Entscheidungsstichwort (Thema)
Inverkehrbringen eines Produkts zur diätetischen Behandlung von Gelenkarthrose; zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen einer bilanzierten Diät nach §§ 1 Abs. 4a, 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV
Normenkette
LFGB § 11 Abs. 1 Nr. 2; DiätV § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 S. 2; UWG §§ 3, 4 Nr. 11
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 19.02.2010; Aktenzeichen 5 O 114/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers und der Beklagten wird das Urt. des LGs Freiburg vom 19.02.2010 - Az. 5 O 114/09 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen in Ziff.2 und 3 des Tenors wie folgt abgeändert:
a. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen,
ein Produkt in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben und/oder in den Verkehr bringen und/oder bewerben zu lassen, das als "Ergänzende bilanzierte Diät" zur diätetischen Behandlung von leichter bis mittelschwerer Gelenkarthrose gekennzeichnet ist und 905 mg Glucosamin Hydrochlorid, 666 mg Chondroitinsulfat und 40 mg Hyaluronsäure pro Tagesration empfiehlt, sei es ausschließlich in dieser Kombination, sei es in Kombination mit weiteren Zutaten insbesondere wie das Produkt "..." Anl. K3.
b. Im Übrigen (Feststellungsantrag) wird die Klage abgewiesen.
2. Die darüber hinausgehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
4. Das Urt. ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 500.000 EUR leistet.
5. Die Rev. wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, insbesondere den unlauteren Geschäftsverkehr im Zusammenwirken mit den Organen der Rechtspflege zu bekämpfen. Die Beklagte stellt unter dem Namen "..." ein Produkt her, das 905 mg Glucosamin Hydrochlorid, 666 mg Chondroitinsulfat sowie Vitamine und Mineralstoffe enthält pro Brausetablette/Tagesration und 40 mg Hyaluronsäure pro Kapsel/Tagesration, und vertreibt es als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke zur kombinierten Behandlung von leichter bis mittelschwerer Gelenkarthrose.
Der Kläger hat die Beklagte wegen des Vertriebs von Produkten mit einer Wirkstoff-Kombination von 905 mg Glucosamin Hydrochlorid, 666 mg Chondroitinsulfat und 40 mg Hyaluronsäure pro Tagesration abgemahnt. Er erachtet solche Produkte für nicht verkehrsfähig, der Vertrieb verstoße gegen §§ 1 Abs. 4a, 14b Abs.1 Diätverordnung sowie § 11 Abs.1 Nr.1, Nr.2 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch. Eine nutzbringende Verwendung sei nicht ersichtlich, die Geeignetheit der Inhaltsstoffe zur Erfüllung des angegebenen Zwecks sei wissenschaftlich nicht ausreichend gesichert. Die Beklagte hat das Unterlassungsbegehren zurückgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat den Antrag, mit dem der Kläger das In-Verkehr-Bringen der genannten Wirkstoff-Kombination als bilanzierte Diät unterbinden will, abgewiesen, im Übrigen der Beklagten untersagt, das Präparat "A. S. C." wie auf der Homepage der Beklagten erfolgt, zu bewerben.
Der Kläger sei als rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen i.S.v. § 13 Abs.2 Nr.2 UWG klagebefugt. Dies werde von der Beklagten letztlich nicht in Abrede gestellt. Die Mitglieder des Klägers seien nicht auf einem sachlich anderen Markt tätig. Zu diesem gehörten die Nahrungsergänzungsmittel allgemein. Maßgeblich sei ein abstraktes Wettbewerbsverhältnis. Es reiche, wenn eine - auch nur geringe - Wahrscheinlichkeit in Betracht zu ziehen sei. Das sei vorliegend der Fall.
Die begehrte Untersagung des In-Verkehr-Bringens sei unbegründet. Eine Wiederholungsgefahr sei bezogen auf andere als das streitgegenständliche Präparat weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Brächte die Beklagte ein Präparat in den Verkehr, das die im Antrag genannten Wirkstoffe ebenfalls enthalte und das sie ebenso als ergänzende bilanzierte Diät zur diätetischen Behandlung von leichter bis mittelschwerer Gelenkarthrose kennzeichne, so läge gleichwohl wegen der Namensverschiedenheit eine völlig andere Verletzungshandlung vor. Diese abstrakte Gefahr begründe mangels Anhaltspunkten aus der Vergangenheit keine Wiederholungsgefahr. Im Übrigen reiche die Wirksamkeit einzelner Inhaltsstoffe aus, um die Verkehrsfähigkeit eines entsprechenden diätetischen Lebensmittels zu begründen. Enthielte das neue Präparate exakt die gleichen Inhaltsstoffe ergänzt um einen nachweisbar wirksamen Bestandteil, was von dem sehr weit formulierten Unterlassungsantrag ebenfalls erfasst sei, so ...