Leitsatz (amtlich)
Zur Feststellung arglistigen Handels bei falscher Schilderung des Schadenshergangs in der Haftpflichtversicherung.
Normenkette
VVG a.F. § 6; VVG n.F. § 28; BGB §§ 833-834
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 23.11.2012; Aktenzeichen 3 O 21/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Mannheim vom 23.11.2012 - 3 O 21/12 - im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt aus einer Jagd-Haftpflichtversicherung Deckungsschutz.
Zwischen den Parteien besteht mit Wirkung seit 1.4.2007 ein Jagd-Haftpflichtversicherungsvertrag, der ausweislich des Versicherungsscheins vom 17.1.2007 auch das "Halten von nicht geprüften Jagdhunden" umfasst. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB 2005) und die "Jagd-Bedingungen" zugrunde. Die im Versicherungsschein enthaltene Prämienberechnung führt als Berechnungsgrundlagen an: "1 Jagdhaftpflicht" und "1 Jagdhund". Nach Abschluss des Vertrages legte sich der Kläger einen weiteren ungeprüften Jagdhund zu und zeigte dies der Beklagten an.
Der Kläger meldete der Beklagten einen Schadensvorfall vom 4.12.2008 und benannte dabei Frau Silvia R als Geschädigte bzw. Anspruchstellerin.
Der Kläger hat - wie im Wesentlichen auch zuvor in der Schadenanzeige - in der Klageschrift behauptet, dass es am 4.12.2008 gegen 14:00 Uhr im Jagdrevier bei Sch zu einem Schadenereignis gekommen sei, das seine Hunde verursacht hätten. Nach Beendigung der Gesellschaftsjagd habe er seine beiden Hunde an der Leine geführt. Frau Sylvia R sei als Treiberin an der Gesellschaftsjagd beteiligt gewesen sei. Plötzlich hätten beide Hunde ein über die Wiese wechselndes Reh wahrgenommen und seien losgejagt. Aufgrund der Leine hätten sie dabei Frau R in einer Linksdrehung umgerissen, die sich dabei nicht unerhebliche Verletzungen - insbesondere einen Meniskusabriss und einen Bänderabriss - zugezogen habe, so dass sie mehrere Male habe operiert werden müssen. Wegen dieses Unfallereignisses mache Frau R nunmehr ein Schmerzensgeld i.H.v. EUR 10.000 zzgl. Kosten von EUR 324,22 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. EUR 775,64 gerichtlich gegen den Kläger geltend.
Während des Verfahrens erster Instanz korrigierte der Kläger schriftsätzlich sein Vorbringen dahingehend, dass sich der behauptete Schadensfall am 3.12.2008 (also nicht am 4.12.2008) ereignet und er seine beiden Hunde nach Beendigung der Jagd Frau R die Hunde übergeben habe. Die Schadensanzeige sei vom Versicherungsmakler ausgefüllt und vom Kläger lediglich unterzeichnet worden.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass eine etwaige Obliegenheitsverletzung für Umfang und Feststellung des Versicherungsfalls nicht relevant geworden sei.
Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von den Schadensersatzverpflichtungen gegenüber der Frau Sylvia R, anlässlich des Schadensfalles vom 4.12.2008 gegen 14:00 Uhr im Jagdrevier bei Sch freizustellen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und vorgetragen:
Der Kläger habe zuletzt einen völlig anderen Sachverhalt angegeben als in seiner Schadensanzeige und auch noch in der Klageschrift, so dass die Beklagte wegen vorsätzlich falscher Angaben des Klägers zum Hergang des angeblichen Vorfalls und damit wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung von einer Verpflichtung zur Leistung frei geworden sei.
Das LG hat mit Urteil vom 23.11.2012, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben. Nach persönlicher Anhörung des Klägers und Vernehmung der Zeugen R, St und Ri sei der geltend gemachte Anspruch zu bejahen. Die Beklagte sei auch nicht nach § 28 Abs. 2 VVG (bzw. § 6 Abs. 3 VVG a.F.) wegen einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung des Klägers von ihrer Leistungspflicht frei geworden. Zwar habe der Kläger in seiner Schadenanzeige vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat. Der Kausalitätsgegenbeweis sei geführt. Nach dem Vorbringen der Parteien und dem Ergebnis der Beweisaufnahme beziehe sich die Falschangabe und damit die fragliche Obliegenheitsverletzung des Klägers lediglich auf die Frage, ob der Kläger selbst oder Frau R die Hunde beim Schadensereignis selbst an der Leine gehalten habe. Dieser Unterschied habe jedoch keinen Einfluss auf die Leistungspflicht der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag; nach beiden Geschehensvarianten wäre sie zur Leistung verpflichtet gewesen. Damit hätte eine solche Obliegenheitsverletzung jedenfalls keinen nachteiligen Einfluss auf die Belange der Beklagten gehabt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese weiterhin die Abweisung der Klage verfolgt. Der Kläger habe nicht nur vorsätzlich, sondern arglistig gehandelt. Die falschen Angaben hätten durchaus Einfluss auf die Leistungspflicht der Beklagten gehabt. Die b...