Leitsatz (amtlich)
1. Die Berechtigung des Anspruchs des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszuges gem. § 87c Abs. 2 HGB ist regelmäßig zu vermuten, wenn nicht bereits eine Einigung über die Provisionen erfolgt ist oder ausnahmsweise der Missbrauchseinwand gem. § 242 BGB durchgreift (Aufgabe von OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.10.1973 - 8 U 52/73, VersR 1974, 384).
2. Schließt ein Unternehmer mit seinen Handelsvertretern Verträge unter Verwendung von Formularklauseln (vorliegend Einschränkung der Provisionspflicht gem. § 87 Abs. 2 S. 1 HGB), müssen die Regelungen von solcher Klarheit sein, dass der Handelsvertreter Abweichungen von den gesetzlichen Vorschriften ohne Weiteres erkennen können muss (Aufrechterhaltung von OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.7.1971 - 8 U 104/71, BB 1971, 1123).
Normenkette
HGB § 87 Abs. 1 S. 1, § 87c Abs. 2; BGB § § 305 ff., § 306
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 08.10.2004; Aktenzeichen 15 O 28/04 KfH IV) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des LG Karlsruhe - 15 O 28/04 KfH IV - vom 8.10.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung je zu ½.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist selbständiger Handelsvertreter. Die Beklagte Ziff. 1 stellt Fleischereimaschinen und Druckluftwerkzeuge her. Die Beklagte Ziff. 2 befasste sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Hartmetallwerkzeugen. Sie hat zwischenzeitlich den aktiven Geschäftsbetrieb eingestellt.
Der Kläger war ab 1996 jeweils aufgrund gesonderter, aber inhaltlich weitgehend identischer Verträge (Anlagen K 1/K 2) mit den Beklagten für diese jeweils als Handelsvertreter für das Vertragsgebiet Süddeutschland mit diversen Postleitzahlgebieten zwischen den Postleitzahlen 70 und 89 tätig.
Die Verträge der Parteien enthalten auszugsweise nachfolgende, in den entscheidenden Punkten gleichfalls gleichlautende Regelungen:
1. Gegenstand des Vertrages
1.1 Vertretungsgebiet
Die Firma überträgt dem Handelsvertreter ihre Alleinvertretung das Gebiet nach Anlage 1. Die Firma behält sich das Recht vor, in dem genannten Vertretungsgebiet selbst oder durch Beauftragte tätig zu werden.
1.2 Produkte
Die Vertretung umfasst das gesamte Vertriebsprogramm des Produktbereiches 1/Druckluft- und Elektrowerkzeuge der Firma, nachstehend Produkt genannt. Die Firma behält sich das Recht vor, einzelne Produkte von der Alleinvertretung auszuschließen, soweit diese für besondere Interessengruppen in Frage kommen und spezielle Bearbeitung erfordern.
2. Pflichten des Handelsvertreters
2.1 Rechtstellung
Der Handelsvertreter hat die Aufgabe, mit Interessenten seines Vertretungsgebietes Verkaufsgeschäfte für den Unternehmer zu vermitteln. Der Handelsvertreter ist verpflichtet, die Interessen der Firma mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen. Er wird insb. die Abnehmer und Interessenten seines Vertretungsgebietes regelmäßig besuchen.
2.2 Informationspflicht
Über die in Frage kommenden Interessenten und Interessentengruppen wird er sich eng mit der Firma abstimmen, ebenso über die erforderliche Besuchsfrequenz und den Besuchsrhythmus.
Er wird der Firma laufend über seine Tätigkeit berichten und dieser unverzüglich Durchschrift wesentlicher Geschäftsbriefe übersenden. Der Handelsvertreter wird Besuchsberichte schriftlich verfassen und unaufgefordert und zeitnah der Firma zur Verfügung stellen. Er wird die Firma regelmäßig, mindestens monatlich über die aktuelle Markt- und Wettbewerbssituation detailliert unterrichten.
Er wird sich in allen Fragen der Marktbearbeitung in dem Vertretungsgebiet mit der Firma abstimmen und die Vertriebspolitik der Firma strikt einhalten.
Wird ihm ein außerhalb seines Vertretungsgebietes bestehender Bedarf an den Produkten bekannt, so wird er davon der Firma umgehend Mitteilung machen; ein Anspruch auf Provision entsteht dadurch nicht.
2.3 Messen
Er ist verpflichtet, die Firma bei werblichen Aktivitäten, wie z.B. bei Messen, Verkaufs- und Werbeaktionen unentgeltlich zu unterstützen.
3.3 Informationspflicht
Die Firma wird den Handelsvertreter über ihre Verhandlungen mit Abnehmern oder Interessenten innerhalb des Vertretungsgebietes unterrichten. Sie wird ihm insb. unverzüglich Durchschrift wesentlicher Geschäftsbriefe übersenden und ihn von ihrer Absicht, Abnehmer oder Interessenten zu besuchen, nach Möglichkeit verständigen.
4. Provisionsanspruch des Handelsvertreters
4.1 Provisionsanspruch
Der Handelsvertreter erhält für alle Verkaufsgeschäfte, welche die Firma mit Abnehmern im Vertretungsgebiet während der Dauer des Vertragsverhältnisses über die Produkte abschließt, vorbehaltlich anderer Vereinbarungen eine Provision entsprechend Anlage 2 zu diesem Vertrag, sofern es sich um Verkaufsgeschäfte handelt, die der Handelsvertreter vermittelt hat.
Geschäfte, die dem Handelsvertreter nach Gesetz und nach diesem Vertrag untersagt sind, begründen keinen Provisionsanspruch. Geschäfte, die erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ge...