Leitsatz (amtlich)
Die Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB greift auch dann ein, wenn der Geschädigte eine früher vorhandene, anderweitige Ersatzmöglichkeit schuldhaft versäumt hat.
Der einen Grundstückskaufvertrag protokollierende Notar ist nicht verpflichtet, auf aus den Bebauungsplan sich ergebende zukünftige, aber noch nicht umgesetzte Erschließungsmaßnahmen und die damit verbundenen Lastenhinzuweisen. Hierzu muss der Erwerber, der das Grundstück kauft „wie es steht und liegt”, grundsätzlich selbst die notwendigen Erkundigungen einholen.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Entscheidung vom 16.03.2001; Aktenzeichen 2 O 328/00) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 16.3.2001 – 2 O 328/00 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land Schadensersatz wegen einer angeblichen Amtspflichtverletzung des Notars W. anlässlich der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages.
Der Kläger erwarb durch notariellen Kaufvertrag vom 27.8.1993 von Dr. St. das seit den 60-er Jahren des vorigen Jahrhunderts mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Im F. in S. zu einem Kaufpreis von 500.000 DM. Beurkundet wurde der Vertrag durch den Notar W. vom Notariat Baden-Baden. In § 5 des Kaufvertrages wurde u.a. vereinbart, dass die Übergabe von Besitz und Nutzungen sofort erfolgt und der Kläger ab 1.10.1993 die öffentlichen Lasten und Abgaben trägt. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses waren die vorgesehenen Erschließungsmaßnahmen nur teilweise durchgeführt worden. Die am Grundstück vorbeiführende Straße war mit einer Teerschicht versehen und es bestand eine Straßenbeleuchtung. Weitere Erschließungsmaßnahmen wie die Anlage von Gehwegen und die Verlegung der Kanalisation erfolgten im Jahr 1996. Die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandenen Erschließungsanlagen waren durch die Gemeinde S. noch nicht ggü. den Grundstückseigentümern abgerechnet worden, was der Verkäuferin Dr. St. bekannt war. Ebenso wusste sie, dass noch weitere Erschließungsmaßnahmen von der Gemeinde S. beabsichtigt waren. Hierüber wurde der Kläger von der Verkäuferin Dr. St. nicht aufgeklärt.
Am 10./11.8.1996 (Geburtstagsfeier) erfuhr der Kläger von einem Nachbarn, dass in nächster Zeit mit der Zustellung von Erschließungs- und Beitragsbescheiden zu rechnen sei. Der Kläger erhielt am 17.9.1997 von der Gemeinde S. einen Vorauszahlungsbescheid auf die Erschließungskosten i.H.v. 42.828,75 DM. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Von der gerichtlichen Überprüfung des Bescheids nahm der Kläger abstand, da er keine Erfolgsaussichten in einem solchen Vorgehen sah. Durch Beitragsbescheide wurde der Kläger zwischenzeitlich zu Erschließungskosten – seinem Vortrag in zweiter Instanz zufolge – von insgesamt 74.983,50 DM herangezogen.
Der Kläger hat vorgetragen, Notar W. habe bei der Beurkundung des Kaufvertrages die Frage noch nicht bezahlter Erschließungsbeiträge nicht angesprochen. Der Vertrag sei ohne weitere Erläuterungen heruntergelesen worden. Dem Notar sei ein Schreiben der Gemeinde S. vom 19.11.1964 bekannt gewesen, wonach die Eigentümer nach Ausbau der Straße zu Anliegerkosten herangezogen würden. Aufgrund dieses Kenntnisstandes wäre der Notar verpflichtet gewesen, abzuklären, ob die Erschließungsmaßnahmen zwischenzeitlich abgeschlossen und bezahlt worden seien. Er sei davon ausgegangen, dass das Grundstück erschlossen und die Maßnahmen abgerechnet seien. Wäre der Notar seiner Hinweispflicht nachgekommen, wäre der Beurkundungstermin von seiner Seite geplatzt. Die bezahlten Erschließungskosten von 14.500 DM stellten seinen Schaden dar, da das Grundstück durch die Anlagen keinen Wertzuwachs erfahren habe.
Der Kläger hat beantragt, das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 14.500 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 14.8.1999 zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Notar habe gewöhnlich bei dem Satz in § 5 des notariellen Kaufvertrages über die Tragung der öffentlichen Lasten und Abgaben umfassend auch die Problematik der Erschließungskosten und Anliegerbeiträge angesprochen. Hinzu komme, dass im vorliegenden Falle unstreitig der überwiegende Teil der Erschließungsmaßnahmen ohnehin erst nach Vertragsabschluss durchgeführt worden und schon von daher diese Kosten vom Kläger zu tragen seien. Der Kläger könne sich zudem an die Verkäuferin Dr. St. bzw. deren Erben halten. Außerdem habe er es schuldhaft unterlassen, gegen die Bescheide der Gemeinde S. Rechtsmittel einzulegen. Erst nachdem 1994 ein neuer Bebauungsplan in Kraft getreten sei, seien Erschließungsmaßnahmen ausgeführt und a...