Leitsatz (amtlich)
Der Nachweis einer Arglist bei objektiv unvollständigen Angaben im Antragsformular kann sich auch aus der Auswahl der angegebenen und verschwiegenen Tatsachen ergeben.
Normenkette
BGB § 123; VVG § 22
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 28.09.2004; Aktenzeichen 1 O 83/04) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Mannheim vom 28.9.2004 - 1 O 83/04 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht Leistungen aus einer Rentenversicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit geltend und begehrt weiter die Feststellung, dass der Versicherungsvertrag über eine Lebensversicherung mit der Beklagten fortbesteht und weder durch Rücktritt noch Anfechtung beendet worden ist.
Die Parteien vereinbarten am 22.10.2002 eine Rentenversicherung für den Fall der Berufungsunfähigkeit (Leistung ab einem Grad der Berufsunfähigkeit von 50 %), eine Kapitallebensversicherung auf den Todesfall und eine Versicherung, die eine Beitragsbefreiung in der Lebensversicherung ab einem Grad der Berufungsunfähigkeit von 50 % vorsah.
Die Klägerin hatte zunächst am 15.8.2002 per Internet einen Versicherungsantrag an die Beklagte gestellt. Einen weiteren Versicherungsantrag füllte sie am 16.9.2002 (Anlage K 3) aus. Hierin hat die Klägerin die Frage Nr. 4: "Fanden in den letzten 5 Jahren ambulante Behandlungen, Beratungen oder Untersuchungen durch Heilbehandler (Ärzte, Heilpraktiker, Psychologen) statt", bei der Grund, Bedingung und Dauer der Behandlung sowie der Name und die Anschrift des behandelnden Arztes und die Ausheilung anzugeben waren, wie folgt beantwortet: "Verspannung im Nackenbereich, Beginn 1.7.2001, Dauer 5 Wochen, Frau C.L., ausgeheilt seit 1.7.2002". Weiter hat die Klägerin der Frage 4 eine Anlage (Anlage K 5) über verschiedene Arztbesuche in den Jahren 2001 und 2002 angefügt und als Grund der Behandlung u.a. Vorsorgeuntersuchungen angegeben. Zusätzlich hat die Klägerin am 26.9.2002 erklärt (Anlage K 7): "Es ergaben sich keine Befunde. Die Untersuchungen waren reine Vorsorgeuntersuchungen". Nicht angegeben hat die Klägerin Untersuchungen/Behandlungen durch folgende Ärzte: Dr. Ha. (Internist), Dr. Li. (Hausarzt), Prof. Dr. Kr. (Neurologe), Frau Sch. (Hausärztin, Nachfolgerin von Dr. Li.) und Dr. He. (Orthopäde).
Bei Dr. Ha. ließ die Klägerin am 26.6.2001 einen eintägigen Gesundheits-Check durchführen, bei dem eine leichte Aortenklappeninsuffizienz festgestellt wurde. Es wurde ein Endokarditis-Pass ausgestellt sowie jährliche Verlaufskontrollen empfohlen. Ob der Klägerin zur Blutverdünnung die Einnahme von ASS-100 mg/Tag verordnet worden ist, ist im Berufungsverfahren streitig. Außerdem wurden bei der Klägerin 5 Injektionsbehandlungen durchgeführt (Anlage B 7).
Bei Dr. Li. wurde der Klägerin wegen eines erhöhten Colesterinwertes von 300 mg % am 30.12.1999 Sitolande verordnet (Anlage B 9).
Die Behandlung durch Prof. Dr. Kr., (9. u. 18.1.2001) erfolgte anlässlich eines Autounfalls und hierdurch hervorgerufener Angstzustände. Die Diagnose lautete psychische Belastungssituation mit phobischer Reaktionsweise. Weiter befand sich die Klägerin vom 1.10. bis 3.12.2001 bei Frau Sch. in Behandlung. Ebenso in der Zeit vom 30.8.2002 bis 3.9.2002. Am 31.7.2000 diagnostizierte Dr. He. eine Konvergenzstörung sowie ein chronisch rezidivierendes Cervicobrachialsyndrom.
Die Frage im Versicherungsantrag, ob für die zu versichernde Person früher oder gleichzeitig eine Lebensversicherung gestellt wurde, beantwortete die Klägerin dahin, dass seit 1.2.1996 bei der C.-Versicherung eine solche bestehe. Den am 3.9.2002 bei der H.-Lebensversicherung AG gestellten Versicherungsantrag gab sie nicht an.
Am 7.10.2002 stürzte die Klägerin auf ihrer Arbeitsstätte eine Treppe hinunter und zog sich hierbei eine geschlossene Felsbeinfraktur rechts, ein Schädelhirntrauma Grad 2, eine Fallschwerhörigkeit, Kopfschmerzen und Schwindel zu. Die Klägerin ist seit dem durchgehend arbeitsunfähig krank gewesen.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 8.3.2004 (Anlage K 11) die geltend gemachten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ab und erklärte den Rücktritt vom Versicherungsvertrag wegen falscher Angaben bei den Gesundheitsfragen. Mit Schreiben vom 7.6.2004 focht die Klägerin den Versicherungsvertrag darüber hinaus wegen arglistiger Täuschung an.
Das LG, auf dessen Urteil wegen der weiteren Feststellung Bezug genommen wird, hat die Klage insgesamt abgewiesen und ausgeführt, die Beklagte sei auf Grund falscher Angaben im Versicherungsantrag zu den Arztbesuchen berechtigt gewesen, den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Die Klägerin habe nicht n...