Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 24.10.2014; Aktenzeichen 6 O 549/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 24.10.2014 - 6 O 549/13 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus Anlass des Ausscheidens der Beklagten bei der Klägerin (Gegenwertforderung).
Die Klägerin (im Folgenden: VBL), eine Anstalt des öffentlichen Rechts, schließt mit Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes Beteiligungsvereinbarungen in Form von Gruppenversicherungsverträgen ab. Auf dieser Grundlage gewährt sie den Arbeitnehmern der Beteiligten nach Maßgabe ihrer Satzung (VBLS) eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung. Die Finanzierung der Klägerin erfolgt im Abrechnungsverband West, dem die Beklagte angehörte, seit 1967 über ein Umlageverfahren in Form eines modifizierten Abschnittsdeckungsverfahrens. Der Umlagesatz ist so bemessen, dass die für die Dauer des Deckungsabschnitts zu entrichtende Umlage zusammen mit den übrigen zu erwartenden Einnahmen und dem verfügbaren Vermögen ausreicht, die Aufgaben der Klägerin während des Deckungsabschnitts sowie der sechs folgenden Monate zu erfüllen, soweit sie nicht aus dem Vermögen nach § 66 VBLS (Versorgungskonto II) zu erfüllen sind (§ 60 Abs. 1 Satz 1, § 61 Abs. 1 VBLS a.F. und § 61 VBLS n.F.). Die Regelung des § 23 Abs. 2 VBLS verpflichtet ausscheidende Beteiligte, einen Gegenwert zur Deckung der aus dem Anstaltsvermögen nach dem Ausscheiden des Beteiligten zu erfüllenden Verpflichtungen gegenüber den versicherten Arbeitnehmern zu zahlen.
Die Beklagte war seit dem 01.12.2004 bei der VBL beteiligt; die Beteiligung endete durch Ausscheiden der Beklagten mit Ablauf des 30.06.2010. Im Zuge dessen machte die VBL unter Berufung auf den vorgenannten § 23 Abs. 2 VBLS eine Gegenwertforderung geltend, die sie mit einem versicherungsmathematischen Gutachten zum Stichtag 01.07.2010 auf 542.439,84 EUR errechnet hatte. Von diesem Betrag entfielen 321.473,77 EUR auf Versorgungslasten der Beklagten und weitere 220.966,07 EUR auf Versorgungslasten, die der Beklagten aufgrund einer zum 01.01.2009 erfolgten Ausgliederung zuzurechnen sind. Darüber hinaus machte die VBL Gutachterkosten in Höhe von 2.175,32 EUR geltend. Die Beklagte beglich lediglich die geltend gemachten Gutachterkosten, nicht aber die Gegenwertforderung.
In parallel geführten Rechtsstreitigkeiten der VBL gegen ausgeschiedene Beteiligte entschied der Bundesgerichtshof mit Urteilen vom 10.10.2012 (IV ZR 10/11; IV ZR 12/11 -, juris), dass die Regelung des § 23 Absatz 2 VBLS unwirksam sei. Durch die volle Berücksichtigung von Versicherten ohne erfüllte Wartezeit (sog. verfallbare Anwartschaften) und die Ausgestaltung des Gegenwerts als Einmalzahlung ergebe sich eine unangemessene Benachteiligung der ausgeschiedenen Arbeitnehmer. Allerdings sei für die durch die unwirksame Gegenwertbestimmung entstandene Regelungslücke eine ergänzende Vertragsauslegung zuzulassen, die die Möglichkeit einer neuen Satzungsregelung einschließe, da der ersatzlose Wegfall der Gegenwertregelung für die VBL eine unzumutbare Härte darstellen würde. Insoweit kämen zur damaligen Ausgestaltung des Gegenwerts zahlreiche Alternativen in Betracht.
Am 21.11.2012 beschloss der Verwaltungsrat der VBL die 18. Satzungsänderung, mit der unter anderem die Satzungsbestimmungen der §§ 23 bis 23c VBLS geändert wurden (im Folgenden: VBLS nF). Darüber hinaus fasste der Verwaltungsrat für Arbeitgeber wie die Beklagte, die zwischen dem 01.01.2002 und dem 31.12.2012 ausgeschieden sind, einen satzungsergänzenden Beschluss zu §§ 23 bis 23c VBL-Satzung (fortan: SEB):
"1. Der satzungsergänzende Beschluss gilt für Arbeitgeber, die zwischen dem 1.1.2002 und dem 31.12.2012 aus der VBL ausgeschieden sind oder die für Ausgliederungen in diesem Zeitraum einen anteiligen Gegenwert zu leisten haben, soweit keine Verjährung eingetreten ist.
2. 1Anstelle der §§ 23 bis 23b in der ab dem 10.10.2012 geltenden Fassung findet für diese Arbeitgeber § 23 in folgender Fassung Anwendung:
"§ 23 Ausscheiden eines Beteiligten
(1) 1Scheidet ein Beteiligter aus der Beteiligung aus, enden seine Pflichtversicherungen der bei ihm im Arbeitsverhältnis stehenden Beschäftigten. 2Für die im Zeitpunkt des Ausscheidens des Beteiligten entstandenen Anwartschaften und Ansprüche verbleibt es bei dem in diesem Zeitpunkt geltenden Anpassungssatz nach § 39.
(2) 1Zur Deckung der aus dem Anstaltsvermögen nach dem Ausscheiden zu erfüllenden Verpflichtungen aufgrund von
a) Leistungsansprüchen von ...