Leitsatz (amtlich)
1. Zur Ermittlung und Berechnung der Nutzungsvorteile des Käufers bei Wandlung eines Neuwagenkaufs (§ 347 S. 2 BGB a.F. i.V.m. §§ 987, 100 BGB)
Hier: Dieselfahrzeug der gehobenen Mittelklasse – Audi A 6 Quattro TDI 2,5l V 6 Tiptronik- 0,4 % des Bruttokaufpreises pro angefangene 1.000 km.
2. Tenorierung der Gebrauchsvorteilsanrechnung
Normenkette
BGB §§ 100, 347 S. 2; BGB a.F. § 462 a.F., § 465 a.F., § 467 a.F., § 987
Verfahrensgang
LG Offenburg (Aktenzeichen 2 0 364/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Offenburg vom 2.8.2001 (2 0 364/00) unter Aufrechterhaltung seiner Kostenentscheidung wie folgt abgeändert:
a) Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW Audi A 6 Quattro TDI 2,5l V 6, amtl. Kennzeichen …, Fahrgestellnummer …, an den Kläger Euro 42.155,52 abzüglich eines Betrages, der sich wie folgt errechnet – 0,169 × Kilometer gem. Tachostand im Zeitpunkt der Rückgabe nebst 4 % Zinsen aus dem gem. vorstehender Berechnung sich ergebenden Betrag seit dem 25.8.2000 zu zahlen.
b) Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 25.8.2000 mit der Rücknahme des unter Ziffer 1 bezeichneten Fahrzeuges in Verzug befindet.
c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 23 % und die Beklagte 77 % zu tragen.
4. …
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger kaufte bei dem beklagten Autohaus, einer Audi-Werksvertretung, einen am 21.9.1999 übergebenen und gleichzeitig bezahlten Neuwagen Audi A 6 Quattro V 6 TDI 2,5l Tiptronik Automatik, zum Preise von 82.449,04 DM (= 42.155,52 Euro). Die Klage geht auf Wandelung dieses Kaufvertrages.
Der Kläger hat in erster Instanz behauptet, das Fahrzeug weise verschiedene gravierende Mängel auf, die trotz mehrerer Nachbesserungsversuche der Beklagten am 16.12.1999, 10.2.2000 und 10.7.2000 nicht beseitigt worden seien, bzw. gar nicht behebbar wären. So sei das Automatikgetriebe defekt, denn es weise ein Summen beim Gangwechsel in den unteren drei Gängen auf. Die Klimaautomatik funktioniere nicht, der Kraftstoffverbrauch sei zu hoch und das Fahrzeug verliere Öl. Die mit Schreiben vom 10.8.2000 (K 8–I 33) erklärte Wandelung sei deshalb begründet. Wegen erfolgter Nutzung sei vom zu erstattenden Kaufpreis für zurückgelegte 31.000 km ein Abzug von DM 17.124,40 vorzunehmen (0,67 % des Kaufpreises für 1.000 km).
Der Kläger hat so vor dem LG beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 65.324,64 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 25.8.2000 Zug um Zug gegen Rückübereignung des Pkw Audi A 6 mit dem amtlichen Kennzeichen … (Fahrgestellnummer: …) zu bezahlen.
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs in Verzug befindet.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, das Fahrzeug habe keine Mängel. Das Summen beim Gangwechsel sei am 10.2.2000 beseitigt worden. Die Klimaanlage sei in Ordnung, der Dieselverbrauch normal und ein Ölverlust werde bestritten.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf die Feststellungen des LG im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§§ 543 Abs. 1 ZPO a.F.; 540 Abs. 1 ZPO).
Das LG hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme (Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dipl. Ing. G.H. vom 28.5.2001 mit mündlicher Erläuterung und Vernehmung eines Zeugen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten und den Inhalt des Protokolls vom 19.7.2001 Bezug genommen) der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass jedenfalls die Klimaanlage nicht ordnungsgemäß funktioniere.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Beklagten, die geltend macht, die festzustellende Funktion der Klimaanlage sei bauartbedingt und deshalb nicht mangelhaft. I.Ü. stelle sich das Gutachten in diesem Punkt als widersprüchlich dar. Ein Fehler sei während der Garantiezeit nicht festgestellt worden, ein nunmehr erhobenes Wandlungsbegehren somit verfristet. Abgesehen davon bestehe nach wie vor ein vorrangiges Nachbesserungsrecht, irgendein Versuch, einen Fehler der Klimaanlage zu beseitigen, sei bisher nämlich nicht fehlgeschlagen. Schließlich sei der zwischenzeitlich eingetretene Wertverlust höher als 0,67 % je 1.000 km, und das LG habe missachtet, dass der Kläger mit dem Fahrzeug wesentlich mehr als 31.000 km zurückgelegt habe.
Die Beklagte beantragt, auf die Berufung das Urteil des LG Offenburg vom 2.8.2001 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das landgerichtliche Urteil für richtig und ergänzt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vort...