Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruchsübergang nach § 119 SGB X im Falle einer nach dem Schadensereignis eingetretenen Versicherungspflicht.
Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Urteil vom 09.04.2014; Aktenzeichen 3 O 21/13) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Baden-Baden vom 9.4.2014 - 3 O 21/13, wie folgt abgeändert:
- Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 5.340,89 für entgangene Rentenversicherungsbeiträge des Jahres 2010 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.2.2013 zu zahlen.
- Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin im Rahmen der Übergangsfähigkeit nach § 116 SGB X die schadensbedingten Aufwendungen zu erstatten, die diese zukünftig an den Versicherten S. O. auch aufgrund neuer Gesetze, längstens bis zum 31.12.2054 (Erreichen der Altersgrenze am 1.1.2055 für besonders langjährig Versicherte, die am 1.1.1990 geboren sind, vgl. § 38 SGB VI) zu erbringen hat.
- Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die weiteren unfallbedingten Ausfälle der Beitragsleistungen ab 1.1.2011 an die Rentenversicherung, die vom mutmaßlichen Bruttoverdienst des Versicherten S. O., auch aufgrund neuer Gesetze abzuführen wären, durch Zahlung an die Klägerin im Sinne des Beitragsregresses nach § 119 SGB X, längstens bis zum 31.12.2054 (Erreichen der Altersgrenze am 1.1.2055 für besonders langjährig Versicherte, die am 1.1.1990 geboren sind, vgl. § 38 SGB VI) zu ersetzen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Das Urteil und das angefochtene Urteil, soweit es aufrechterhalten wurde, sind vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der klagende Rentenversicherungsträger macht übergegangene Schadensersatzansprüche in Form ausgefallener Rentenversicherungsbeiträge nach einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung geltend.
Der beklagte Kreis haftet dem Grunde nach als Krankenhausträger für den auf einem ärztlichen Versäumnis beruhenden Hirnschaden des S. O., den dieser im Zusammenhang mit seiner Geburt am 1.1.1990 erlitt.
S. O. nahm in den Jahren 2008 und 2009 in streitigem Umfang an einer Berufsbildungsmaßnahme in der Werkstatt der Lebenshilfe in S. teil. Sie endete am 15.9.2009 vorzeitig, weil S. O. nicht werkstattfähig war.
Die Parteien haben erstinstanzlich darüber gestritten, ob und für welchen Zeitraum Pflichtversicherungsbeiträge bezahlt wurden und ob für den Erwerbsschaden unterstellt werden kann, dass S. O. ohne die Schädigung im Februar 2010 eine Ausbildung als Mechatroniker abgeschlossen und mit einem Jahreseinkommen von EUR 29.821,50 bei den Firmen LUK oder Bosch in Bühl eine Anstellung gefunden hätte, mit der Folge, dass bei einem Beitragssatz von 19,9 % für das Jahr 2010 Rentenversicherungsbeiträge von EUR 5.934,48 hätten bezahlt werden müssen.
Das LG, auf dessen Urteil gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO verwiesen wird, hat antragsgemäß wie folgt erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 5.934,48 für entgangene Rentenversicherungsbeiträge des Jahres 2010 nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 12.2.2013 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin im Rahmen der Übergangsfähigkeit nach § 116 SGB X die schadensbedingten Aufwendungen zu erstatten, die diese zukünftig an den Versicherten S. O. auch aufgrund neuer Gesetze, längstens bis zum 31.12.2056 (Erreichen der Regelaltersgrenze am 1.1.2057 für Versicherte, die am 1.1.1990 geboren sind, vgl. § 35 SGB VI) zu erbringen hat.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die weiteren unfallbedingten Ausfälle der Beitragsleistungen ab 1.1.2011 an die Rentenversicherung, die vom mutmaßlichen Bruttoverdienst des Versicherten S. O. auch aufgrund neuer Gesetze abzuführen wären, durch Zahlung an die Klägerin im Sinne des Beitragsregresses nach § 119 SGB X, längstens bis zum 31.12.2056 (Erreichen der Regelaltersgrenze am 1.1.2057) zu bezahlen.
Das LG ist dabei davon ausgegangen, dass ein Forderungsübergang nach § 119 SGB X (Fassung ab 1.1.2001) stattfand, weil S. O. in der Zeit vom 1.9.2008 bis 14.9.2009 pflichtversichert gewesen sei und Rentenversicherungsbeiträge für ihn bezahlt worden seien. Als Bemessungsgrundlage für die im Jahr 2010 geschuldeten Beträge sei zu unterstellen, dass S. O. eine Ausbildung als Mechatroniker bis Februar 2010 absolviert und danach bei der Firma LUK in Bühl zu arbeiten begonnen hätte. Von dem dort fiktiv erzielten Arbeitseinkommen sei kein Abschlag für ein Arbeitsplatzrisiko wegen der günstigen Wirtscha...