Leitsatz (amtlich)

Das Verbot der Änderung einer Grenzeinrichtung nach § 922 S. 3 BGB richtet sich nicht nur gegen den Nachbarn, sondern gegen jeden, der an solchen Maßnahmen mitwirkt.

Die ohne Zustimmung des Nachbarn durchgeführte Änderung oder Beseitigung einer Grenzeinrichtung verstößt solange gegen das Verbot des § 922 S. 3 BGB, als nicht von vornherein diejenigen Maßnahmen getroffen werden, die zur Verhinderung oder schnellst möglichen Beseitigung von Auswirkungen im Nutzungsinteresse des Nachbarn geboten sind. Ist dies nicht der Fall, besteht auch keine Duldungspflicht, die einem Rückgriff auf Hilfspersonen entgegen stehen könnte.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2, §§ 921-922

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 30.12.1999; Aktenzeichen 3 O 173/93)

 

Tenor

1. Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten Hans K. wird das Urteil des LG M vom 30.12.1999 - 3 O 173/93 - in Ziff. 1 geändert und neu gefasst:

I. Der Beklagte Hans K. wird verurteilt, an die Klägerin 144.565,34 Euro nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2002 zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass der Beklagte H.K. (als Gesamtschuldner neben der Stadt M im Rahmen deren erstinstanzlicher Verurteilung) verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Standsicherheit des Hinterhauses Am M.-Platz in M. beeinträchtigt ist, weil es durch die Abbrucharbeiten auf den Grundstücken Am M.-Platz und L.-Straße verstärkt Horizontallasten ausgesetzt ist; ausgenommen ist der Schaden, der der Klägerin durch einen von der Stadt M. am 1.3.1989 gezahlten Betrag i.H.v. 1.400 DM und durch einen von der K. & Co. GmbH, M, am 25.6.1987 gezahlten Betrag i.H.v. 500 DM ersetzt wurde, sowie der Schaden, zu dessen Ersatz die K. & Co. GmbH durch Urteil des OLG Karlsruhe vom 25.11.1992 – 1 U 43/92 – rechtskräftig verurteilt wurde.

2. Die weiter gehende Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer weiter gehenden Klage gegen den Beklagten H.K. und dessen Berufung werden zurückgewiesen.

3. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten H.K. im Berufungsverfahren hat zu 1/10 die Klägerin, i.Ü. er selbst zu tragen.

Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht den Ersatz von Schäden geltend, die ihr dadurch entstanden und entstehen, dass ihr mehrgeschossiges Gebäude auf ihrem Grundstück M.-Platz in M. aufgrund von Abrissarbeiten auf den Nachbargrundstücken geschädigt ist.

Das Grundstück der Klägerin wie auch die Grundstücke M.-Platz und L.-Straße 4und 6 lagen 1986 in einem von der Stadt M. ausgewiesenen städtebaulichen Sanierungsgebiet. Diese ließ 1986 die Hintergebäude der Grundstücke M.-Platz 6 und L.-Straße 4 und 6 abreissen. Vor dem Abriss beauftragte sie den Beklagten K. mit der örtlichen Aufnahme der Bausubstanz und der angrenzenden Bauteile, der Festlegung der Sicherungsmaßnahmen und statischer Berechnungen. Über die Einzelheiten des Auftrags besteht Streit. Nach dem Abriss im August 1986 traten am Hinterhaus auf dem Grundstück der Klägerin Risse auf. Die Risse waren schon Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem LG M (3 O 342/87/OLG Karlsruhe – U 43/92). In diesem wurde die Abrissunternehmerin, die Fünftbeklagte, zur Zahlung von 9.665 DM verurteilt. Mit der Klage macht die Klägerin den Ersatz weiterer Schäden geltend.

Sie hat behauptet, die Gebäudeschäden beruhten darauf, dass bei den Abbrucharbeiten unzureichende Sicherungsmaßnahmen getroffen worden seien. Das Nachbargrundstück sei unzulässig vertieft worden und unzureichend wiederaufgefüllt worden.

Der Beklagte K. hat eingewandt, er habe lediglich einen beschränkten Auftrag erhalten. Er habe die Abbrucharbeiten nicht überwachen müssen. Die Standsicherheit des Hauses der Klägerin sei nicht beeinträchtigt. Die aufgetretenen Risse stünden nicht im Zusammenhang mit den Abbrucharbeiten.

Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen des erstinstanzlichen Parteivortrags und der Einzelheiten Bezug genommen wird, unter Klageabweisung i.Ü. festgestellt, dass der Beklagte H.K. und die Stadt M als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr im Zusammenhang mit den Abbrucharbeiten entstand und entstehen wird, soweit die Standsicherheit ihres Hauses beeinträchtigt ist. Ausgenommen sind schon bezahlte Schäden.

Gegen dieses Urteil haben die Klägerin – in den Verfahren gegen den Statiker H.K. und die Abrissunternehmerin K. und Co. GmbH – und der Beklagte K. Berufung eingelegt.

Die Klägerin trägt im Verfahren gegen den Beklagten K. in zweiter Instanz weiterhin vor, dass die Vertikalrisse durch die Abrissarbeiten ...

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