Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehegattenunterhalt: Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt wegen Aufnahme einer intimen außerehelichen Beziehung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 6 BGB kann nicht nur dann vorliegen, wenn ein Ehegatte aus einer intakten Ehe ausbricht, sondern auch dann, wenn die Ehe bereits vor Aufnahme der außerehelichen Beziehung von Konflikten geprägt war.

2. Bei der Prüfung, ob der Unterhaltsanspruch aufgrund des Verwirkungstatbestandes ganz ausgeschlossen, gekürzt oder zeitlich beschränkt werden soll, sind die wirtschaftlichen Verhältnisse, die Ehedauer, die Pflege und Erziehung von gemeinsamen Kindern und evtl. ehebedingte Nachteile zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BGB § 1361 Abs. 3, § 1579 Nr. 6

 

Verfahrensgang

AG (Aktenzeichen 12 F 61/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - vom ... - wie folgt abgeändert und neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin monatlichen Trennungsunterhalt, monatlich im Voraus, von Juni 2007 bis 31.12.2008 i.H.v. 1.093 EUR und ab 1.1.2009 i.H.v. 781 EUR zu zahlen.

2. Der Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin rückständigen Trennungsunterhalt für den Zeitraum Dezember 2005 bis einschließlich Mai 2007 i.H.v. 28.116 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus Teilbeträgen von jeweils 1.562 EUR seit 5.10.2006, 5.11.2006, 5.12.2006, 5.1.2006, 5.2.2006, 5.3.2006, 5.4.2006, 5.5.2006, 5.6.2006, 5.7.2006, 5.8.2006, 5.9.2006, 5.10.2006, 5.11.2006, 5.12.2006, 5.1.2007, 5.2.2007, 5.3.2007, 5.4.2007 und 5.5.2007 zu zahlen. Erbrachte Unterhaltsleistungen sind anzurechnen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten erster Instanz trägt die Klägerin 36 %, der Beklagte 64 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 17 %, der Beklagte 83 %

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 35.926 EUR festgesetzt.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des FamG, mit dem er ab Dezember 2005 zur Zahlung von Trennungsunterhalt an die Klägerin verurteilt worden ist.

Der am ... geborene Beklagte und die am ... geborene Klägerin haben am ... die Ehe geschlossen. Zuvor hatten sie seit dem ... zusammengelebt.

Aus der Ehe sind drei Kinder, geb. 1983, 1986 und 1991 hervorgegangen.

Zum 1.12.2005 hat die Klägerin die Trennung von dem Beklagten vollzogen und ist aus dem von der Familie bewohnten, im Eigentum des Beklagten stehenden Haus in ... ausgezogen. Die minderjährige Tochter wohnt bei dem Beklagten. Die volljährigen Töchter, die sich in Ausbildung befinden, sind bei dem Beklagten noch mit erstem Wohnsitz gemeldet.

Der Beklagte war seit 1.8.1980 Beamter in L. Seit Beginn dieser Tätigkeit ist er regelmäßig in der Woche in L. gewesen und nur am Wochenende zu Hause. Seit ... ist der Beklagte wegen Invalidität in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden.

Die Klägerin ist gelernte Krankenschwester und als Altenpflegerin tätig. Während der Ehe war sie nicht berufstätig. Ihre jetzige Tätigkeiten hat sie im Januar 2005 aufgenommen. Sie versieht im Rahmen einer halbschichtigen Tätigkeit Nachtdienste in einem Altenpflegeheim und nimmt in 8 bis 10 Nächten pro Monat eine Schicht von jeweils 11 Stunden wahr. Außerdem ist sie bei einer Sozialstation ca. 4 Stunden in der Woche in der Nachbarschaftshilfe tätig und führt bei einer Ärztin unregelmäßig bis zu dreimal die Woche Gastroskopien durch.

Vor der Trennung hatte die Beklagte ab März 2004 eine intime außereheliche Beziehung zu einem Herrn A. aufgenommen. Diese Beziehung dauerte bis September 2004 und wurde von der Klägerin auch fortgesetzt, als der Beklagte im Juni 2004 zumindest von dem Kontakt der Klägerin zu dem Mann erfahren hatte. Ab Weihnachten 2004 nahm die Klägerin die Beziehung wieder auf. Im Dezember 2005 trennte sich Herr A. von der Beklagten. Nach ca. einem halben Jahr wurde die Beziehung dann aber bis mindestens Oktober/November 2006 fortgesetzt. Zu einem Zusammenleben kam es nicht. Gemeinsame Urlaube wurden nicht verbracht, man ging aber zusammen aus. Die Klägerin hat einmal Herrn A ein Darlehen über 4200 EUR eingeräumt, das inzwischen zurückbezahlt worden ist. Vor 11 Monaten ist die Klägerin eine neue Beziehung eingegangen, wohnt aber weiterhin allein.

Die Parteien waren bereits in der Vergangenheit in einige Rechtsstreitigkeiten verwickelt:

Die Klägerin von dem Beklagten Auskunft über seine Einkommensverhältnisse und beantragte eine einstweilige Anordnung bezüglich Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt in Form des Familienunterhalts.

Ferner verlangte die Klägerin, den Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, ihr unbeschränkten Zugang zum ehelichen Anwesen zu gewähren. Dieser Antrag wurde als unzulässig zurückgewiesen.

Mit weiterem Antrag verlangte die Klägerin die Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung und er...

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