Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsunfähigkeitsversicherung
Leitsatz (amtlich)
Die Modalitäten einer zulässigen Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung werden von den jeweils vereinbarten Versicherungsbedingungen festgelegt und können daher je nach Bedingungswerk unterschiedlich weit gehen.
Normenkette
VVG § 172 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Mosbach (Urteil vom 13.12.2010; Aktenzeichen 2 O 122/10) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mosbach vom 13.12.2010 - Aktenzeichen: 2 O 122/10 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht Ansprüche aus einer Invaliditäts-Zusatzversicherung gegenüber der Beklagten geltend. Die Parteien streiten darum, ob der Kläger sich auf eine nunmehr neu ausgeübte Tätigkeit verweisen lassen muss.
§ 2 Nr. 1 der Besonderen Bedingungen für die Invaliditäts-Zusatzversicherung (fortan: BBIZ) lautet:
"Erwerbsunfähigkeit (Invalidität) liegt vor, wenn der Versicherte durch ärztlich nachweisbare Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit, die eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, auszuüben."
Bis Juli 2008 war der Kläger bei der D AG im Bereich "Mobiler Dienst Kleininstandsetzungen" tätig. Infolge der Erkrankung sowie den Folgen der damit verbundenen Behandlungen kann er seine frühere Tätigkeit nicht mehr ausüben. Seit 2009 ist er als "Mitarbeiter Stellenleitung" bei der D AG tätig.
Das LG hat der Klage weitgehend stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die ihren erstinstanzlichen Antrag auf Abweisung der Klage insgesamt weiterverfolgt.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass das LG mit seiner Folgerung, dass die nunmehr vom Kläger ausgeübte reine Bürotätigkeit mit der zuvor von ihm ausgeübten, im Wesentlichen körperlichen Tätigkeit nicht vergleichbar sei, den Inhalt der maßgeblichen vertraglichen Regelung (§ 2 Ziff. 1 BBIZ) verkannt habe. Sinn und Zweck der Zusatzversicherung sei es, einen "sozialen Abstieg" des Versicherten zu verhindern. Wenn der Versicherte - wie der Kläger - wieder einen vollwertigen Beruf ausübe, der ihm ein nahezu gleiches Einkommen verschaffe, bringe die Weitergewährung der Versicherungsleistung keinen Ausgleich für fehlenden beruflichen Einsatz mehr, sondern könne sogar zu einer Besserstellung des Versicherten gegenüber früher führen. Ein Vergleichsberuf sei dann gefunden, wenn die aufgezeigte Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordere und auch in ihrer Vergütung wie in ihrer Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinke. Ferner habe das LG nicht berücksichtigt, dass der Kläger vor seiner Versetzung auch in einem gewissen Umfang - ca. ein Tag in der Woche - Bürotätigkeiten ausgeübt habe, ebenso wenig, dass die nunmehrige Tätigkeit des Klägers - Disposition, Qualitätssicherung - in gewissem Umfang sogar höherwertiger sei als seine bisherige.
Entscheidungsgründe
I. Der Kläger macht Ansprüche aus einer Invaliditäts-Zusatzversicherung gegenüber der Beklagten geltend. Die Parteien streiten darum, ob der Kläger sich auf eine nunmehr neu ausgeübte Tätigkeit verweisen lassen muss.
Zugunsten des Klägers besteht bei der Beklagten eine am 1.9.1982 begründete, am 1.9.2025 endende Lebensversicherung mit Invaliditäts-Zusatzversicherung. Die versicherte jährliche Invaliditätsrente beträgt EUR 3.804,01, der monatliche Versicherungsbeitrag EUR 30,12. § 2 Nr. 1 der Besonderen Bedingungen für die Invaliditäts-Zusatzversicherung (fortan: BBIZ) lautet:
"Erwerbsunfähigkeit (Invalidität) liegt vor, wenn der Versicherte durch ärztlich nachweisbare Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit, die eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, auszuüben."
Bis Juli 2008 war der Kläger bei der D AG im Bereich "Mobiler Dienst Kleininstandsetzungen" tätig. Dann wurde bei ihm ein malignes Melanom am Oberbauch rechts festgestellt. Infolge der Erkrankung sowie den Folgen der damit verbundenen Behandlungen kann der Kläger seine frühere Tätigkeit nicht mehr ausüben. Seit Wiederaufnahme seiner Arbeitstätigkeit nach der Erkrankung im Jahr 2009 ist er als "Mitarbeiter Stellenleitung" bei der D AG tätig.
Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat der Klage hinsichtlich der begehrten Invaliditätsrente sowie der Befreiung jeweils ab 1.5.2009 unter Abweisung im Übrigen stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die ihren erstinstanzlichen Antrag auf Abweisung der Klage insgesamt weiterverfolgt.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass das LG mit seiner Folgerung, dass die nunmehr vom Kläger ausgeübte reine Bürotätigkeit mit der zuvor von ihm ausgeübten, im Wesentlichen körperlichen Tätigkeit nicht vergleichb...