Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltsbestimmung bei mehreren unterhaltsberechtigten Ehegatten

 

Normenkette

BGB § 1578 Abs. 1, § 1581 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Heidelberg (Urteil vom 25.06.2009; Aktenzeichen 35 F 143/08)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG - Familiengericht - Heidelberg vom 25.6.2009 - 35 F 143/08 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Abänderung eines Unterhaltstitels.

Der 1943 geborene Kläger und die 1948 geborene Beklagte heirateten im Jahr 1969. Aus der Ehe sind der im Jahr 1975 geborene Sohn D. und die im Jahr 1980 geborene Tochter V. hervorgegangen. Die Eheleute trennten sich 1988. Die Kinder blieben bei der Beklagten. Der Scheidungsantrag wurde im April 1990 zugestellt. Die Ehe wurde im Jahr 1992 rechtskräftig geschieden.

Der Kläger ist seit 1994 in zweiter Ehe verheiratet. Seine Ehefrau wurde 1954 geboren und arbeitete als Arzthelferin. 1995 zog die Tochter zum Kläger und seiner Ehefrau. 1996 wurde der Ehefrau die Arbeitsstelle gekündigt. Seitdem geht sie keiner Erwerbstätigkeit nach. Im Jahr 2009 erkrankte sie an Brustkrebs und wurde im März 2009 operiert.

Die Kinder der Parteien sind zwischenzeitlich wirtschaftlich selbständig.

Der Kläger ist R. Seit dem 1.12.2008 bezieht er nach Beendigung des 65. Lebensjahres eine Pension. Im Dezember 2008 erhielt er 3.096,41 EUR brutto (AS I 107). Im Jahr 2009 erhielt er insgesamt 38.059,92 EUR brutto (AnlH AS 89), im Jahr 2010 insgesamt 38.443,32 EUR brutto (AnlH AS 285). Er ist Eigentümer einer 76 qm großen 2-Zimmerwohnung, die zwischenzeitlich lastenfrei ist. Streitig ist, ob seine zweite Ehefrau Miteigentümerin zu ½ ist.

Die Beklagte ist gebürtige S. In der S. hat sie das Fachabitur für ... abgeschlossen. Bis zur Geburt des Sohnes D. arbeitete sie bei der Bundesanstalt für ... und erzielte Einkünfte nach BAT V c (Anl. BK 14, AnlH AS 75). Danach versorgte sie die Kinder und führte den Haushalt. 1987 begann sie eine Umschulung zur ..., die sie aber abbrach. Seit 1989 arbeitete sie als Arztsekretärin im ..., zunächst nach dem Tarif BAT VIII (Anl. BK 20, AnlH AS 133), nach einer Höherstufung 1993 nach dem Tarif BAT VII (Anl. BK 21, AnlH AS 135). Das Arbeitsverhältnis ist seit dem 30.6.2010 beendet. Die Beklagte erhielt eine Abfindung i.H.v. brutto 30.000 EUR, die im Dezember 2010 und im Januar 2011 ausgezahlt wurde (Anl. BK 29-31; AnlH AS 265 ff.). Seit dem 13.4.2011 bis zum 12.4.2013 erhält die Beklagte Arbeitslosengeld gem. § 117 SGB III i.H.v. monatlich 920,10 EUR (Anl. BK 25; AnlH AS 147).

Der Kläger zahlt seit der Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt an die Beklagte, zunächst aufgrund eines 1992 vor dem AG geschlossenen Vergleichs. Dieser wurde durch Urteil des AG - Familiengericht - Heidelberg vom 12.11.1996 abgeändert und der Kläger verurteilt, an die Beklagte monatlichen Unterhalt i.H.v. - umgerechnet in EUR - 751,60 EUR zu zahlen (Az. 35 F 59/96; Anl. K 1, AS I 15). Die gegen dieses Urteil vom Kläger erhobene Abänderungsklage hat das AG - Familiengericht - Heidelberg durch Urteil vom 11.3.2003 zurückgewiesen (Az. 35 F 157/02, Anl. BK 3, AnlH AS 19). Wegen des Inhalts der Entscheidungen wird auf die beiden Urteile Bezug genommen.

Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger unter Hinweis auf den Pensionsbeginn und das zum 1.1.2008 in Kraft getretene Unterhaltsrecht erneut Abänderung begehrt. Er hat geltend gemacht, die Beklagte könne mit ihrer vollschichtigen Tätigkeit den Unterhalt selbst nachhaltig sichern. Die Lebensverhältnisse der Parteien seien seit langem entflochten. Die Beklagte habe bei der Vermögensauseinandersetzung im Rahmen der Scheidung 68.000 DM erhalten und werde über den Versorgungsausgleich ab Bezug einer Altersrente monatlich 535,05 DM zusätzlich erhalten. Die Ehefrau des Klägers sei bedarfsprägend auch für den Unterhaltsanspruch des Beklagten. Im Übrigen sei die zweite Ehe zwischenzeitlich auch von langer Dauer, so dass die Beklagte und die Ehefrau des Klägers gleichrangig seien. Der Mietwert der vom Kläger bewohnten Wohnung betrage 5 EUR/qm.

Der Kläger hat beantragt, das Urteil des AG - Familiengerichts - Heidelberg vom 12.11.1996 - 35 F 59/96 bezüglich Ziff. 1 dahingehend abzuändern, dass der Kläger ab Dezember 2008 keinen Ehegattenunterhalt mehr an die Beklagte zu zahlen hat.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, einer Abänderung stehe der in § 36 EGZPO normierte Vertrauensgrundsatz entgegen. Die Rechtsprechung des BGH zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen überzeuge nicht. Von der Beklagten seien nur Veränderungen mitzutragen, die einen Bezug zu ihrer Ehe gehabt hätten. Unterhaltspflichten gegenüber dem neuen Ehegatten seien nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen treffe die zweite Ehefrau des Klägers eine Erwerbsobliegenheit. Der Wohnwert der Wohnung des Klä...

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