rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Traubenkernöl, das infolge von Rauchgastrocknung des Tresters bis zu 31,1 ìg/kg Benzo(a)pyren, 108,9 ìg/kg leichte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und 141,5 ìg/kg schwere polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe enthält, entsprach 1994 weder in Italien noch in Deutschland einer guten fachlichen Praxis i.S. Art. 2 Abs. 2 der EWG VO Nr. 315/93.

2. Das Verbot, solches Traubenkernöl in Verkehr zu bringen und die Verpflichtung, bereits im Verkehr befindliches Öl zurückzunehmen, stellen keine enteignungsgleichen Eingriffe dar.

 

Normenkette

EWGV 315/93 Art. 2; GG Art. 14

 

Beteiligte

Land Baden-Württemberg

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 5. März 1998 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Berufungsverfahrens und die Kosten des Revisionsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 DM abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann auch durch eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

4. Die Beschwer für den Kläger übersteigt 60.000 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt im Wege der Teilklage Schadensersatz für die nach seiner Ansicht widerrechtliche Untersagung des Vertriebs von Traubenkernöl.

Seit 1991 hat der Kläger unter seinem Namen ein Traubenkernöl vertrieben, das er von einem Hersteller in Italien bezog, in Deutschland in Flaschen abfüllte und sodann an den Handel weiterlieferte. Mit Verfügung vom 22.9.1994 untersagte das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald dem Kläger, dieses Traubenkernöl weiterhin in den Verkehr zu bringen und verpflichtete ihn, bereits im Verkehr befindliches Traubenkernöl – insbesondere bei der E. Zentrale in O., beim E. Auslieferungslager B. und beim E. Auslieferungslager M. – zurückzunehmen und unschädlich zu beseitigen. Dabei wurde der Sofortvollzug für die Untersagung des Inverkehrbringens angeordnet und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld von 2.000,00 DM angedroht. Hinsichtlich der Rücknahme- und Beseitigungsverpflichtung wurde der Sofortvollzug nicht angeordnet. Gestützt wurde die Verfügung auf Art. 2 Abs. 1 der Verordnung des Rates der EWG Nr. 315/93 zur Festlegung von gemeinschaftlichen Verfahren zur Kontrolle von Kontaminanten in Lebensmitteln; das Einschreiten sei geboten, weil im vom Kläger vertriebenen Traubenkernöl die krebserregende Leitsubstanz Benzo(a)pyren mit mehr als 100 Mikrogramm pro Kilo nachgewiesen worden sei. Entgegen der früheren Einschätzung vom 16.8.1994, in der das Landratsamt mitgeteilt hatte, dass unter rechtlichen Gesichtspunkten der Vertrieb nicht zu untersagen sei, sei die Behörde gehalten, hinreichende Anordnungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes zu treffen.

Der Pressedienst des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (bgvv) hatte in einem Schreiben vom 8.8.1994 (B 5) mitgeteilt, dass bei Untersuchungen von Traubenkernölen u.a. das krebserregende Benzo(a)pyren gefunden worden sei, wobei die Gehalte bis zu 27,8 [mgr]g pro kg betragen hätten, was mit Gehalten vergleichbar sei, wie sie unter ungünstigen Umständen in gegrillten Lebensmitteln auftreten könnten. Diese Kontamination ließe sich dadurch vermeiden, dass entweder das bei der Herstellung des vom Kläger vertriebenen Öls angewandte Verfahren der Trocknung der Taubenkerne durch Rauchgas durch ein anderes ersetzt werde oder aber das Öl nachträglich mit Aktivkohle behandelt werde. Deshalb seien nach Meinung des bgvv die gefundenen Gehalte toxikologisch nicht vertretbar und das Verfahren mit alleiniger Rauchgastrocknung mit einer guten Herstellungspraxis nicht vereinbar. In einem Schreiben vom 5.9.1994 hat das bgvv einem Herrn Bücker mitgeteilt, daß ein Verbraucher auf den ständigen Verzehr größerer Mengen Traubenkernöls solange verzichten solle, bis die Herstellungspraxis geändert sei.

Gegen den Kläger wurde wegen des Inverkehrbringens des beanstandeten Traubenkernöls von der Kreisverwaltung B.K. aufgrund einer Probe vom 3.5.1994, die einen Gehalt von 31,1 [mgr]g/kg Benzo(a)pyren, von 108,9 [mgr]g leichten polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und 141,5 [mgr]g/kg schweren PAK's hatte, ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen das Lebensmittelgesetz (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 LMBG) verhängt. Dieses Verfahren wurde vom Amtsgericht B.K. mit Beschluss vom 13.12.1995 eingestellt, weil das Benzo(a)pyren im Traubenkernöl des Klägers in den Mengen, in denen es verzehrt werde, keine krebserregende Wirkung entfalten könne.

Das Bundesgesundheitsamt hatte mit Schreiben vom 28.6.1994 (Anl. K 5) mitgeteilt, dass in Untersuchungen in Traubenkernölen Gehalte an Benzo(a)pyren zwischen 4,1 [mgr]g/kg und 27,8 [mgr]g/kg...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge