Leitsatz (amtlich)
1. Das Sich-Entfernen im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB ist - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - grundsätzlich erst beendet, wenn sich der flüchtende Unfallbeteiligte vor Feststellungen zugunsten Feststellungsberechtigter endgültig in Sicherheit gebracht hat; daher kann ihm bis zu diesem Zeitpunkt Beihilfe geleistet werden.
2. Wissentlicher Begehung einer (versuchten) Strafvereitelung nach § 258 Abs. 1 StGB steht nicht entgegen, dass die Erreichung des Taterfolgs nicht das Ziel des Täters ist; dieser kann ihm sogar gänzlich unerwünscht sein.
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 15.06.2016; Aktenzeichen 26 Cs 500 Js 30390/14) |
Tenor
- Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau vom 15. Juni 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
- Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau zurückverwiesen.
Gründe
A.
Die Staatsanwaltschaft Freiburg hatte am 30.4.2015 den Erlass von Strafbefehlen gegen die beiden Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort und versuchter Strafvereitelung beantragt, wobei bezüglich des Angeklagten A tateinheitliche, bezüglich des Angeklagten B tatmehrheitliche Begehung angenommen wurde.
In den Strafbefehlsanträgen wurde geschildert, dass der gesondert verfolgte und deshalb inzwischen wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort rechtskräftig verurteilte C, ein Kollege der beiden Angeklagten, nach dem gemeinsamen Besuch eines Festes am frühen Morgen des 1.8.2014 auf der Bundesautobahn A 5 in nördlicher Fahrtrichtung zwischen den Anschlussstellen Freiburg-Mitte und Freiburg-Nord als PKW-Fahrer in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand einen Verkehrsunfall verursacht hatte, bei dem ein Motorradfahrer getötet wurde. Beiden Angeklagten wurde vorgeworfen, dass der Angeklagte A - von C über die Verursachung eines Unfalls mit schwersten Folgen in Kenntnis gesetzt - aufgrund einer von den Angeklagten gemeinschaftlich getroffenen Vereinbarung dem nach dem Unfall zu Fuß fliehenden C bei mehreren Telefonaten versprochen habe, dass die Angeklagten ihm beistehen und ihm helfen würden. In Umsetzung dieses Tatentschlusses habe im weiteren Verlauf der Angeklagte B, was der Angeklagte A C zuvor telefonisch mitgeteilt habe, C in einem Gewerbegebiet im Freiburger Norden abgeholt und in seiner Wohnung beherbergt, bis dieser sich gegen 11:15 Uhr bei der Polizei gestellt habe. Beide Angeklagte hätten sicher gewusst, dass dadurch die Feststellung einer Alkoholisierung von C zum Zeitpunkt des Unfalls und damit eine Verfolgung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs unmöglich gemacht würde. Der Angeklagte A habe außerdem bei einer Befragung durch ermittelnde Polizeibeamte bewusst wahrheitswidrig angegeben, weder den Aufenthaltsort Cs zu kennen noch mit diesem in Kontakt gestanden zu haben.
Nach Durchführung der gemäß § 408 Abs. 3 Satz 2 StPO anberaumten Hauptverhandlung sprach das Amtsgericht die Angeklagten frei, weil es hinsichtlich des Vorwurfs der Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort zugunsten der Angeklagten davon ausging, dass sich der feststellungspflichtige C bereits bei dem ersten Telefonat mit dem Angeklagten A außer Sichtweite der Unfallstelle befunden habe, die Tat deshalb bereits beendet und eine Beteiligung der Angeklagten nicht mehr möglich gewesen sei. Im Übrigen sei es den Angeklagten nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen bei ihrem Handeln primär darum gegangen, den mit ihnen befreundeten und infolge des Unfallgeschehens in einer psychischen Ausnahmesituation befindlichen C zu stabilisieren und davor zu bewahren, sich selbst etwas anzutun. Das Amtsgericht vermochte sich deshalb nicht davon zu überzeugen, dass die Angeklagten die Vereitelung einer Strafverfolgung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs als sichere Folge ihres Handelns erkannten.
Hiergegen richtet sich die fristgemäß eingelegte und begründete, auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft Freiburg, die von der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vertreten wird.
B.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet.
Die getroffenen Feststellungen tragen den Freispruch nicht, zudem ist die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft.
I.
Indem das Amtsgericht für die Beurteilung des Falls wesentliche Rechtsfragen unzutreffend beantwortet hat, hat es die rechtliche Prüfung in entscheidungserheblicher Weise verkürzt.
1. Die Annahme des Amtsgerichts, das unerlaubte Entfernen des gesondert verfolgten Haupttäters C sei bereits beendet gewesen, bevor die Angeklagten die ihnen vorgeworfenen Handlungen begingen, und deshalb sei eine Beihilfe i.S.d. § 27 Abs. 1 StGB nicht mehr in Betracht gekommen, beruht auf einer rechtlich unzutreffenden Beurteilung.
a. Nach § 27 Abs. 1 StGB wird als Gehilfe bestraft, wer vorsä...