Leitsatz (amtlich)
1. Die Fristenregelung in § 1615l Abs. 2 S. 3 BGB begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
3. Zu den Voraussetzungen des groben Unbilligkeit i.S.v. § 1615l Abs. 2 S. 3 BGB wegen Belangen der Kindesmutter
Verfahrensgang
AG Sinsheim (Urteil vom 03.12.2002; Aktenzeichen 20 F 247/02) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG – FamG – Sinsheim vom 3.12.2002 (20 F 247/02) abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vom 1.7.2002 bis 14.11.2002 monatlichen Unterhalt bis zum 5. Werktag eines jeden Monats i.H.v. 126,46 Euro über die mit Urkunde des Rhein-Neckar-Kreises vom 4.1.2002 (Az. 51.2.11) anerkannten 720 Euro hinaus nebst Zinsen aus 126,46 Euro ab 6.7.2002, aus 126,46 Euro ab 6.8.2002, aus 126,46 Euro ab 6.9.2002, aus 126,46 Euro ab 6.10.2002 und aus 54,80 Euro ab 6.11.2002 i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Betreuungsunterhalt für die Mutter eines nichtehelichen Kindes. Die Klägerin, am 28.8.1974 geboren, ist die Mutter dreier nichtehelicher Kinder, der Tochter L., geb. am 22.7.1992, der Tochter S., geb. am 14.1.1995 und aus der Beziehung mit dem Beklagten der Tochter J., geb. am 26.3.2000. Die Klägerin hat nach dem Hauptschulabschluss keinen Beruf erlernt. Sie besuchte bis zur Geburt ihrer ersten Tochter L. die zweijährige Hauswirtschaftsschule, die sie – knapp 18-jährig – anlässlich der Geburt abbrach und lebte bis zu diesem Zeitpunkt auch im Haushalt ihrer Eltern. Als die Tochter S. drei Jahre alt war und den Kindergarten besuchte, nahm die Klägerin eine Tätigkeit auf. Sie arbeitete zunächst auf 630 DM-Basis, dann halbtags. Ausweislich der vorgelegten Verdienstbescheinigungen gestalteten sich Arbeitszeiten und Lohn von April bis Oktober 1998 wie folgt:
April 1998: 100,5 Stunden 1.194,70 DM netto
Mai 1998: 131,5 Stunden 1.463,79 DM netto
Juni 1998 (Angaben fehlen)
Juli 1998: 84,25 Stunden 1.001,53 DM netto
August 1998: 64 Stunden 1.053 DM netto (inklusive Urlaubslohn)
September 1998: 81,75 Stunden 971,81 DM netto
Oktober 1998: 73,75 Stunden 1.151,30 DM netto (inklusive Urlaubslohn und Urlaubsabgeltung)
Im August 1998 war die Klägerin mit den Kindern in einen gemeinsamen Haushalt mit dem Beklagten gezogen. Im November 1998 erfolgte der gemeinsame Umzug nach Sinsheim. Danach war die Klägerin nicht mehr berufstätig, sie absolvierte jedoch – allerdings ohne Erfolg – 1999 und 2000 Fernlehrgänge für ein Fachabitur bei der Studiengemeinschaft D.
Die Parteien lebten bis zum Oktober 2001 mit allen drei Kindern zusammen. Nach der Trennung in der Wohnung zog der Beklagte im April 2002 aus dem gemeinsam bewohnten Haus aus. Zum 1.7.2002 wurde der Mietvertrag für dieses Anwesen einvernehmlich aufgehoben. Der Beklagte ist in der Computerbranche tätig und verdient durchschnittlich monatlich 5.100 Euro netto.
Nachdem die Klägerin sich zunächst um eine Lehrstelle als Töpferin bemüht hatte, besucht sie seit 14.11.2002 die Albert-Schweitzer-Schule in S., um dort das Fachabitur zu erwerben. J. wird von einer Tagesmutter betreut.
Durch Urkunde des Jugendamtes Rhein-Neckar-Kreis vom 4.1.2002 verpflichtete sich der Beklagte, an die Klägerin nach § 1615l BGB vom 1.1.2002 bis einschl. März 2003 Unterhalt i.H.v. 720 Euro monatlich zu bezahlen. In diesem Gesamtbetrag ist ein Krankenversicherungsbeitrag i.H.v. 113,76 Euro enthalten. Durch Urkunde vom 18.12.2001 hatte sich der Beklagte vor dem Jugendamt Rhein-Neckar-Kreis weiter verpflichtet, für das gemeinsame Kind J. vom 1.1.2002 bis 30.6.2003 monatlichen Unterhalt i.H.v. 299 Euro und ab 1.7.2003 monatlich 200 % des Regelbetrages der maßgeblichen Altersstufe zu bezahlen. Die Klägerin hat bis zum 31.12.2002 an die AOK einen monatlichen Beitrag von 116,46 Euro für die Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet.
Mit Anwaltsschreiben vom 31.10.2001 war der Beklagte namens der Klägerin und der Tochter J. aufgefordert worden, für einen Unterhaltsanspruch gem. § 1615l BGB Auskunft über seine Einkünfte zu erteilen und, aufgrund vorläufiger Berechnung des Einkommens, ab 1.10.2001 monatlichen Unterhalt für die Klägerin i.H.v. 1.752,75 DM zu bezahlen.
Die Klägerin hat behauptet, nach der Geburt des dritten Kindes könne sie nicht mehr erwerbstätig sein. Ohne drittes Kind allerdings wäre sie in der Lage, ein monatliches Nettoeinkommen von 920 Euro zzgl. Krankenversicherung und Altersvorsorge zu erwirtschaften. Bis zum dritten Lebensjahr des Kindes J. stehe ihr daher Unterhalt i.H.v. 920 Euro zzgl. eines Betrages für die Krankenversicherung i.H.v. 222,50 Euro zu. Auch nach dem dritten Lebensjahr habe sie Anspruch auf Unterhalt dieser Höhe sowie auf Altersvorsorgeunterhalt i.H.v. 184 Euro. Es sei grob unbillig, ihr diesen zu versagen, mit drei Kindern könne sie nicht auf Erwerbstätigkeit verwiesen werden, selbst wenn n...