schuldnerin bereits vorher zahlungsunfähig gewesen sei.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete aus verschiedenen Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Mit Beschluss vom 23.12.2010 hat das LG den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen. Die beabsichtigte Klage sei unschlüssig, da der Antragsteller die angeblichen Zahlungen der Antragsgegnerin nicht ausreichend konkretisiert habe. Außerdem habe der Antragsteller als Insolvenzverwalter nicht ausreichend dargetan, dass den Gläubigern der Schuldnerin eine Aufbringung der Kosten nicht zuzumuten sei (§ 116 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Bei drei der angegebenen Zahlungen konkretisiert der Antragsteller die Zahlungsempfänger. Bei den beiden anderen Zahlungen, die der Antragsteller nach Datum und Betrag genannt habe, sei es ausreichend, wenn der Überweisungsvorgang in der mündlichen Verhandlung durch Bankbelege spezifiziert werden könne. Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles sei den Gläubigern - entgegen der Auffassung des LG - eine Aufbringung der Kosten für den Rechtsstreit nicht zuzumuten. Daher stehe einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe nichts entgegen.

Das LG hat mit Beschluss vom 23.3.2011 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Soweit der Antragsteller zwei angebliche Zahlungen der Antragsgegnerin weiterhin nicht konkretisiert habe, scheitere eine Prozesskostenhilfebewilligung bereits an der fehlenden Erfolgsaussicht des Klagebegehrens. Im Übrigen sei die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig. Denn zum Einen bestünden nach den eigenen Angaben des Antragstellers Zweifel, ob eventuelle Forderungen gegenüber der Antragsgegnerin realisiert werden könnten. Zum Anderen sei nicht ersichtlich, weshalb nicht zumindest dem größten Gläubiger der Schuldnerin eine Vorschusszahlung zumutbar sei.

Die Antragsgegnerin verteidigt den Beschluss des LG.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Die Parteien hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet zwar teilweise hinreichende Aussicht auf Erfolg. Auch die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Prozesskostenhilfebewilligung liegen vor. Das Rechtsmittel des Antragstellers hat dennoch keinen Erfolg, weil er als Insolvenzverwalter gem. § 207 Abs. 1 InsO zur Führung des beabsichtigten Prozesses nicht berechtigt ist.

1. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat teilweise hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 114 Satz 1 ZPO.

a) Keine Aussicht auf Erfolg besteht allerdings - auch nach dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers - insoweit, als er von der Antragsgegnerin Ersatz der von ihm angegebenen Zahlungen vom 4.9.200...

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