Leitsatz (amtlich)
Die ärztliche Feststellung eines ausschließlich das Bein betreffenden unfallbedingten Dauerschadens wahrt die Voraussetzungen auf eine Invaliditätsleistung nach Ziff. 2.1.1.1 AUB 2000 in Bezug auf weitergehende Dauerschäden (hier: Blasenentleerungsstörung und erektile Dysfunktion) auch dann nicht, wenn diese auf die Beinschädigung zurückgehen (Anschluss an BGH VersR 2007, 1114).
Die Ausschlussfristenregelung Ziff. 2.1.1.1 der AUB 2000 ist nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.
Normenkette
AUB 2000 Ziff. 2.1.1.1.
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 18.06.2008; Aktenzeichen 8 O 164/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Mannheim vom 18.6.2008 - 8 O 164/06 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35.954,69 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.6.2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 84 % und die Beklagte 16 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger beansprucht eine höhere Invaliditätsleistung aus einer bei der Beklagten bestehenden Unfallversicherung.
Dem im Jahre 2001 abgeschlossenen Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen der Beklagten (AUB 2000) sowie die Besonderen Bedingungen für die Unfallversicherung mit progressiver Invaliditätsstaffel bis 350 % (BB Progression 2000) zugrunde. Die Versicherungsgrundsumme für die Invaliditätsleistung beträgt 150.000 DM (76.693,78 EUR), eine weiterhin vereinbarte Bonussumme 30.000 DM (15.338.76 EUR).
Der Kläger war in einem Gartenbaubetrieb angestellt. Er fiel am 2.12.2002 bei Baumfällarbeiten mit dem rechten Oberschenkel auf ein Brückengeländer und anschließend auf einen Stapel Rundhölzer. Hierbei zog er sich schwere Verletzungen zu und wurde operativ versorgt. Er befand sich bis zum 20.12.2002 in stationärer Behandlung.
Der Kläger zeigte der Beklagten den Unfall an. Diese erhielt in der Folgezeit mehrere ärztliche Bescheinigungen, aus denen jeweils hervorgeht, dass infolge des Unfalls Dauerschäden bleiben werden. Als "Art der Gesundheitsschäden" werden bezeichnet in der Bescheinigung des Dipl. med. H. vom 11.9.2003 "Oberschenkelschaftmehrfragmentfraktur re [rechts]" und des Herr Dipl. med. S vom 24.9.2003 "Oberschenkelfraktur rechts; posttraumatische Quadrizepsparese rechts". Im "Schlussbericht AUB 2000" des Dr. C vom 13.5.2004, der Beklagten zugegangen erst am 16.6.2004, heißt es: "Das Bein ist 2 cm länger. Funktionalität beeinträchtigt (ist noch in Behandlung) Schmerzen bei Belastung".
Mit Schreiben vom 3.2.2003 hätte die Beklagte den Kläger darauf hingewiesen, dass eine Invalidität spätestens vor Ablauf von 18 Monaten vom Unfalltag aus gerechnet geltend gemacht werden müsse.
Die Beklagte hat, abgesehen von einer "Kulanzzahlung" i.H.v. 5.000 EUR ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, Invaliditätsleistungen verweigert, weil eine fristgerechte ärztliche Feststellung schon im Hinblick auf den zu spät eingereichten Schlussbericht nicht vorliege.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug eine abzugeltende Gesamtinvalidität i.H.v. 80 % geltend gemacht, was nach der vereinbarten progressiven Invaliditätsstaffel eine Invaliditätsleistung i.H.v. 250 % der Versicherungssumme, mithin 230.081,35 EUR ergebe. Abzüglich der Zahlung von 5.000 EUR verbleibe ein Restzahlungsanspruch i.H.v. 225.081,35 EUR, dessen Zahlung der Kläger nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.6.2004 beansprucht hat.
Das LG, auf dessen Urteil wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen verwiesen wird, soweit sie den nachfolgenden Feststellungen nicht widersprechen, hat die Klage nach Einholung eines orthopädischen und eines neurologischen Sachverständigengutachtens in Höhe eines Betrages von 73.227,65 EUR nebst Zinsen für begründet erachtet. Es hat die Voraussetzungen für die Leistung nach Ziff. 2.1.1.1 AUB 2000 nur hinsichtlich der am rechten Bein geltend gemachten Beeinträchtigungen als erfüllt angesehen. Nur insoweit sei die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und innerhalb von 18 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und bei der Beklagten geltend gemacht worden.
Die weitergehende Klage hat das LG abgewiesen. Bezüglich der geltend gemachten Schädigung des Nervus ilioninguinalis und Nervus pudendus mit der Folge einer Blasenentleerungsstörung sowie erektiler Disfunktion, die von der neurologischen Sachverständigen mit einer Invalidität von 20 % b...