Leitsatz (amtlich)
1. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung in Patentverletzungsverfahren ist, dass die Beurteilung der Verletzungsfrage im Einzelfall keine Schwierigkeiten macht und dass sich keine durchgreifenden Zweifel an der Schutzfähigkeit des Klageschutzrechts aufdrängen. Mit Schwierigkeiten ist die Beurteilung der Verletzungsfrage nicht erst dann verbunden, wenn sie im Hauptsacheverfahren nicht ohne Heranziehung eines Sachverständigen beantwortet werden könnte. Ergänzend ist eine Bewertung und Abwägung der Interessen der Parteien vorzunehmen.
2. Gesichtspunkte, die gegen das Vorliegen eines Verfügungsgrundes sprechen, können sich aus Verhandlungen über den Abschluss eines Lizenzvertrags ergeben sowie daraus, dass im parallel geführten Hauptsacheverfahren demnächst ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattfinden wird.
Normenkette
ZPO §§ 533, 935, 940; UWG § 12 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Mannheim (Entscheidung vom 27.03.2009; Aktenzeichen 7 O 29/09) |
Tenor
1. Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 27. Februar 2009 - 7 O 29/09 - wird zurückgewiesen.
2. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Patentverletzung.
Die Verfügungsklägerin ist weltweit im Bereich der Unterhaltungselektronik tätig. Sie ist Inhaberin des Europäischen Patents xxx (im Folgenden: Klagepatent). Zu den benannten Vertragsstaaten gehört Deutschland. Das Schutzrecht ist in Kraft. Die Verfügungsbeklagte hat am 15.06.2009 gegen das Klagepatent Einspruch eingelegt.
Das Klagepatent betrifft eine Anzeigevorrichtung mit vertikal ausgerichtetem Flüssigkristall. Die Ansprüche 1 und 3 lauten wie folgt:
1. Eine Flüssigkristallanzeigevorrichtung des vertikalen Ausrichtungs-(VA)-Modus mit einer Vielzahl von Pixel, die Vorrichtung umfassend:
erste und zweite Substrate (16, 17); und eine Flüssigkristallschicht, die zwischen den ersten und den zweiten Substraten (16, 17) platziert ist; wobei das erste Substrat (16) zumindest eine erste Struktur (20A-1) und eine zweite Struktur (20A-2) aufweist, um die Ausrichtung der Flüssigkristalle zu kontrollieren; und das zweite Substrat (17) weist zumindest eine dritte Struktur (20B-3) und eine vierte Struktur (20B-4) auf, um die Ausrichtung der Flüssigkristalle zu kontrollieren; dadurch gekennzeichnet, dass
(a) sich in einem Pixel die erste Struktur (20A-1) und die zweite Struktur (20A-2) linear in unterschiedliche Richtungen zueinander erstrecken;
(b) sich in dem Pixel die dritte Struktur (20B-3) im Wesentlichen parallel zu der ersten Struktur (20A-1) erstreckt und sich in dem Pixel die vierte Struktur (20B-4) im Wesentlichen parallel zu der zweiten Struktur (20A-2) erstreckt;
(c) sich die erste Struktur (20A-1), die zweite Struktur (20A-2), die dritte Struktur (20B-3) und die vierte Struktur (20B-4) in Richtungen erstrecken, die von der Richtung verschieden sind, in der sich ein Rand des Pixels erstreckt; und
(d) das erste Substrat (16) ferner mindestens eine Struktur (52) für die Kontrolle der Ausrichtung von Flüssigkristallen aufweist, die im Wesentlichen parallel zu dem Rand des Pixels verläuft.
2. ...
3. Die Flüssigkristallanzeigevorrichtung des vertikalen Ausrichtungs-(VA)-Modus nach Anspruch 1 oder 2, worin die Struktur (52), die im Wesentlichen parallel zu dem Rand des Pixels verläuft, in der Nähe des Randes einer Zellelektrode ausgebildet ist.
Wegen des weiteren Inhalts der Patentschrift wird auf die deutsche Übersetzung in Anlage ASt 1a und die englische Originalfassung in Anlage ASt 1 Bezug genommen.
Die Verfügungsbeklagte importiert und vertreibt in Deutschland unter anderem folgende Typen von LCD-Fernsehern:
1. bereits in erster Instanz angegriffene Ausführungsformen:
a)xxx
b) xxx
2. in zweiter Instanz zusätzlich angegriffene Ausführungsform: xxx
Die Ausführungsform 1a wird seit Mitte März 2009, die Ausführungsform 1b seit Ende Januar 2009 nicht mehr von der Verfügungsbeklagten ausgeliefert. Beide Ausführungsformen sind noch als Auslaufmodell im Handel erhältlich. Die Ausführungsform 2 wird von der Verfügungsbeklagten seit Ende März 2009 vertrieben.
Die Parteien sowie die Muttergesellschaft der Verfügungsbeklagten führen in mehreren Staaten patentrechtliche Auseinandersetzungen um die Verletzung von mehreren Patenten für Flüssigkristallanzeigen. Unter anderem ist eine Klage beim Landgericht Mannheim anhängig, mit der sich die Verfügungsklägerin unter anderem auf der Grundlage des Klagepatents gegen die Ausführungsformen 1a und 1b wendet. Vorgerichtlich und parallel zu den Verfahren wurden und werden Verhandlungen über eine Kreuzlizenzvereinbarung geführt.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Verfügungsklägerin, mit der sie ihr Begehren auf die Kombination der Anspr...