Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz und Schmerzensgeld

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts … – 2-O-330/84 – vom 30. April 1985 im Kostenausspruch aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den aufgrund des Arbeitsunfalles vom 18. Juli 1983 entstandenen und künftig entstehenden Schaden zu 70 % zu ersetzen, soweit nicht ein Schadensersatzanspruch auf den Sozialversicherungsträger übergegangen ist.
  2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 150.000,– DM zuzüglich 4 % Zinsen hieraus seit 08.03.1985 zu zahlen.
  3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu einem Viertel und der Beklagte zu drei Vierteln.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger und der Beklagte können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung – der Kläger in Höhe von 5.000,– DM und der Beklagte in Höhe von 177.000,– DM – abwenden, sofern nicht der Gläubiger jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann jeweils durch schriftliche, selbstschuldnerische, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines in der Bundesrepublik als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten wegen der Folgen seines Arbeitsunfalles am 18.07.1983 Schadensersatz, Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten und Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Der Kläger war Arbeitnehmer der Fa. …, die am bundeseigenen Wohnhaus … in … die Dachkanäle zu erneuern hatte. Für diese und andere von Drittunternehmern am Haus vorzunehmende Arbeiten hatte der Beklagte, der selbständiger Gipsermeister ist und außerdem ein Gerüstbauunternehmen betreibt, ein Stahlrohrgerüst erstellt, dessen Lauffläche fast gänzlich aus Gerüstbohlen bestand. An einem Hausvor- bzw. -rücksprung an der Hausseite zur … war der Laufsteg auf dem Gerüst – der Hausfassade folgend – versetzt, es bestand außerdem an dieser Stelle ein Höhenunterschied im Laufsteg. Zur Herstellung eines Oberganges am vor- bzw. zurückspringenden Teil des Gerüsts war im Unfallbereich eine unbefestigte Schaltafel aufgelegt (vgl. Bild 10 BA AS 51).

Das Gerüst war nach Erstellung vom Bauleiter des Staatlichen Hochbauamts abgenommen, zugleich aber die Beseitigung vorhandener Mängel verlangt worden, die jedoch zum Teil unterblieb. Auch von verschiedenen am Hause … tätigen Arbeitnehmern, darunter dem Kläger, waren fruchtlos Mängel des Gerüsts gerügt worden.

Am 18.07.1983 stürzte der Kläger im Bereich des Hausvor- bzw. -rücksprunges beim Begehen des Gerüsts zur Aufmessung erbrachter Leistungen von der 4. Gerüstlage aus etwa 8 m Höhe ab. Er erlitt schwere Verletzungen, vor allem eine Querschnittslähmung.

Er hat vorgetragen:

Das Gerüst habe erhebliche Mängel aufgewiesen: An der Absturzstelle – Hausvor- bzw. -rücksprung – sei die Verbindung zwischen den Gerüstteilen (= Laufstege) durch eine lose aufgelegte Schaltafel hergestellt gewesen, die Laufstege hätten ein unterschiedliches Höhenniveau gehabt, der Abstand zur Hausfassade sei unzulässig groß und der Seitenschutz unvollständig gewesen, ein Geländer habe gefehlt. Diese Mängel seien für seinen Unfall ursächlich gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den aufgrund des Arbeitsunfalles vom 18.07.1983 entstandenen Schaden zu ersetzen, soweit nicht ein Schadensersatzanspruch auf den Sozialversicherungsträger übergegangen ist;
  2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld in angemessener Höhe, mindestens jedoch 200.000,– DM zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat eingeräumt, daß der Kläger im Bereich einer lose aufgelegten Schaltafel abgestürzt sei, aber betont, daß nicht erwiesen sei, daß der Kläger die Schaltafel betreten habe. Die Schaltafel stamme nicht aus seinem – des Beklagten – Betrieb und sei auch nicht von ihm oder seinen Arbeitern als Teil des Laufsteges aufgelegt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des beiderseitigen Partei Vorbringens im ersten Rechtszug wird auf das klagabweisende Urteil des Landgerichts … vom 30.04.1985 verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen über die unfallursächlichen Mängel des vom Beklagten erstellten Gerüsts und trägt ergänzend vor:

Der Beklagte habe die von der Bauleitung verlangte Beseitigung der Mängel nicht durchgeführt. Die lose aufgelegte Schaltafel, in deren Bereich er – Kläger – abgestürzt sei, stamme vom Beklagten und sei von ihm bei Gerüsterstellung aufgelegt worden.

Sein Gesundheitszustand habe sich zwischenzeitlich kaum gebessert. Die Blase müsse durch suprapubisches Ausklopfen entleert werden; er müsse außerdem ständig ein Kondom-Urinal tragen. Die Defäkation müsse jeden zweiten Tag durch Suppositorien herbeigeführt werden. Die Querschnittslähmun...

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