Leitsatz (amtlich)
Wer auf dem Herd Öl erhitzt und die Küche lediglich für eine kurze Handreichung verlässt, handelt noch nicht grob fahrlässig.
Der analog § 59 Abs. 2 VVG a.F. (§ 78 Abs. 2 VVG) vorzunehmende Ausgleich zwischen dem Sachversicherer des Geschädigten und dem Haftpflichtversicherer des durch einen Regressverzicht begünstigten Schädigers bemisst sich allein nach dem Verhältnis der Leistungspflichten bezüglich des deckungsgleichen Schadens.
Der Ausgleichsanspruch verjährt nach Maßgabe von § 195 BGB.
Normenkette
VVG a.F. § 59 Abs. 2; VVG § 78 Abs. 2; BGB §§ 195, 276
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 29.06.2007; Aktenzeichen 8 O 634/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 29.6.2007 - 8 O 634/06 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.448,32 EUR nebst Zinsen p.a. hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 4.1.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 15 % und die Beklagte 85 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 59 Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. geltend.
Zwischen der Klägerin und den Eigentümern des Anwesens ... in W besteht ein Gebäudeversicherungsvertrag zum gleitenden Neuwert. In diesem Anwesen verursachte ein Mieter, der bei der Beklagten haftpflichtversichert ist und im Rahmen des bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrages Deckungsschutz auch für Mietsachschäden beanspruchen kann, am 25.12.2003 in der von ihm bewohnten Wohnung einen Brandschaden. Der Beklagten meldete er diesen Schaden wie folgt:
"Am o.g. Schadentag hatte ich Fett in einem Fondue-Topf auf dem Herd erhitzt. Währenddessen habe ich mit meinem Vater telefoniert, wobei ich das Fett ständig beobachtete. Als ich mich im Wohnzimmer befand, um den Hörer an meine Freundin weiter zu geben (dabei ließ ich den Topf für ca. 2 Minuten unbeobachtet), hörten wir einen Knall und sahen sofort Rauch in das Wohnzimmer dringen. Meine Freundin alarmierte die Feuerwehr, während ich versuchte, das entstandene Feuer in der Küche zu löschen. Dies gelang mir erst mit dem Pulverlöscher meines Vermieters."
Die Klägerin hat den durch den Brand den Eigentümern am Gebäude entstandenen Schaden i.H.v. 17.219,72 EUR zum Neuwert reguliert. Darüber hinaus leistete die Klägerin an die Eigentümer einen weiteren Betrag von 820 EUR für Eigenleistungen, Reinigung und Wertminderung. Der von der Klägerin an die Eigentümer ausgekehrte Betrag beläuft sich somit auf 18.039,72 EUR.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, ihr stehe ein Ausgleichsanspruch nach § 59 Abs. 2 VVG analog zu. Der Zeitwertschaden belaufe sich - unter Zugrundelegung eines pauschalen Abschlags von 24 % auf den Neuwert bei allen beschädigten Gegenständen, obwohl ein derartiger Abzug nicht für alle Positionen in Betracht komme und es sich weitgehend um langlebige Güter handele - auf mindestens 13.906,98 EUR. Anhand der anerkannten Berechnungsformel
Eigene Entschädigungspflicht im Außenverhältnis × Gesamtschaden
Summe der einzelnen Entschädigungspflichten im Außenverhältnis
belaufe sich der Ausgleichsanspruch auf
13.906,98 EUR × 18.039,72 EUR
31.946,70 EUR = 7.853,01 EUR.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.853,01 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat in erster Instanz vorgetragen, der geltend gemachte Anspruch bestehe nicht. Es sei bereits zu bezweifeln, ob die analoge Anwendung des § 59 Abs. 2 VVG a.F. hier korrekt sei. Außerdem sei der Brandschaden nicht schuldhaft vom Mieter verursacht worden, weil die Entzündung des Fetts in nur zwei Minuten nicht vorhersehbar und damit nicht vermeidbar gewesen sei. Damit bestehe keine Einstandspflicht der Beklagten, sodass ein Ausgleichsanspruch ausscheide. Darüber hinaus sei der Zeitwertschaden wesentlich geringer anzusetzen, als die Klägerin dies getan habe. Bei den Türen, dem Boden, den Fliesen und der Elektroeinrichtung müsse in Anbetracht ihres Alters von 18 Jahren zum Zeitpunkt des Schadenseintritts ein Abzug von mindestens 60 % bis 80 % vorgenommen werden; die Tapeten seien praktisch wertlos gewesen. Schließlich sei der Anspruch bereits verjährt.
Das LG, dessen Urteil in r+s 2007, 379 ff. veröffentlicht ist, hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Der Klägerin stehe ein Ausgleichsanspruch ...