Leitsatz (amtlich)

Zur Anfechtbarkeit gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn ein privater Krankenversicherer nicht an seinen Versicherungsnehmer (Insolvenzschuldner), der eine Arztrechnung bei ihm eingereicht hatte, sondern auf dessen Weisung hin unmittelbar an den Gläubiger (Arzt) die Versicherungsleistung auszahlt.

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 22.03.2004; Aktenzeichen 3 O 20/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Heidelberg v. 22.3.2004 - 3 O 20/04 - im Kostenpunkt aufgehoben, im übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.762,39 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit 18.2.2003 zu bezahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über den Nachlass des ... im Wege einer auf § 131 Nr. 1 InsO gestützten Insolvenzanfechtung gemäß § 143 InsO Rückgewähr eines Betrages, den die private Krankenversicherung des Insolvenzschuldners auf eine Honorarforderung des beklagten Arztes gezahlt hat.

Der Insolvenzschuldner..., vormals Inhaber des Sanitätshaus ..., war Patient u.a. des Beklagten. Während stationärer Krankenhausaufenthalte des Insolvenzschuldners v. 15.8.2002 bis zum 5.9.2002 und v. 13.9.2002 bis zum 25.10.2002 erbrachte der Beklagte an diesen Wahlleistungen, die er mit Rechnungen Nr. ... über 3.092,22 EUR und Nr. ... über 2.670,17 EUR, beide v. 13.1.2003, ordnungsgemäß abrechnete.

Mit Schreiben v. 21.1.2003 reichte der Insolvenzschuldner u.a. diese beiden Rechnungen bei seiner privaten Krankenversicherung, "mit der Bitte um Direktregulierung" ein.

Am 4.2.2003 beantragte die AOK ... die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners.

Mit einem an den Insolvenzschuldner gerichteten Schreiben v. 13.2.2003 kündigte die Krankenversicherung des Beklagten an, aufgrund des Erstattungsantrages beide Rechungen durch Überweisung auf ein Bankkonto des Beklagten zu begleichen. Dort ist das Geld spätestens am 18.2.2003 eingegangen.

Am 1.5.2003 hat das AG K. das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners eröffnet und den Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzschuldner ist am 21.7.2003 verstorben; das Insolvenzverfahren betrifft seither dessen Nachlass.

Mit Schreiben v. 7.10.2003 setzte der Kläger den Beklagten über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners in Kenntnis und machte Ansprüche gegen ihn aus Insolvenzanfechtung in Höhe beider Rechnungsbeträge zzgl. Zinsen geltend. Die Firma ... teilte dem Kläger daraufhin im Auftrag des Beklagten mit Schreiben v. 27.20.2003 mit, dass eine Rückerstattung der bezahlten Rechnungsbeträge abgelehnt werde.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug im wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte dadurch, dass nicht der Insolvenzschuldner selbst, sondern auf dessen Veranlassung dessen Krankenversicherung unmittelbar an den Beklagten gezahlt habe, eine inkongruente Befriedigung i.S.d. § 131 Abs. 1 (Fall 2: "nicht in der Art") Nr. 1 InsO erlangt habe, da er keinen Anspruch auf Befriedigung durch die Krankenversicherung des Insolvenzschuldners gehabt habe. Deswegen stehe dem Kläger gemäß § 143 InsO ein Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten an die Insolvenzmasse zzgl. der gezogenen Nutzungen zu, die entsprechend dem Zinssatz des § 288 Abs. 1 BGB errechnet werden könnten.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 5.762,39 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.3.2003 zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat im ersten Rechtszug im wesentlichen ausgeführt, dass kein insolvenzrechtlicher Anfechtungstatbestand erfüllt sei, namentlich eine inkongruente Befriedigung nicht vorliege, da die Leistung der Krankenversicherung des Insolvenzschuldners wegen dessen Anweisung wie eine Leistung des Insolvenzschuldners selbst zu bewerten sei. Die Voraussetzungen für eine Anfechtung aufgrund kongruenter Deckung lägen nicht vor.

Mit am 22.3.2004 verkündetem Urteil, auf das wegen aller Einzelzeiten Bezug genommen wird, hat das LG die Klage abgewiesen. Zwar könne eine Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 129 InsO darin gesehen werden, dass die Krankenversicherung mit schuldbefreiender Wirkung unmittelbar an den Beklagten geleistet hat. Dadurch sei den Gläubigern insofern eine Befriedigungsmöglichkeit verloren gegangen, als der Anspruch des Insolvenzschuldners gegen seine Krankenversicherung erloschen sei, ohne dass das zur Erfüllung Geleistete dem Vermögen des Insolvenzschuldners - auch nur kurzzeitig - zur Verfügung stand. Wäre die Zahlung nicht erfolgt, stünde der Masse noch der Anspruch gegen die Krankenversicherung des Insolvenzschuldners zu, d...

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