Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz. Ausschlagung der Erbschaft durch Ehepartner

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vermächtnisanordnung bedeutet, auch wenn sie eine Begünstigung des Stammes der Ehefrau darstellt, eine nachträgliche Beschränkung der Erbeinsetzung der Ehefrau und damit einen teilweisen Widerruf der wechselbezüglichen Verfügung im gemeinschaftlichen Testament. Selbst wenn die neue Verfügung von Todes wegen mit Zustimmung der Ehefrau erfolgt sein sollte, greift die Unwirksamkeitsfolge des § 2271 Abs. 1 Satz 2 BGB ein.

2. An dieser Rechtsfolge ändert auch die Ausschlagung des überlebenden Ehegatten nichts. Dadurch wird die Verfügung von Todes wegen, die der Erblasser ohne wirksamen förmlichen Widerruf (§ 2296 Abs. 2 BGB) getroffen hat, entgegen der vom Landgericht und von den Parteien im ersten Rechtszug noch übereinstimmend vertretenen Auffassung, nicht nachträglich wirksam.

3. Die Bestimmung des §§ 2271 Abs. 2 Satz 1 2. HS. BGB gewährt dem Überlebenden bei Ausschlagung des Zugewendeten nur die Befugnis, seine eigene Verfügung von Todes wegen aufzuheben, gibt ihm jedoch nicht die Möglichkeit, eine unwirksame Verfügung des Vorverstorbenen nachträglich noch wirksam werden zu lassen.

 

Normenkette

BGB §§ 2271, 2296

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 13.06.1996; Aktenzeichen 12 O 669/95)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juni 1996 – 12 O 669/95 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Klägerin zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 23.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Sicherheitsleistungen können jeweils durch Bankbürgschaft erbracht werden.

4. Die Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000,00 DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten als Miterben wegen Nichterfüllung eines Vermächtnisses in Anspruch.

Der am 10.04.1902 geborene, kinderlose und in zweiter Ehe mit M. S. geborene … geboren am 09.01.1909, verheiratete und am 11.06.1992 verstorbene Erblasser A. S. wurde im Wege der gesetzlichen Erbfolge von seinen Nichten G. S. (Beklagte 1) sowie der nichtverklagten in den USA wohnhaften E. B., geborene S. und anstelle des vorverstorbenen Neffen R. S. von dessen Abkömmlingen (Beklagte 2 und 3) beerbt. Zum Nachlaß gehörte unter anderem das hälftige Miteigentum an dem ehegemeinsamen Hausgrundstück W.-straße … in B., eingetragen im Grundbuch von B., Flurstück-Nr. …

Die Eheleute S. errichteten am 23.02.1954 ein gemeinschaftliches Testament vor dem Notar, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten (Nachlaßakte Notariat Bretten GRN …, AS. 27-29). Im Nachgang hierzu bestimmten die Eheleute in dem privatschriftlichen gemeinschaftlichen Testament vom 21.11.1958, daß nach dem Tode des überlebenden Ehegatten die eine Hälfte des Nachlasses an den Stamm S. und die andere Hälfte an den Stamm H., nämlich an die „in der Firma Gebrüder H., B. als Gesellschafter und Mitinhaber verbliebenen Geschwister” fallen solle (Nachlaßakte AS. 31).

In der Folgezeit traf der Erblasser noch drei weitere Verfügungen, sämtlich privatschriftlicher Natur, ohne die Mitwirkung seiner Ehefrau.

Zunächst ordnete er mit Verfügung vom 18.11.1964 unter Bezugnahme auf die Verfügung der Eheleute vom 21.11.1958 an, daß nach dem Tode des letztlebenden Ehegatten das Anwesen W. straße … an „Angehörige, möglichst direkte Nachkommen der Familie F. H.” (Schwiegervater des Erblassers) gehen solle.

Im Testament vom 19.11.1979 knüpfte der Erblasser zunächst an die gemeinschaftlichen Testamente vom 23.02.1954 und vom 21.11.1958 an und traf dann folgende Verfügung:

„IV. Weiterhin bestimme ich hiermit, daß nach meinem Tod als Vorab mein Anteil mit der Hälfte am Anwesen B.-W. straße … Flurstück-Nr. … im Erbgang zu gleichen Teilen übergehen soll an die Enkel des am 05. April 1958 verstorbenen Fabrikanten F. H.

  1. Frau T. M., geborene
  2. Herrn Diplom-Ingenieur M. H.

Dabei gilt meine Frau T. S. als Vorerbe und die beiden oben Genannten als Nacherben mit der Maßgabe, daß der benannte Nachlaß nach dem Tod des Vorerben oder bei vorzeitiger Aufgabe des Objekts dieses an die Nacherben fällt. Bis dahin erhält meine Ehefrau T. S. den Niesbrauch am Nachlaß.

Damit ist der Forderung meines Schwagers Diplom-Ingenieur T. H. – Senior der Fam. F. H. – genüge getan, daß mein Anteil mit der Hälfte am Anwesen B.-W. straße … nach meinem Ableben an direkte Nachkommen (hier die Enkel) des F. H. geboren 13. Okt. 1881, fallen muß, wie dies im Nachtrag zum Testament vom 21. Nov. 1958 festgelegt ist.” (vgl. Nachlaßakten AS. 35/37).

In dem Testament vom 19.11.1979 folgen sodann noch Regelungen für die Erbfolge nach dem Tode des Letztlebenden bezüglich Erbauseinandersetzung und Testamentsvollstreckung.

In dem von ihm so bezeichneten Nachtrag zum Testament vom 19.11.1979 vom 08.05.1984 ordnete der Erblasser an, daß der für den am ...

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