Leitsatz (amtlich)
Die Kraftfahrtversicherung ist eine in einem Versicherungsschein zusammengefasste Mehrzahl selbständiger Versicherungsverträge, weshalb Gefahrerhöhungen, Anzeigepflicht- und Obliegenheitsverletzungen für die jeweilige Sparte getrennt zu prüfen sind
Steht ein Kraftfahrzeug im Miteigentum des Versicherungsnehmers und eines Dritten, hinsichtlich dessen ein Tatbestand erfüllt ist, der zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt, so bleibt der Versicherer in Höhe des Miteigentumsanteils des Versicherungsnehmers leistungspflichtig.
Normenkette
VVG §§ 28, 47, 81
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 22.06.2012; Aktenzeichen 5 O 464/11) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 22.6.2012 (5 O 464/11) - unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung im Übrigen - im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.947,66 EUR nebst 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 20.5.2011 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.023,16 EUR nebst 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 14.12.2011 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Vollkaskoversicherung in Anspruch.
Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung. Dem Versicherungsverhältnis liegen die AKB mit Stand vom 1.7.2009 zugrunde. Der Ehemann der Klägerin verursachte am 24.10.2010 in alkoholbedingt absolut fahruntüchtigem Zustand mit dem versicherten Fahrzeug einen Unfall, bei dem er und sein Beifahrer verletzt wurden und an dem Fahrzeug Totalschaden entstand.
Mit Email vom 24.10.2010 zeigte die Klägerin das Unfallereignis bei der Beklagten an. Die in dem von der Beklagten übersandten Fragebogen enthaltenen Fragen nach der Person des Fahrzeugführers sowie dessen Alkoholkonsum 24 Stunden vor dem Unfall beantwortete die Klägerin am 2.11.2010 mit Nichtwissen. Die Haftpflichtabteilung der Beklagten wies mit Schreiben vom 16.2.2011 die Klägerin auf ihre Aufklärungsobliegenheit hin und forderte sie zu ergänzenden Informationen auf.
Nach vorläufiger Entziehung der Fahrerlaubnis des Ehemanns, der beruflich auf die Fahrerlaubnis angewiesen war, gab die Klägerin mit Schriftsatz vom 2.3.2011 wahrheitswidrig über ihren Prozessbevollmächtigten im Ermittlungsverfahren die Erklärung ab, selbst Fahrerin des Unfallfahrzeugs gewesen zu sein und in einer Schockreaktion den Unfallort verlassen zu haben. Der an die Staatsanwaltschaft gerichtete Schriftsatz wurde von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch der Beklagten unter Bezugnahme auf deren Haftpflichtschadensnummer zugeleitet. Im Ermittlungsverfahren konnte mittels einer DNA-Analyse des Fahrerairbags der Ehemann als Fahrer des Unfallfahrzeugs identifiziert werden. Dieser akzeptierte in der Folge einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und Entziehung der Fahrerlaubnis mit angeordneter Sperrfrist. Aus der Regulierung des Haftpflichtschadens des Beifahrers machte die Beklagte Regressansprüche gegen die Klägerin und ihren Ehemann geltend.
Mit Schriftsatz vom 5.5.2011 nahm die Klägerin die Beklagte aus der Vollkaskoversicherung wegen ihres Fahrzeugschadens i.H.v. 39.895,31 EUR in Anspruch. Mit Schreiben vom 19.5.2011 wurde seitens der Beklagten mitgeteilt, dass man die Sache an die Kaskoabteilung weitergeleitet habe. Diese hat sich auf Leistungsfreiheit wegen arglistiger und vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung der Klägerin berufen und eine Regulierung abgelehnt.
Die Klägerin hat behauptet, dass die Angaben in dem Fragebogen vom 2.11.2010 zutreffend gewesen seien, da sie zum damaligen Zeitpunkt keine Kenntnis vom Unfallhergang und der Fahrereigenschaft ihres Ehemannes gehabt habe. Die Falschangaben im Schriftsatz vom 2.3.2011 seien erfolgt, um den Ehemann vor strafrechtlichen Konsequenzen und dem endgültigen Entzug der Fahrerlaubnis zu bewahren. Der Beklagten sei infolge der Falschangaben kein Nachteil entstanden. Die Klägerin hat das Vorliegen von Arglist bestritten. Sie habe die Beklagte in keiner Weise finanziell schädigen wollen. Weiterhin hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Beklagte sei aus Treu und Glauben gehindert, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen, da die Falschangaben noch vor Geltendmachung des Kaskoschadens richtig gestellt worden seien.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 39.895, 31 nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20.5.2011 zu bezahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. EUR 1.741,21 nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, di...