Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Verjährung eines Bereicherungsanspruchs nach Einlegung eines Widerspruchs gegen einen Lebensversicherungsvertrag.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 19.08.2016; Aktenzeichen 8 O 13/16) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 19.08.2016 - 8 O 13/16 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des LG Karlsruhe ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Zahlungen aus der Rückabwicklung einer Rentenversicherung.
Im Jahr 1999 schloss die Klägerin bei der Beklagten einen Rentenversicherungsvertrag ab. Zum 31.01.2004 sollte planmäßig die Beitragszahlungspflicht enden. Als Rentenbeginn war der 01.02.2011 vereinbart. Im Jahr 2007 erklärte die Klägerin die Kündigung. Daraufhin rechnete die Beklagte das Vertragsverhältnis ab und überwies einen Gesamtbetrag von 32.429,99 EUR an die Klägerin.
Mit Formularschreiben vom 28.05.2010 erklärte die Klägerin in Person "den Widerspruch, den Widerruf bzw. die Anfechtung des Versicherungsvertrages".
Mit Schreiben vom 15.10.2015 erklärte der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin den "Widerspruch/Rücktritt/Widerruf" und "hilfsweise die Kündigung" des Versicherungsvertrages.
Die Klägerin macht Ansprüche auf von der Beklagten aus den Prämienzahlungen gezogene und über den bereits ausgezahlten Betrag hinausgehende Nutzungen geltend.
Sie hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
1) 11.036,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 11.12.2015 und
2) weitere 958,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe kein weiter gehender Anspruch zu. Ferner hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
Das LG hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge unverändert weiterverfolgt.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Feststellungen des LG sowie die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die Berufung ist insgesamt zulässig. Das gilt - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch hinsichtlich der mit dem Klagantrag zu 2. geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten. Insoweit fehlt es nicht bereits an einer eigener Berufungsbegründung. Die betroffene Nebenforderung ist von der Hauptforderung abhängig. Dementsprechend ist auch das LG, das die Hauptforderung insgesamt verneint hat, in den Entscheidungsgründen nicht mehr gesondert auf die Nebenforderungen eingegangen. Der Berufungsangriff hinsichtlich der Hauptforderung reicht damit als zulässige Berufungsbegründung auch hinsichtlich der Nebenforderung aus.
III. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG etwaige Rückabwicklungsansprüche als verjährt angesehen.
1. Mit dem LG geht auch der Senat davon aus, dass ursprünglich ein weiter gehender bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 BGB in Betracht kam. Der Vertragsschluss erfolgte, da bei Antragstellung die erforderlichen Informationen nicht vollständig vorlagen, nicht im Antrags-, sondern im Policenmodell (§ 5a VVG a.F.; vgl. BGH RuS 2015, 539). Insoweit fehlt es an einer Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F.
2. Dahinstehen kann die Aktivlegitimation der Klägerin, die etwaige Ansprüche ausweislich der "Widerrufserklärung und Abtretungsanzeige" vom 28.05.2010 (Anl. B8) an die proConcept AG abgetreten hat und danach ausdrücklich nicht mehr zur Entgegennahme von Zahlungen berechtigt sein soll.
3. Denn jedenfalls ist ein etwaiger Zahlungsanspruch verjährt, § 214 Abs. 1 BGB.
a) Bereicherungsrechtliche Ansprüche verjähren gemäß § 195 BGB in drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Entstanden ist ein Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Voraussetzung dafür ist grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs, die dem Gläubiger die Möglichkeit der Leistungsklage verschafft (BGH VersR 2015, 700). Im Fall des Widerspruchs gemäß § 5a VVG a.F. entst...