Leitsatz (amtlich)
Zur Abberufung als Geschäftsführer und fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages eines einzelvertretungsberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführers in einer Zwei-Personen-GmbH wegen sexueller Belästigung einer Angestellten und damit verbundener nachhaltiger Ehrverletzung des Mitgesellschafters.
Normenkette
GmbHG §§ 38, 47; BGB § 626
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 14.09.2005; Aktenzeichen 7 O 4/05 KfH) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Konstanz vom 14.9.2005 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung des zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestehenden Arbeitsvertrages (vom 30.12.2004) unwirksam ist.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des nach diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn der Vollstreckende leistet jeweils Sicherheit in Höhe des 1,1-fachen des zu vollstreckenden Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Kündigung seines Geschäftsführervertrages aus wichtigem Grund sowie gegen den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 30.12.2004, durch den er als Geschäftsführer der Beklagten abberufen wurde.
Der Kläger ist ebenso wie der Mitgeschäftsführer der beklagten GmbH zu 50 % an der Beklagten beteiligt. Beide wurden bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages zwischen ihnen am 19.8.1998 zu einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt. Gegenstand der Beklagten sind die Herstellung und der Vertrieb von Obstsäften aller Art sowie der Handel mit Obstsäften und Früchten. Sie beschäftigt drei Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin.
Am 26.11.2004 richtete der Kläger an die Mitarbeiterin einen handschriftlichen Brief, in dem er "gleich auf den Punkt" kommt und eröffnet, dass er das gleiche wolle, was "K." (der Mitgeschäftsführer der Beklagten) von ihr erhalte. Er sei "ganz heiß" auf sie und "kurz vor dem schmelzen". Mit der jetzigen Situation der Mitarbeiterin in der Position als Finanzdirektor und Buchhalter sei er nicht einverstanden. Er habe schlaflose Nächte und Misstrauen gegenüber ihrer Arbeit und wolle, dass sie dies ändern. Seine Ausführungen entsprächen seinen Gefühlen, die er nicht unterbinden könne. Über ihre Arbeit wolle er nicht meckern. Er werde mit dem Mitgeschäftsführer über ein höheres Weihnachtsgeld von 1.000 EUR sprechen. Er fragt an, weshalb sie immer so kalt zu ihm sei und bezeichnet sie, den Brief abschließend als, "kleine Wildkatze".
Mit Anwaltsschreiben vom 2.12.2004 gerichtet an den Mitgeschäftsführer der Beklagten unter der die Betriebsgrundstücke verwaltenden Gesellschaft, an der ebenfalls der Kläger und der Mitgeschäftsführer beteiligt sind, beschwerte sich die Mitarbeiterin über ein Bedrängen seit längerer Zeit durch den Kläger und die sexuelle Belästigung durch den Brief vom 26.11.2004.
Mit Schreiben vom 7.12.2004 wurde der Kläger aus Anlass dieses Briefes zur Gesellschafterversammlung am 30.12.2004 mit den Tagesordnungspunkten Abberufung des Klägers als Geschäftsführer sowie Kündigung des Geschäftsführervertrages aus wichtigem Grund eingeladen. In der Gesellschafterversammlung am 30.12.2004 ließ sich der Kläger durch seine Ehefrau mit notarieller Vollmacht vertreten. Bei der Abstimmung über diese beiden Tagesordnungspunkte wurde bei für den Kläger abgegebener Gegenstimme der Ehefrau des Klägers beschlossen, den Kläger aus wichtigem Grund als Geschäftsführer abzuberufen und den Geschäftsführervertrag mit dem Kläger aus wichtigem Grund zu kündigen. Die für den Kläger abgegebene Stimme wurde nicht berücksichtigt. Mit Schreiben vom 30.12.2004 wurde dem Kläger unter Übermittlung des Protokolls der Gesellschafterversammlung die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund und die Abberufung als Geschäftsführer mitgeteilt. Der Kläger und der Mitgesellschafter schließen, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem LG erklärt haben, eine weitere Zusammenarbeit aus. Ihre streitigen Verhandlungen über eine Auseinandersetzung der Gesellschaft hatten bisher keinen Erfolg.
Der Kläger hat geltend gemacht, das Schreiben an die Mitarbeiterin vom 26.11.2004 sei nur als unglückliches Schreiben einzuordnen. Es rechtfertige weder die fristlose Kündigung des Geschäftsführervertrages noch seine sofortige Abberufung als Geschäftsführer. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung sei unwirksam, da er entgegen dem Gesellschaftsvertrag an der Gesellschafterversammlung nicht persönlich teilgenommen habe, durch seine Ehefrau nicht habe wirksam vertreten werden können und deshalb das im Gesellschaftsvertrag festgelegte Quorum für die Beschlussfähigkeit nicht erreicht gewesen sei. Im Übrigen sei die für ihn abgegebene Stimme seiner Ehefrau zu Unrecht nicht gewertet worden.
Der Kläger hat beantragt, festzustellen, das...