Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstücksübertragungsvertrag im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Zeitpunkt des Eigentumsübergangs. Geltendmachung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs. Ablauf der Zehnjahresfrist des Pflichtteilsergänzungsanspruches
Leitsatz (amtlich)
Hat der Erblasser sein Hausanwesen einem Dritten unentgeltlich zugewandt und sich lediglich ein Wohnrecht an einer der im Haus befindlichen Wohnungen einräumen lassen, so ist der verschenkte Gegenstand i.S.v. § 2325 Abs. 3 BGB mit dem Eigentumsübergang geleistet.
Normenkette
BGB § 2325 Abs. 3, 1
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 11.06.2007; Aktenzeichen 5 O 324/05) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers das Urteil des LG Mannheim vom 11.6.2007 - 5 O 324/05 - im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtstreits in beiden Rechtszügen. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht ggü. der Beklagten, seiner Schwester, einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend.
Die Beklagte schloss am 25.10.1990 mit ihren Eltern einen notariellen Übergabevertrag (Anlage K2), mit der der Beklagten im Wege vorweggenommener Erbfolge das den Eltern zu je zur Hälfte gehörende Anwesen .... übertragen wurde. In § 6 des Übergabevertrages räumte die Beklagte ihren Eltern ein lebenslanges, unentgeltliches Leibgeding mit folgendem Inhalt ein:
1. Die Ehel. M sind berechtigt, die im Erdgeschoss des Hausanwesens ... gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, alleine zu nutzen. Die Mitbenutzung der beiden Kellerräume, Garage, Schwimmbad und Garten ist gestattet. Eine Überlassung an Dritte, insbesondere eine Vermietung, ist nicht gestattet.
2. Frau U ist verpflichtet, ihre Eltern in kranken und in schlechten Tagen zu pflegen und zu versorgen, sowie Besorgungen jeglicher Art für sie durchzuführen. Die Kosten für das Essen, das Reinigen der Wäsche sowie Arzt- und Arzneikosten tragen die Berechtigten, die krankenversichert sind, selbst.
Der Jahreswert des Leibgedinges beläuft sich auf 12.000 und 24.000 DM. Herr M ist 69 Jahre, Frau M ist 68 Jahre alt. Die Eintragung des Leibgedinges zugunsten der Ehel. M wird bewilligt und beantragt. Das Leibgedinge erhält Rang vor der einzutragenden Rückauflassungsvormerkung. ...
Inhalt des Vertrages war außerdem die Verpflichtung der Beklagten, das Grundeigentum zu Lebzeiten der Eltern nicht zu veräußern. Für den Fall der Zuwiderhandlung bestand ein Rückübertragungsrecht, welches durch eine entsprechende Vormerkung gesichert wurde. Weiter verpflichtete sich die Beklagte, die von ihr bewohnte Wohnung nicht an Dritte zu vermieten. Durch den Vertrag und seine Umsetzung veränderten sich die bis dahin bestehenden tatsächlichen Nutzungsverhältnisse nicht. Die Beklagte wurde am 6.12.1990 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Durch Erbvertrag vom 29.2.2000 setzten die Eheleute die Beklagte als Alleinerbin ein. Der Vater der Parteien verstarb am 8.8.2002.
Die Beklagte teilte auf Anfrage vom 23.8.2002 dem Kläger mit Schreiben vom 10.12.2002 mit, dass die Verbindlichkeiten höher als das Aktivvermögen seien, so dass ein Pflichtteilsanspruch des Klägers nicht bestehe, wobei das streitgegenständliche Grundstück keine Berücksichtigung fand. Am 12.11.2004 wurde die Beklagte vom LG Mannheim (1 S 79/04) dazu verurteilt, dem Kläger durch Vorlage eines Gutachtens eines unabhängigen Sachverständigen Auskunft zu erteilen über den Wert des Hälfteanteils an dem Grundstück in K. Am 18.12.2006 wurde das Gutachten durch den Gutachterausschuss der Gemeinde K über den Verkehrswert des Anwesens ...... erstellt. Danach hatte das Anwesen am 6.12.1990 ohne Berücksichtigung des Leibgedings einen Verkehrswert von 240.000 EUR, am 8.8.2002 einen Wert von 360.000 EUR.
Der Kläger hat vorgetragen, die Schenkung sei noch nicht zu Lebzeiten vollzogen worden und damit sein Anspruch nicht verjährt. Der im Gutachten zugrunde gelegte Wert der Betreuung mit DM 24.000 jährlich sei überhöht. Bei der Kapitalisierung des Wertes des Pflegeversprechens seien die seinerzeitige Lebenserwartung der Eltern ebenso wie die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Pflegefalls zu berücksichtigen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.548 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.8.2002 zu zahlen; hilfsweise - für den Fall, dass sich die Beklagte auf ein Leistungsverweigerungsrecht beruft - die Zwangsvollstreckung in das Grundstück .... zu dulden wegen eines Anspruchs des Klägers auf Zahlung von 22.548 EUR, zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.8.2002.
D...