Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindesunterhalt – Selbstbehalt des Pflichtigen – geringe Wohnkosten

 

Leitsatz (amtlich)

Der notwendige Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen kann geringer als mit 1.500 DM angesetzt werden, wenn dieser mit einem neuen Partner zusammenlebt und der auf ihn entfallende Anteil an Miet- und Nebenkosten unter dem in der Düsseldorfer Tabelle (Anm. 5 zur Tabelle, Stand 1.7.1998) enthaltenen Betrag von 650 DM für Miete einschließlich Heizungskosten liegt.

 

Normenkette

BGB §§ 1601, 1603 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Baden-Baden (Urteil vom 01.04.1999; Aktenzeichen 2 F 203/98)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten/Berufungsklägerin wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht … vom 1.4.1999 (2 F 203/99) unter Aufhebung im Kostenpunkt in Ziff. 1 und 2 wie folgt abgeändert:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, für das am 27.12.1983 geborene Kind … für den Zeitraum April 1999 bis März 2000 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 244,– DM sowie ab April 2000 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 225,– DM zu zahlen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, für das am 13.4.1988 geborene Kind … für den Zeitraum April 1999 bis März 2000 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 206,– DM sowie ab April 2000 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 225,– DM zu zahlen.

II. Die weitergehende Klage sowie die weitergehende Berufung werden zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beklagte 25 % sowie der Kläger 75 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Parteien sind seit Januar 1998 getrenntlebende und seit 21.10.1999 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus der Ehe sind die Kinder …, geb. am 27.12.1983, und … geb. am 13.4.1988, hervorgegangen. Seit der Trennung leben die Kinder beim Kläger. Die Beklagte hatte sich um das Sorgerecht bemüht; durch Beschluß des Familiengerichts vom 16.9.1998 wurde die elterliche Sorge für beide Kinder auf den Kläger übertragen. Im Haushalt des Klägers lebt ein weiteres volljähriges Kind der Beklagten. Die Beklagte ist zwischenzeitlich wieder verheiratet.

Die Beklagte hat den Beruf der medizinisch-technischen Assistentin erlernt, aber rund 18 Jahre nicht mehr gearbeitet. Der Kläger war bis Januar 1998 mit einem Bruttogehalt von etwa 20.000,– DM monatlich erwerbstätig. Seit Januar 1999 erhält er Arbeitslosengeld in Höhe von rund 3.066,– DM monatlich. Er hat ferner eine Abfindung in Höhe von ca. 133.000,– DM netto erhalten. Im Dezember 1999 hat er mit zwei Kollegen eine Unternehmensberatungsgesellschaft gegründet, aus der bisher keine Einkünfte bezogen werden; vom Arbeitsamt erhält der Kläger seit Februar 2000 für 6 Monate Überbrückungsgeld etwa in gleicher Höhe wie das Arbeitslosengeld. Beide Parteien sind gemeinsam Eigentümer von 2 hochbelasteten Immobilien. Das frühere ehegemeinsame Haus wird vom Kläger und den Kindern bewohnt, dieser zahlt allein die Lasten für beide Immobilien. Das Haus steht seit längerem zum Verkauf. Bzgl. der Wohnung in Dresden laufen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.

Der Kläger macht für die beiden gemeinschaftlichen Kinder Kindesunterhalt geltend. Dies geschah zunächst im vereinfachten Unterhaltsverfahren; nachdem die Beklagte Leistungsunfähigkeit eingewandt hatte, wurde antragsgemäß in das streitige Verfahren übergeleitet.

Der Kläger trägt vor, die Beklagte sei zur Leistung von Kindesunterhalt verpflichtet. Sie habe keine ausreichenden Bemühungen um eine Arbeitsstelle nachgewiesen. Hinsichtlich des Unterhalts minderjähriger Kinder seien gesteigerte Anforderungen an die Bemühungen zu stellen. Sie müsse zudem eine Nebentätigkeit ausüben, um den Unterhalt der Kinder zu sichern. Die Beklagte wohne mietfrei bei ihrem neuen Partner und müsse sich fiktives Einkommen in Höhe von mindestens 500,– DM für Haushaltsleistungen zugunsten ihres Partners anrechnen lassen.

Der Kläger beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, für die Tochter … für die Zeit vom 1.3.1998 bis zum 30.6.1998 monatlich 378,67 DM Unterhalt sowie ab 1.7.1998 den jeweiligen Regelbetrag der 3. Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergelds von derzeit 110,– DM zu zahlen;
  2. die Beklagte zu verurteilen, für den Sohn für die Zeit vom 1.3.1998 bis zum 30.6.1998 monatlich 300,67 DM Unterhalt sowie ab 1.7.1998 den jeweiligen Regelbetrag der 2. Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergelds von derzeit 110,– DM und ab 1.4.2000 den Regelbetrag der 3. Altersstufe abzüglich anteiligem Kindergeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt.

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, sie sei zur Leistung von Kindesunterhalt nicht in der Lage. Sie habe lediglich eine Aushilfstätigkeit mit einem monatlichen Verdienst von 500,– DM. Trotz zahlreicher Bemühungen habe sie aufgrund ihres Alters und der fehlenden Berufserfahrung keine andere Arbeit gefunden. Erst seit 1.4.1999 könne sie in der Firma ihres jetzigen Ehemannes mit einem Nettoeinkommen von 1.530,– DM arbeiten, nachdem dieser 2 Kräften gekündigt habe. Fiktive Einkünfte für Haushaltsleis...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge