Leitsatz (amtlich)
Bei der ihm im Verfahren gemäß § 35 BtMG obliegenden Auswahl der Therapieeinrichtung muss die Vollstreckungsbehörde beachten, ob bei dem Verurteilten neben der Drogensucht zusätzliche Verhaltensauffälligkeiten bestehen, die ein besonderes Therapieprogramm erfordern.
Verfahrensgang
GenStA Karlsruhe (Gerichtsbescheid vom 15.08.2008) |
StA Mannheim (Gerichtsbescheid vom 07.07.2008) |
Tenor
Der Antrag des Verurteilten A. B. auf gerichtliche Entscheidung gegen die Bescheide der Staatsanwaltschaft M. vom 07.07.2008 - 931 VRs 304 Js 13219/06 - und der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 15.08.2008 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Der Verurteilte trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Geschäftswert wird auf 3.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der jetzt achtunddreißig Jahre alte Antragsteller wurde durch das am Tag seiner Verkündung rechtskräftig gewordene Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 07.05.2008 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in vier Fällen, wegen Betruges, gefährlicher Körperverletzung, gewerbsmäßigen Diebstahls u.a. zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Diese Strafe verbüßt er gegenwärtig seit dem 20.02.2008 in Untersuchungs- und Strafhaft. Dem Urteil lag neben sechs Diebstählen hochwertiger Kleidung aus Kaufhäusern hauptsächlich zugrunde, dass der seit seinem 16. Lebensjahr drogenabhängige Antragsteller als Strafgefangener in der JVA M. mehrfach eingeschmuggeltes Haschisch erworben hatte. Unter anderem hatte er seine Mutter dazu angestiftet, für ihn 40 Gramm Haschisch einzuschmuggeln. Das Rauschgift wurde jedoch sichergestellt. Außerdem hatte er aus Wut über die Verweigerung von Medikamenten ein Telefon auf den Anstaltsarzt geschleudert, der dadurch leicht verletzt wurde. Bereits in den Urteilsgründen stellte das Amtsgericht seine Zustimmung zur Zurückstellung für den Fall in Aussicht, dass es dem Verurteilten gelänge, einen Therapieplatz zu finden.
Mit einem am 27.06.2008 eingekommenen Verteidigerschreiben beantragte der Verurteilte, gemäß § 35 BtMG von der weiteren Vollstreckung zum Zwecke der Durchführung einer stationären Drogentherapie abzusehen. Diesen Antrag wies die Staatsanwaltschaft M. mit Bescheid vom 07.07.2008 mit der Begründung zurück, dass die vom Verurteilten vorgeschlagene Therapieeinrichtung "Suchthilfe Frankfurt", eine Selbsthilfeeinrichtung, die keine Kostenzusage fordert und zur Aufnahme des Verurteilten bereit war, ungeeignet sei, weil der Verurteilte eine schwierige Persönlichkeit mit langjähriger Suchtproblematik sei; er sei starker Raucher und sei bereits im Vollzug mit Alkoholkonsum und aggressivem Verhalten aufgefallen.
Der von dem Verurteilten gegen diese Entschließung eingelegten Beschwerde gab die Generalstaatsanwaltschaft in ihrem Bescheid vom 15.08.2008 keine Folge. Die Generalstaatsanwaltschaft stützt ihren Bescheid im wesentlichen auf dieselben Gründe, wobei sie auf die zahlreichen erfolglosen Therapieversuche des Verurteilten sowie darauf abhebt, dass zur Behandlung der vielfältigen Abhängigkeit und der besonderen Persönlichkeitsstruktur des Verurteilten ausgebildete Therapeuten vonnöten seien, über die die "Suchthilfe Frankfurt" als Selbsthilfeeinrichtung nicht verfüge.
Gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 15.09.2008 wendet sich der Verurteilte mit seinem am 24.09.2007 eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch das Oberlandesgericht. Diesem, dem Senat am 19.09.2008 zugeleiteten Antrag ist die Generalstaatsanwaltschaft unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Bescheids entgegen getreten.
II.
Der gemäß §§ 23ff. EGGVG zulässige Antrag ist unbegründet.
Der Vollstreckungsbehörde steht bei ihrer Entscheidung über die Zurückstellung der Strafvollstreckung zur Durchführung einer Drogentherapie gemäß § 35 BtMG ein Ermessen und hinsichtlich der dabei zu prüfenden Tatbestandsvoraussetzungen, Kausalität der Betäubungsmittelabhängigkeit für die abgeurteilten Taten und Therapiewilligkeit des Antragstellers (Körner BtMG, 6. Aufl., § 35 Rdnr. 299), ein Beurteilungsspielraum zu. Gemäß § 28 Abs. 3 EGGVG hat der Senat die Entschließung der Vollstreckungsbehörde auf Rechtsfehler bei der Anwendung gesetzlicher Bestimmungen, auf Ermessensfehler und darauf zu überprüfen, ob ihr ein zutreffend und vollständig ermittelter Sachverhalt unter Einhaltung der Grenzen des Beurteilungsspielraums zugrunde gelegt ist (Körner aaO, Rdnr 375; ständige Senatsrechtsprechung, z.B. StV 2002, 263).
Der Bescheid der Vollstreckungsbehörde, der in derjenigen Gestalt der Prüfung des Senats unterliegt, die er durch das Vorschaltverfahren gewonnen hat, hält rechtlicher Nachprüfung stand. Seine Überprüfung hat keinen Fehler bei der Ausübung des der Vollstreckungsbehörde zustehenden Ermessens und bei der Ausfüllung des ihr eröffneten Beurteilungsspielraumes ergeben.
In ihrer Entscheidung geht die Vollstreckungsbehörde ersichtlich davon aus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 BtMG erfüllt sind...