Leitsatz (amtlich)
Für die Bestimmung eines zum Begehungsort im Sinn der Zuständigkeitsregel in § 15 Abs. 2 Satz 2 GeschGehG zählenden Erfolgsorts kommt es nicht darauf an, wo eine Beeinträchtigung des Geschäftsgeheimnisses für dessen Inhaber spürbar geworden ist (Schadensort), wie namentlich am Ort dessen Sitzes. Als - neben dem Handlungsort - zuständigkeitsbegründender Erfolgsort kommt nur der Ort des Eintritts eines zum Haftungstatbestand einer gem. § 4 GeschGehG verbotenen Handlung gehörenden Erfolgs in Betracht.
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts [...] vom 24. Februar 2022, Az. 5 O 42/22, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der sofortigen Beschwerde fallen der Antragstellerin zur Last.
3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegner wegen behaupteter Rechtsverletzungen im Sinn von § 6 GeschGehG. Gegenstand der Unterlassungsforderungen sind im Verhältnis zum Antragsgegner zu 1 die in der Anlage A wiedergegebene Datei "[D.]" und im Verhältnis zur Antragsgegnerin zu 2 die in der Anlage B wiedergegebenen Inhalte, die neben der bereits genannten Datei mehrere Vertragstexte umfassen. Wegen des genauen Inhalts der Anträge wird auf die Antragsschrift Bezug genommen.
Der Antragstellerin hat geltend gemacht:
Die in [Ort im Bezirk des angerufenen Landgerichts] ansässige Antragstellerin entwickele und vertreibe [...]. Der in den Vereinigten Staaten von Amerika wohnhafte Antragsgegner zu 1 sei der Chief Executive Officer der ebenfalls dort ansässigen Antragsgegnerin zu 2. Er sei bis zum [...] einer der Geschäftsführer der in [...] ansässigen [X.] GmbH (nachfolgend: [X.]) gewesen, die [...] entwickele sowie vertreibe und die offensichtlich von der Antragsgegnerin zu 2 gesteuert und überwacht werde. Seit dem [...] und heimlich schon zuvor sei [Y.], der bis zu seiner Abberufung zum [...] Geschäftsführer der Antragstellerin gewesen sei, für [X.] tätig. [Y.] habe insgesamt [...] Dateien, die Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin enthielten, von seinem beruflichen E-Mail-Account bei der Antragstellerin an einen privaten E-Mail-Account versandt sowie auf private Datenträger (wie die beschlagnahmte Festplatte und den USB-Stick) gespeichert, ohne hierzu berechtigt zu sein, auf das [...] Laufwerk von [X.] kopiert und (mit weiteren Mitarbeitern bei [X.]) genutzt. Nach am [...] gewährter Einsicht in die Akte eines gegen [Y.] geführten Ermittlungsverfahrens hätten der Geschäftsführer der Antragstellerin und dessen Prozessbevollmächtigten nach technisch aufwändigem Entpacken der umfangreichen Daten, die bei [Y.] sichergestellt worden seien, am [...] erreicht, Zugriff auf diese Daten zu erhalten. Deren Sichtung habe ergeben, dass [Y.] am [...] an die dafür zuständigen Mitarbeiter bei [X.] ([...] und [...]) per E-Mail eine Übersicht mit der Dateibezeichnung "[D.]" übersandt habe, nämlich die [...]-Datei gemäß Anlage [...]. Letztere habe Kundendaten der Antragstellerin aus deren [...]-Kundenliste (Anlage [...]) enthalten. Die E-Mail samt den Geschäftsgeheimnissen der Antragstellerin habe er am selben Tag nachfolgend auch an [W.] (den globalen Vertriebsleiter - Chief Revenue Officer - von [X.], Mitglied des Managements) und den Antragsgegner zu 1 übersandt. Zudem habe [Y.] mit E-Mail vom [...] Unterlagen der Antragstellerin wie etwa Vertragsmuster gemäß Anlagenkonvolut [...] unter Schwärzung allein der Namen und Produkte an [Z.] gesandt, der u.a. als CTO und Mitglied des Board of Directors der Antragsgegnerin zu 2 fungiere.
Der Antragsgegner zu 1 habe daher die Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin gemäß § 4 Abs. 3 GeschGehG verletzt, indem er diese über [Y.] erlangt habe, obwohl er zum Zeitpunkt der Erlangung wusste oder wissen musste, dass [X.], der die Geschäftsgeheimnisse rechtwidrig erlangt habe, sie entgegen § 4 Abs. 2 GeschGehG genutzt oder offengelegt habe; ferner liege auf der Hand, dass der Antragsgegner zu 1 die Geschäftsgeheimnisse "mutmaßlich" benutzt und Dritten gegenüber offengelegt habe. Zudem bestehe für die Benutzung und Offenlegung der "[D.]" sowie der Vertragsbeispiele hilfsweise eine Erstbegehungsgefahr. Der Antragsgegnerin zu 2 seien die Geschäftsgeheimnisverletzungen des Antragsgegners zu 1 sowie ihres Directors [Z.] und von [X.] bzw. [Y.] und [W.] über § 12 GeschGehG oder §§ 31, 166 BGB analog zurechenbar.
Die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts [...] ergebe sich aus § 15 Abs. 2 Satz 2 GeschGehG.
Das Landgericht hat den am 21. Februar 2022 eingereichten Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Landgericht [...] sei gemäß § 937 Abs. 1 ZPO örtlich und damit auch international nicht zuständig. Insbesondere begründe der Sitz der Antragstellerin im hiesigen Zuständigkeitsbereich keinen Erfolgsort bzw. Begehungsort im Sinn von § 15 Abs. 2. Satz 2 G...