Leitsatz (amtlich)
1. Die Eigentumsumschreibung im - elektronisch geführten - Grundbuch ist in dem Zeitpunkt vollzogen, zu dem der Grundbuchrechtspfleger die Eintragung abgeschlossen hat, falls die weitere, von Menschenhand nicht mehr beeinflusste Verarbeitung im EDV-System störungsfrei vonstattengeht.
2. Bei werktags von morgens 6.00 Uhr bis nachts um 3.00 Uhr geöffneten Gaststätten, bei denen der Chef selbst mitarbeitet und sich insbesondere persönlich um die Post kümmert und den Abenddienst mit übernimmt, kann typischerweise von einer werktäglich abendlichen Leerung des Hausbriefkastens in der Zeit von 17.00 Uhr bis 18.00 Uhr ausgegangen werden.
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 18. August 2017 - 4 O 93/16 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, die Geschäfts- und Lagerräume im Erdgeschoss des Anwesens B-Straße 57 in Mannheim, bestehend aus einer Gaststätte mit Küche und WC-Anlage sowie Abstellraum (Erdgeschoss links) zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin den durch die verspätete Rückgabe der Mieträume entstandenen Schaden zu ersetzen hat.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 15.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Räumung und Herausgabe von Gewerberäumlichkeiten in Mannheim (Gaststätte und Abstellraum). Außerdem begehrt sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten wegen verspäteter Herausgabe dieser Räume.
Der Beklagte mietete mit schriftlichen Mietverträgen vom 4. Oktober 2005 und 1. November 2006 eine Gaststätte mit Abstellraum im Anwesen B-Straße 57 in Mannheim (im Folgenden: Anwesen). Beide Mietverträge bestimmen in § 2, dass das Mietverhältnis bis zum 30. September 2007 befristet ist, der Beklagte als Mieter jedoch eine Verlängerungsoption auf drei Jahre erhält. Wird die Option gezogen und das Mietverhältnis auch danach nicht gekündigt, verlängert es sich jeweils um drei Jahre. Der Beklagte zog die Option.
In der Folgezeit erwarb die J GbR das Anwesen und trat als Vermieterin in die Mietverträge ein. Mit notariellem Kaufvertrag vom 1. April 2014 verkaufte diese das Anwesen an die Klägerin. Mit Schreiben vom 30. Januar 2016 kündigte die für die Klägerin tätige Hausverwalterin, die H GmbH, im Namen der Klägerin die Mietverhältnisse zum 30. September 2016; einer Fortsetzung gemäß § 545 BGB wurde widersprochen. Am 2. Februar 2016 wurde die Klägerin als Grundstückseigentümerin in das - elektronisch geführte - Grundbuch eingetragen.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 18. August 2017, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), soweit sie zu den hier getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht in Widerspruch stehen, die Klage abgewiesen; wegen des erstinstanzlich streitigen Parteivorbringens, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe wird ebenfalls auf den Inhalt dieses Urteils verwiesen. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass es durch das Kündigungsschreiben vom 30. Januar 2016 zu keiner wirksamen Beendigung der Mietverhältnisse kam, weil dieses Kündigungsschreiben dem Beklagten am 2. Februar 2016 zugegangen war, bevor die Klägerin noch am selben Tag als Grundstückseigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde.
Zur Begründung seiner Auffassung hat das Landgericht unter anderem ausgeführt: Das Kündigungsschreiben sei am 2. Februar 2016 um 15.00 Uhr in den Briefkasten des Beklagten eingeworfen worden. Dies stehe aufgrund der Aussagen der bei der Hausverwalterin beschäftigten Zeuginnen D und H fest. Zwar hätten sie an den konkreten Einwurf der Kündigung keine Erinnerung mehr gehabt, jedoch übereinstimmend und glaubhaft geschildert, wie sich üblicherweise die Zustellung von wichtigen Schreiben an die Mieter der von der Hausverwalterin betreuten Anwesen vollziehe und dass im unmittelbaren Anschluss des Einwurfs auf dem Doppel der Schreiben der Einwurf vermerkt werde. Wie sich aus dem auf der Abschrift des Kündigungsschreibens vom 30. Januar 2016 angebrachten und von beiden Zeuginnen unterschriebenen Vermerk ergebe, sei dies am Dienstag, dem 2. Februar 2016 um 15.00 Uhr geschehen. Der Beklagte nutze die Räumlichkeiten als Gaststätte. Nach der Verkehrsanschauung sei zu diesem Zeitpunkt noch mit einer Leerung des Briefkastens am gleichen Tage zu rechnen gewesen. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung sei die Klägerin jedoch noch nicht Eigentümerin und damit nicht als Vermieterin gemäß den §§ 566, 578 BGB in die Mietverhältnisse mit dem Beklagten eingetreten gewesen. Die Eintragung der Klägerin als Grundstückseigentümerin im Grundb...