Leitsatz (amtlich)

1. Es stellt im Rahmen eines Mietvertrags über Räume zur gewerblichen Nutzung keine unangemessene Benachteiligung der Mieter dar, wenn der Vermieter als Kaution anstatt der Zahlung eines Geldbetrags die Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern fordern kann.

2. Auch die in einem derartigen Mietvertrag enthaltene Berechtigung des Klägers, sich schon während der Mietzeit aus der Kaution zu befriedigen und anschließend die Wiederauffüllung der Kaution fordern zu dürfen, stellt keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten dar.

3. Eine unangemessene Benachteiligung ergibt sich auch nicht aus dem Zusammenwirken der beiden Regelungen.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 30.12.2003; Aktenzeichen 3 O 418/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 30.12.2003 - 3 O 418/03 - im Kostenpunkt aufgehoben, im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, jeweils dem Kläger die Freigabe des beim AG P. unter dem Kassenzeichen hinterlegten Betrages i.H.v. 12.782,30 Euro nebst der hieraus seit Hinterlegung nach § 8 HinterlO angefallenen Zinsen i.H.v. monatlich 1 o/oo zu bewilligen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von den Beklagten die Bewilligung der Freigabe eines auf Grund einer Mietbürgschaft von der Sparkasse P. beim AG P. hinterlegten Geldbetrages.

Die Parteien schlossen am 8.12.2000 einen schriftlichen Mietvertrag über Geschäftsräume in P. Die monatliche Miete beträgt 5.159,45 Euro. Nach § 6 Nr. 1 des Mietvertrags sind die Beklagten zu einer Kautionsleistung von 25.000 DM verpflichtet. Unter § 6 Nr. 4 des Mietvertrags ist hierzu folgender weiterer Passus enthalten:

Die Kaution kann nach freier Wahl des Vermieters auch erbracht werden durch Vorlage einer auf den Kautionsbetrag beschränkten, unwiderruflichen, unbefristeten, unbedingten und selbstschuldnerischen Bürgschaft eines Kreditinstituts. Die Bürgschaftsurkunde ist dem Vermieter auszuhändigen. Sie hat zu enthalten die Verpflichtung des Kreditinstituts, auf erstes Anfordern des Vermieters und ohne Prüfung der Forderung zu leisten.

Der Vermieter ist berechtigt, auch während der Mietzeit Ansprüche aus dem Mietverhältnis durch Rückgriff auf die Kaution zu befriedigen. In diesem Fall kann er von dem Mieter verlangen, die Kaution wieder auf den ursprünglichen Betrag aufzufüllen.

Mit Urkunde vom 9.1.2001 übernahm die Sparkasse P. eine selbstschuldnerische Bürgschaft i.H.v. 25.000 DM.

Seit Mai 2003 haben die Beklagten mit Verweis auf Gegenforderungen i.H.v. angeblich 100.000 Euro, die ihrer Firma, der O. GmbH, zustehen sollen, keine Miete mehr bezahlt.

Nach entsprechender Aufforderung durch den Kläger hinterlegte die Sparkasse P. die Bürgschaftssumme Anfang August 2003 beim AG P..

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Karlsruhe vom 30.12.2003 (Bd. I, AS. 49 ff.) wird Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Freigabe des beim AG in P. unter dem Kassenzeichen ..., Dienststellen-Nr.: ... hinterlegten Betrages i.H.v. 12.782,30 Euro nebst 1 0/00 Zinsen pro Monat seit dem 16.8.2003 an den Kläger zu bewilligen.

Die Beklagte haben beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Das LG hat der Klage in der Form stattgegeben, dass die Beklagten nicht als Gesamtschuldner sondern als Einzelpersonen zur Bewilligung der Freigabe verurteilt worden sind. Die streitige Kautionsregelung sei wirksam. Mögliche Gegenforderungen seien nicht substantiiert dargetan, womit eine Verwertung der Kaution nicht als rechtsmissbräuchlich einzustufen sei.

Die Beklagten wenden sich mit ihrer Berufung gegen dieses Urteil.

Sie sind - unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages - der Auffassung, dass eine Inanspruchnahme der Kaution hinsichtlich einer zwischen den Mietparteien streitigen Forderung während der Mietzeit grundsätzlich nicht möglich sei. Auch sei zu berücksichtigen, dass die gestellte selbstschuldnerische Bürgschaft den im Vertrag gestellten Vorgaben, wonach eine Bürgschaft auf erstes Anfordern geschuldet werde, nicht entsprochen habe.

Die Beklagten beantragen:

Unter Abänderung des Urteils des LG Karlsruhe vom 30.12.2003 wird die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger verteidigt - unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages - die Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung ist zulässig, aber überwiegend unbegründet.

Die Beklagten sind jeweils nach § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. den im Mietvertrag enthaltenen Regelungen verpflichtet, dem Kläger die Herausgabe des beim AG P. hinterlegten Guthabens...

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