Leitsatz (amtlich)

Die Werbung eines Lohnsteuerhilfevereins ist irreführend, wenn Text und Gestaltung einer Zeitungsanzeige den unzutreffenden Eindruck vermitteln, der Lohnsteuerhilfeverein biete Arbeitnehmern in jedem Fall (über den Bereich von § 4 Nr. 11 StBerG hinaus) Beratung und Hilfe bei der Anfertigung von Steuererklärungen an. Eine solche Irreführung kann beispielsweise in Betracht kommen, wenn mit einem "Steuererklärungs-Service" geworben wird.

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 03.11.2006; Aktenzeichen 12 O 79/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des LG Freiburg vom 3.11.2006 - 12 O 79/06 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Dem Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Vorstandsvorsitzenden, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, untersagt, im geschäftlichen Verkehr Betreuung bei der Steuererklärung für Arbeitnehmer anzubieten, wie dies in der Zeitung ... General-Anzeiger vom 15.7.2006 oder in der Zeitung ... Anzeiger vom 3.8.2006 erfolgt ist.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 215,65 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.8.2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Beide Parteien sind anerkannte Lohnsteuerhilfevereine, die Beratungsstellen im gesamten Bundesgebiet unterhalten. Im ... General-Anzeiger vom 15.7.2006 und im ... Anzeiger vom 3.8.2006 warb der Beklagte mit folgender Anzeige:

Der Kläger beanstandet die Werbung des Beklagten. Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des LG verwiesen.

Das LG hat den Beklagten antragsgemäß wie folgt verurteilt:

Dem Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an dem Vorstandsvorsitzenden, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, untersagt, im geschäftlichen Verkehr Betreuung bei der Steuererklärung für Arbeitnehmer anzubieten, ohne auf die gesetzliche Einschränkung der Beratungsbefugnis von Lohnsteuerhilfevereinen nach § 4 Nr. 11 StBerG hinzuweisen, insbesondere ohne darauf hinzuweisen, dass die Hilfeleistung in Steuersachen nur erfolgen darf, wenn die Mitglieder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sonstige Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen oder Unterhaltsleistungen oder Einkünfte aus Leistungen nach § 22 Nr. 5 EStG erzielen, keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit erzielen, es sei denn, dass die den Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen nach § 3 Nr. 12 oder nach Nr. 26 EStG in voller Höhe steuerfrei sind oder die Einnahmen aus anderen Einkunftsarten insgesamt die Höhe von 9.000 EUR, im Falle der Zusammenveranlagung von 18.000 EUR, nicht übersteigen, wie dies in der Zeitung "... General-Anzeiger" vom 15.7.2006 oder in der Zeitung "... Anzeiger" vom 3.8.2006 erfolgt ist.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 215,65 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 4.8.2006 zu bezahlen.

Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die Werbung des Beklagten in den vom Kläger beanstandeten Zeitungsanzeigen sei irreführend. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher nehme bei den Werbeanzeigen der Beklagten aufgrund der Bezeichnungen "Steuererklärung" und "Steuererklärungs-Service" an, dass der Beklagte Steuererklärungen ohne jegliche Einschränkungen anfertigen dürfe, obwohl dies gem. § 4 Nr. 11 StBerG nicht der Fall sei. Die Verwendung des Begriffs "Lohnsteuerhilfeverein" bringe die begrenzte Beratungsbefugnis des Beklagten nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck. Aus den Anzeigen des Beklagten gehe nicht hervor, dass eine Hilfestellung nur bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gewährt werde. Die beanstandeten Anzeigen seien daher ohne Hinweis auf die nach § 4 Nr. 11 StBerG eingeschränkte Beratungsbefugnis irreführend. Der Beklagte sei im Übrigen auch verpflichtet, die dem Kläger entstandenen vorgerichtlichen Abmahnkosten zu erstatten. Die vom Kläger geltend gemachten Kosten hat das LG allerdings nur teilweise zugesprochen, da der vom Kläger für die Abmahnkosten angegebene Streitwert ebenso zu korrigieren sei wie der zugrunde gelegte Gebührensatz.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten. Er ist der Auffassung, die beanstandeten Anzeigen seien - entgegen der Auffassung des LG - nicht irreführend i.S.v. § 5 UWG. Bereits aus der Verwendung des Begriffs "Lohnsteuerhilfeverein" in den Anzeigen ergebe sich, dass...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge