Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen, unter denen der Unfallversicherer sich nach Treu und Glauben nicht auf das Fehlen einer fristgerechten ärztlichen Invaliditätsfeststellung berufen kann.

 

Normenkette

AUB 88 (94) § 7; BGB § 242; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 22.07.2004; Aktenzeichen 1 O 301/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Heidelberg v. 22.7.2004 - 1 O 301/03 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen mangelhafter Prozessführung in dem von ihm gegen seine Unfallversicherung, ..., vor dem LG Münster und OLG Hamm wegen Versicherungsleistung geführten Rechtsstreit in Anspruch. Außerdem begehrt er Ersatz wegen vergeblich aufgewendeter Prozesskosten.

Der Kläger hatte die Beklagte zu 1 beauftragt, die L. wegen Versicherungsleistungen aus einer privaten Unfallversicherung klageweise in Anspruch zu nehmen. Der Kläger hatte am 16.9.1999 einen Arbeitsunfall erlitten, bei dem er von einem Gabelstapler erfasst und zu Boden geschleudert worden war. Der Kläger ist der Auffassung, dass die nach dem Unfall festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen allesamt auf das Unfallereignis zurückzuführen seien und sich hieraus ein Invaliditätsgrad von 55 % ergebe. Ihm stünden nach § 7 Ziff. 1 Abs. 2a AUB 1988 daher 39.931,90 Euro zu.

Die Beklagte zu 1 hat im Auftrag des Klägers zunächst über einen Betrag von 29.041,38 Euro vor dem LG Münster Klage gegen die L. erhoben (LG Münster - 15 O 58/02). In der Terminsverfügung des LG zur Abhaltung eines frühen ersten Termins hatte der Vorsitzende auf die Vorlage einer ärztlichen Feststellung gem. § 7 Abs. 3 AUB hingewiesen. Das LG Münster hat mit Urt. v. 25.5.2002 die Klage abgewiesen und ausgeführt, eine den Vertragsbestimmungen entsprechende ärztliche Feststellung sei nicht vor Ablauf von 15 Monaten getroffen worden. In der Berufungsinstanz ließ sich der Kläger durch andere Rechtsanwälte vertreten und legten dort erstmals eine "Anmeldung eines Anspruchs auf Invaliditätsleistung" v. 21.11.2002 der Ärztin Dr. K. (Anlage AH 207) vor. Außerdem wurde die Klage auf insgesamt 39.931,90 Euro erweitert. Das OLG Hamm (OLG Hamm, Beschl. v. 18.12.2002 - 20 U 165/02) hat die Berufung mit Beschluss v. 18.12.2002 zurückgewiesen, weil es von einem nicht zulässigen neuen Vortrag (§§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO) ausgegangen war.

Dem Kläger war seitens der L. mit Schreiben v. 10.11.2000 das später von Dr. K. unterzeichnete Formular v. 22.11.2000 zugeleitet worden. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 weder vor noch während des Prozesses vor dem LG Münster das Formular v. 22.11.2000 übergeben oder erwähnt.

Die L.V. hat mit Schreiben v. 4.3.2003 (Anlage A 11) einen Kostenanspruch i.H.v. 9.385,51 Euro an den Kläger abgetreten, den dieser neben dem Erstattungsbetrag aus der Unfallversicherung mit der Klage geltend macht.

Das LG hat mit Urt. v. 22.7.2004, auf das wegen der weiteren Feststellungen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen und u.a. ausgeführt, der Kläger habe schon nicht Beweis dafür angetreten, dass die Beklagte zu 1) ihre Verpflichtungen, sich als Rechtsanwältin über entscheidungserheblichen Sachverhalt zu informieren, verletzt habe. Darüber hinaus wäre das Formular v. 22.11.2000 nicht geeignet gewesen, als ärztliche Feststellung i.S.v. § 7 AUB zu dienen. Die im Formular angegebenen Folgen des Unfalls seien lediglich vom Kläger selbst und nicht von der behandelnden Ärztin überprüft worden. Es fehlte zudem an jeglicher ärztlichen Äußerung darüber, ob die vom Kläger geschilderten Beschwerden auf dem Unfall v. 16.9.1999 beruhten.

Hiergegen richtet sich die zulässige Berufung des Klägers. Dieser macht geltend, die Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) ergebe sich schon aus dem Anschreiben v. 10.11.2000, aus dem sich zweifelsfrei ergebe, dass das fristwahrende Dokument v. 22.11.2000 existieren müsste. Die Beklagte zu 1) hätte deshalb in Ansehung des Schreibens der L. v. 11.10.2000 den Kläger eindringlich nach weiteren Unterlagen befragen müssen. Die von der Ärztin Dr. K. unterschriebene Anmeldung eines Anspruchs auf Invaliditätsleistung v. 22.11.2000 genüge den Anforderungen i.S.v. § 7 AUB. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Unfallversicherung nach der Auskunft von Dr. K. ein ärztliches Gutachten in Auftrag gegeben habe.

Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Heidelberg abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 49.317,41 Euro zzgl. 5 % über dem Basiszinssatz liegende Zinsen aus 39.931,90 Euro seit dem 30.8.2003, aus weiteren 6.319,17 Euro seit Rechtshängigkeit der Klage sowie wie aus weitere...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?